Serke 2
Donnerstag, den 31. Dezember 1931.
viele Landwirte sich gezwungen sehen, ihre
Zahlungen einzustellen und ihre Betriebe zu
schließen. Die Umsätze im Einzelhandel und
in der Produktion gehen erschreckend zu-
rück!
Die Entwicklung der Einzelhandelsum-
sätze ist nach den Feststellungen des Stati-
stischen Reichsamkes die folgende:
1929 36 Milliarden Reichsmark Umsatz
1939 33 Milliarden Reichsmark Umsatz
1931 29 Milliarde» Reichsmark Umsatz
Die Feststellung von 1931 beruht auf
dem Rückgang von Januar bis August 1931.
Dieser betrug 11.5 y. H. (Wochenbericht des
Instituts für Konjunkturforschung. Nr. 31
vom 28. Oktober 1931).
Die Zahl der besetzten Arbeitsplätze be-
trug nach Feststellungen des Statistischen
Reichsamtes
59.1 v. H. der Arbeitsplahkapazität.
Die Indexziffer der Produktion wichtiger
Industriezweige ist gemessen an der indu-
striellen Warenerzeugung im Jahre 1928 um
ein Drittel zurügegangen. Die Entwicklung
ist. gemessen an der Warenerzeugung im
Jahre 1928 folgende:
1928 103)
April 1931 76Z
August 1931 68,1
So sieht in der Praxis die Brüning-
Dietrichsche Ankurbelung der Wirtschaft
und die Beseitigung der Arbeitslosigkeit
aus!
Als Brüning die Notverordnung vom
26. Juli 1930 am 16. Oktober 1930 im
Reichstag verteidigte, schloß er mit dem
Sah:
„Schwere Opfer werden verlangt, sie
sollen und werden den Weg zur Frei-
heit und zum Aufstieg führen."
Die Freiheit und der Aufstieg äußerten
sich in den Notverordnungen vom 1. Dez.
1930 und 5. Juni 1931! In dem Aufruf der
Reichsregierung zur Notverordnung vom
5. Juni 1931 lesen wir:
1. Iahrg. / Nr. 205
wurden ersucht, die Stadt erst sechs Stund««
nach dem Abzug zu besetzen. Rach einer weite-
ren Meldung hat Marschall Tschanhsueltang be-
sohlen, daß die chinesischen Truppen keine«
Schuß auf die Japaner abgeben, um Zwischen-
fälle zu vermeiden.
Feng für Volkskrieg gegen Japan.
Moskau (über Koronos, 30. Dezember. Rach
einer Meldung aus Peking erklärte der christ-
liche General Feng, man müsse sämtliche Kräfte
mobil machen, um dem japanischen Vormarsch
Widerstand zu leisten. Nur durch einen Volks-
krieg gegen Japan könne die Lage geklärt wer-
den. Gr werde einen Ausruf für den Volks-
krieg gegen Japan erlassen.
Letzte Drahtmeldungen.
Bombe in der Kathedrale explodiert.
Santiago de Chile, 30. Dezember. Am Diens-
tag explodierte eine Bombe in der Kathedrale
von Santiago. Personen wurden nicht verletzt,
jedoch beträchtlicher Sachschaden angerichbet.
*
Das Belleid des Königs von England wegen
des Deckeneinsturzes im Vatikan.
Rom, 2S. Dezember. Der englische Ge-
schäftsträger beim Heiligen Stuhl hat dem Papst
das Beileid des Königs von England wegen des
Deckeneinsturzes in der Vatikan-Bibliothek
übermittelt. Der Papst hat den Geschäftsträger
beauftragt, dem König seinen lebhaften un-
väterlichen Dank auszusprechen.
Es handelt sich um den ersten bejpnten Aus-
tausch von Höflichkeiten zwischen England und
öem Vatikan seit dem Maltakonflikt.
Der Haushalt der Sowjekumon 1SS2 gleich
27 Milliarden Rubel.
Moskau (über Kowno), Lg. Dezember. Das
Präsidium des Vollzugskomitees der Sowjet-
union bestätigte den Haushalt der Sowjetunion
für 1932 in der Höhe von 27 Milliarden Rubel.
Die militärischen Ausgaben sowie die Ausgaben
für di« OGPU sind nicht gekürzt Morden.
Kommunistische Streckhetze und Demoustrations-
versuche in Dortmund.
Dortmund, 30. Dezember. In der Rächt
zum Mittwoch hakten wiederum Kommunisten
vor dem Eingang der Zeche „Minister Stein"
Aufschriften angebracht, in denen 'wegen des
Lohnabbaus zum allgemeinen Streik aufgefor-
dert wurde. Außerdem wurde in den Anschlägen
zum Mieterstrsik und zu Demonstrationen auf-
gerufen. Wie der Polizeibericht meldet, kam
es am Mittwoch Abend im Zentrum der Stadt
zu größeren kommunistischen Erwerbsiosen-
ansammlungen. Die Teilnehmer nahmen gegen
die ein ich reitende Polizei eine drohende Haltung
ein. Fünf Kommunisten wurden festgenommen.
„Ware es nicht möglich,
einen Zahlungsaufschub zu erlangen, Herr Bot-
schafter?" fragt Berg. „Deutschland kann doch
Nachweisen, daß es durch Elementarkatastrophen
in schwere Bedrängnis gekommen ist und einige
Millionen Arbeitslose hat! Die ganze Wett
kennt diese Umstände, und Frankreich wird sich
ihnen nicht verschließen können!"
Ausschnitt aus unserem neue« Rome«. —
Bestellen Sie sofort den „Heidelberger Beobach-
ter", der Bezug lohnt sich!
..NO dm Wen Willen der RMsregmiW W diele Notverordnung der letzte
Schritt lein. Die Grenze dellen, was wir unlerenr M an Entbehrungen aulrner-
legen vermögen, ilt erreicht.
Und der Staatssekretär der Reichskanz-
lei, Herr Dr. Pünder, führte zur Notverord-
nung vom 5. Juni 1931 in der „Germania"
Nr. 130 vom 7. Juni u. a. aus:
„Solche Eingriffe finanzieller, wirt-
schaftlicher und sozialer Art. wie sie
die neue Notverordnung bringt ...
ertragen eine Wiederholung nicht.
Die Verfasser der Notverordnung
waren deshalb aufs tiefste durchdrun-
gen, daß dies die letzte und einzige
Notverordnung zur Slabilerhaltung
der Staatswirtschaft für das laufende
Etaksjahr sein muß. Mit voller Ab-
sicht Hal dieser Gedanke auch in den
Begteilworten der Reichsregierung
zur Notverordnung Ausdruck gefun-
den, um danlik der weiteren Regie-
rungsardeik aus eigenen Stücken ihre
Grenzen zu zeigen."
Er meinte, daß die Regierung Brüning
„einen zwar schmalen, aber sicheren
Weg ins Freie bahne."!
Was ist Wirklichkeit? Hak sich der feste
Wille der Reichsregierung, daß die Notver-
ordnung vom 5. Juni 1931 „der letzte
Schritt" fein solle, verwirklicht? Ist die
Notverordnung vom 5. Juni „die letzte und
einzige zur Stabilerhaltung der Skaakswirt-
schaft für das Haushaltsjahr 1931" geblie-
ben? Hak die Reichsregierung die im Juni
931 sich selbst gezogenen „Grenzen" ge-
vahrt? Hat die Reichsregierung die Mei-
nung, daß solche Eingriffe eine „Wieder-
holung nicht ertragen" befolgt? Hat die
Notverordnung vom 5. Juni 1931 sich als
„sicherer Weg ins Freie" erwiesen? Es
ist inzwischen die Notverordnung vom 24.
August 1931 erlassen worden, in deren
Verfolg wir die brutalen Notverordnungen
der Länder zu verzeichnen haben, dann ist
am 3. Oktober die Dritte Notverordnung
des Reichs zur Sicherung von Wirtschaft
und Finanzen erfolgt, und am 8. Dezember
die Vierte Notverordnung zur Sicherung
von Wirtschaft und Finanzen. Und für das
Jahr 1932 hat der Reichskanzler auf der
Tagung des Relchsausschusses der Zen-
trumspartei am 5. November 1931 in Ber-
lin angeükndigk:
„Das Jahr 1932 werde das aller-
schwerste sein. Die Regierung werde
um weitere ganz schwere und Harke
Maßnahmen auf allen Gebieten nicht
herumkommen. Es würden zur Siche-
rung des Etats auch neue
Opfer vom Volk
verlangt werden müssen."
Reue Opfer vom Volk hat Herr Brü-
ning für das Jahr 1932 angekündigt! Keine
Maßnahmen gegen Kriegs- und Inflations-
gewinnler — keine Besteuerung der Bank-
Londoi», 30. Dezember. Das britische Außen-
ministerium hat -ie Presse dahin unterrichtet,
daß eine endgültige Regelung der Tributfrage
auf dec bevorstehenden Regie ru ng Är onfe renz
wgen der Haltung des amerikanischen Kon-
gresses nicht mehr in Frag« komm«. Di« Ver-
handlungen würden sich nur noch auf eine provi-
sorische Lössnng erstrecken. Ein« Einigung zwi-
schen Frankreich und England über die Dauer
einer Verlängerung des gegenwärtigen Schul-
denmoratoriums sei bisher ' noch nicht erzielt
worden. Die Hauptschwierigkeit lieg« nicht so
sehr in der Frage, wie lange das Moratorium
ausgedehnt werden soll, sondern bei den Reben-
fragen, wie z. B. der Behandlung der ungeschütz-
ten Zahlungen.
Im großen und ganzen bestätigt es sich, baß
die englische Politik an ihrem ursprünglichen
Ziel einer endgültigen Lösung der Tribut- «nd
Schuldenfrage nicht mehr fefihält, sondern sich
dem französischen Standpunkt genähert hat. —
Dies Mrd damit begründet, daß durch die Ent-
scheidung des amerikanischen Kongresses eine
und Börsengewinne — kein bis hierher und
nicht weiter für die irrsinnigen Tributlasten.
Neue Schonungen für die Totengräber des
Mittelstandes, der Konsum- und Maren-
Hauspest — keine durchgreifenden Reichs-
reformen — nein, neue Belastungen des
schaffenden Volkes, das in seinen letzten
Atemzügen liegt! Noch aber lebt dieses
Volk! Von dem herrlichen Geiste des
Nationalsozialismus beseelt, wird es sich
wieder zu seiner einstigen Größe emporar-
beiten und unter der FührungAdolf Hitlers
den Weg zu
Freiheit und Brot
brechen und auch finden! In diesem Glau-
ben schreiten wir in das neue Jahr.
neu« unerwartet« Lage geschaffen worden ist.
Angesichts der Tatsache, baß der derzeitige
Reichskan-ler in seiner letzten Rundfunkrede
«in« endgültig« Lösung der Tribut- und Schul-
denfrage' gefordert hat, zeigt sich erneut, wie
groß der Brüning'sche Mißerfolg nach dem nun-
mehr feststehenden Umfall der Engländer gegen-
über den französischen Wünschen geworden ist.
Wir sind überzeugt, daß auch diesmal der Kanz-
ler versuchen wirb, dem deutschen Volke diesen
glatten Mißerfolg als Erfolg hinzustellen.
Kintjchau
von den Chinesen geräumt.
Moskau Mer Kowno), 30. Dezember. Nach
einer Meldung aus Schanghai ist di« Räumung
Kinlschaus durch die chinesischen Truppen im
'wesentlichen beendek. Vor der Räumung wur-
den sämtliche Munitionslager vernichtet. Den
japanischen Truppen wurde milgeteilt, daß Kint-
schau kampflos übergeben werde, die Japaner
Neuer Mißerfolg Brünings.
England gibt den französischen Tributforderungen nach.
Copyright dy Hanseatische Verkrztanßatl.
Hamdar- SS.
82. Fortsetzung.
„Glaub's nit." Das Mariele steht
dicht vor dem Bauern. „Es ist das erste-
mal."
„Das mach einem weis, der dümmer
ist wie ich. — Jetzt scher dich ins Bett,
Mädel, wohin du um die Zeit längst ge-
hörst. Und du, leichtfertiger Bruder,
kommst mit heim zur Mutter."
„Geh derwsile voraus, Baker, ich
komme gleich nach."
Der Hohlöfner stapft langsam davon,
streicht sich den Schnurrbart und kann
sich nicht erinnern, jemals im Leben solch
einen Spaß gehabt zu haben.
Es dauert ein Weilchen, ehe Rudolf
kommt: denn er muß noch etliche Male
fragen, ob ihn das Mariele gern habe
und von dem andern, das man kennt,
kriegt er auch nicht satt.
Schließlich aber ist er da und schiebt
das Rad neben sich her. „Ist die Mutter
gesund? — Za? — Du bist's auch. Dann
weiß ich genug. Auf den Hof kann ich
nit erst kontmirn, ich muh Morgen früh
um sechs Uhr wieder an Äse Arbeit und
habe drei Stunden zu fahren. Daß du
aber nix Schlechtes denkst, Baker. Zch
bin heute wirklich zum ersten Male da-
gewesen"
„Mer das glaubt."
„Kannst's schon glauben. Und —
konn's nit bald einmal wieder Weih-
nachten werden?"
„Za, in sieben Monaten, wenn's ge-
schneit hat."
So polterig es klingt, Rudolf weiß,
daß der Baker dabei lächelt.
Er drückt ihm die Hand. „Grüß die
Mutter."
Husch, ist er davon, der Bauer aber
geht heim.
Als er in sein Bett kriecht, lacht er
laut auf.
„Bist du denn übergeschnappt?" fragt
seine Frau.
„Roch nit ganz. Der Rudolf läßt
dich schön grüßen."
„Der Rudolf? Was denn? War er
denn da?"
„Pst", wieder lacht der Bauer hell
auf. „Unter neun Tagen wird nix aus-
geredet."
„Aber Baker!" Die Frau rüttelt und
schüttelt ihn, aber der Hohlöfner sägt
einen ganz dicken Ast und lacht dabei.
Unter neun Tagen! Ach, am anderen
Tage schon wusch ihm sein Weib den
Wuschelkopf. Er war auf dem Felde,
da kam das Mariele todverlegen und
-rückte der Bäuerin ein Sparkassenbuch
in die Hand- Glühenden Gesichtes beich-
tete sie, und Mutteraugen forschten da-
bei auf dem lieben Mädchengesicht. Die
kluge Frau war beruhigt. Das Mariele
war so lauter wie immer, und von wem
das Sparkassenbuch stammte, das brauchte
man nicht zu fragen. Aber — unter des
Mädels Kopfkissen!?
„Es ist nit zu glauben!" stellte die
Bäuerin fest.
Zeder Erklärungsversuch war müßig.
Die beiden tasteten dahin und dorthin,
aber es blieben Lücken, über die kein
Steg führte.
„Geh heim, Mariele," riet Minna
Korn. „Das Buch ist dein. Das laß dir
genug sein. Das andere ist meine Sache."
O, es war ihre Sache, das spürte der
Hohlöfner, der kurz hernach vom Felde
kam, und dem der Schelm aus allen
Knopflöchern guckte.
Behaglich setzte er sich hinter den
Tisch. „Bring das Essen, Mutter."
„Noch nit," erklärte die Bäuerin kurz
und entschlossen, „erst haben wir zwei
noch was zu bereden."
„Was denn, Mutter? Du tust ja so
desperat."
„Verstell dich nit, du scheinheiliger
Dingerts. Sowas hat ja noch gar kein
Mensch erlebt!"
„Was willst du denn eigentlich?" Und
des Bauern Augen waren Krater, aus
denen die Freudenfunken garbenweise
sprühten.
„Red! Wie hast du das Buch unter
dem Mariele sein Kopfkiffen gebracht?"
„Buch? Kopfkissen? Tja, Mutter. -."
„Vater!" Sie stand, ganz verkörperte
Entrüstung, vor ihm. „Das geht über
den Spaß."
„Wenn ich nur wüßte, was?'"
Da hatte die Bäuerin Zornestränen
in den Augen.
„Schämst du dich denn gar nit?"'
Der Bauer stand auf und wollte die
Frau begütigend in den Arm nehmen.
„Laß die Faxen. Du in dem Mariele
seiner Kammer!"
„Och, da war's noch ganz hübsch, aber
im Keller war's nachher verdammt kalt."
„Zm Keller? Mann, das ist ja rein
zum Aus-der-Haut-Fahren mit dir. Im
Keller?!"
Die Tränchen waren vertrocknet.
Minna Korn ahnte, daß die Lage ganz
heillos komisch gewesen sein mußte, sah
an ihres Mannes Gesicht, daß er jauch-
zend noch mit beiden Beinen darin stand,
daß es ihm unendlich viel Vergnügen be-
reitet hatte und lächelte halb versöhnt.
„So erzähl doch wenigstens, Mann."
Nun duldete sie es, daß er sie in die
Arme nahm. „Jetzt nit, Mutter. Ich
habe Hunger, und nachher muß ich wie-
der aufs Feld. Mußt schon bis heute
Abend warten. Verweile rat nur selber
weiter."
„Ich denke nit daran. Aber wie oft
willst du denn noch solche Dummheiten
machen?"
„Das war die letzte, weil's die schönste
Es klang beinahe ein bißchen weh-
mütig-
And dann war der Abend da. Die
! - - jFvrtsetzuvq soiqtt -
Donnerstag, den 31. Dezember 1931.
viele Landwirte sich gezwungen sehen, ihre
Zahlungen einzustellen und ihre Betriebe zu
schließen. Die Umsätze im Einzelhandel und
in der Produktion gehen erschreckend zu-
rück!
Die Entwicklung der Einzelhandelsum-
sätze ist nach den Feststellungen des Stati-
stischen Reichsamkes die folgende:
1929 36 Milliarden Reichsmark Umsatz
1939 33 Milliarden Reichsmark Umsatz
1931 29 Milliarde» Reichsmark Umsatz
Die Feststellung von 1931 beruht auf
dem Rückgang von Januar bis August 1931.
Dieser betrug 11.5 y. H. (Wochenbericht des
Instituts für Konjunkturforschung. Nr. 31
vom 28. Oktober 1931).
Die Zahl der besetzten Arbeitsplätze be-
trug nach Feststellungen des Statistischen
Reichsamtes
59.1 v. H. der Arbeitsplahkapazität.
Die Indexziffer der Produktion wichtiger
Industriezweige ist gemessen an der indu-
striellen Warenerzeugung im Jahre 1928 um
ein Drittel zurügegangen. Die Entwicklung
ist. gemessen an der Warenerzeugung im
Jahre 1928 folgende:
1928 103)
April 1931 76Z
August 1931 68,1
So sieht in der Praxis die Brüning-
Dietrichsche Ankurbelung der Wirtschaft
und die Beseitigung der Arbeitslosigkeit
aus!
Als Brüning die Notverordnung vom
26. Juli 1930 am 16. Oktober 1930 im
Reichstag verteidigte, schloß er mit dem
Sah:
„Schwere Opfer werden verlangt, sie
sollen und werden den Weg zur Frei-
heit und zum Aufstieg führen."
Die Freiheit und der Aufstieg äußerten
sich in den Notverordnungen vom 1. Dez.
1930 und 5. Juni 1931! In dem Aufruf der
Reichsregierung zur Notverordnung vom
5. Juni 1931 lesen wir:
1. Iahrg. / Nr. 205
wurden ersucht, die Stadt erst sechs Stund««
nach dem Abzug zu besetzen. Rach einer weite-
ren Meldung hat Marschall Tschanhsueltang be-
sohlen, daß die chinesischen Truppen keine«
Schuß auf die Japaner abgeben, um Zwischen-
fälle zu vermeiden.
Feng für Volkskrieg gegen Japan.
Moskau (über Koronos, 30. Dezember. Rach
einer Meldung aus Peking erklärte der christ-
liche General Feng, man müsse sämtliche Kräfte
mobil machen, um dem japanischen Vormarsch
Widerstand zu leisten. Nur durch einen Volks-
krieg gegen Japan könne die Lage geklärt wer-
den. Gr werde einen Ausruf für den Volks-
krieg gegen Japan erlassen.
Letzte Drahtmeldungen.
Bombe in der Kathedrale explodiert.
Santiago de Chile, 30. Dezember. Am Diens-
tag explodierte eine Bombe in der Kathedrale
von Santiago. Personen wurden nicht verletzt,
jedoch beträchtlicher Sachschaden angerichbet.
*
Das Belleid des Königs von England wegen
des Deckeneinsturzes im Vatikan.
Rom, 2S. Dezember. Der englische Ge-
schäftsträger beim Heiligen Stuhl hat dem Papst
das Beileid des Königs von England wegen des
Deckeneinsturzes in der Vatikan-Bibliothek
übermittelt. Der Papst hat den Geschäftsträger
beauftragt, dem König seinen lebhaften un-
väterlichen Dank auszusprechen.
Es handelt sich um den ersten bejpnten Aus-
tausch von Höflichkeiten zwischen England und
öem Vatikan seit dem Maltakonflikt.
Der Haushalt der Sowjekumon 1SS2 gleich
27 Milliarden Rubel.
Moskau (über Kowno), Lg. Dezember. Das
Präsidium des Vollzugskomitees der Sowjet-
union bestätigte den Haushalt der Sowjetunion
für 1932 in der Höhe von 27 Milliarden Rubel.
Die militärischen Ausgaben sowie die Ausgaben
für di« OGPU sind nicht gekürzt Morden.
Kommunistische Streckhetze und Demoustrations-
versuche in Dortmund.
Dortmund, 30. Dezember. In der Rächt
zum Mittwoch hakten wiederum Kommunisten
vor dem Eingang der Zeche „Minister Stein"
Aufschriften angebracht, in denen 'wegen des
Lohnabbaus zum allgemeinen Streik aufgefor-
dert wurde. Außerdem wurde in den Anschlägen
zum Mieterstrsik und zu Demonstrationen auf-
gerufen. Wie der Polizeibericht meldet, kam
es am Mittwoch Abend im Zentrum der Stadt
zu größeren kommunistischen Erwerbsiosen-
ansammlungen. Die Teilnehmer nahmen gegen
die ein ich reitende Polizei eine drohende Haltung
ein. Fünf Kommunisten wurden festgenommen.
„Ware es nicht möglich,
einen Zahlungsaufschub zu erlangen, Herr Bot-
schafter?" fragt Berg. „Deutschland kann doch
Nachweisen, daß es durch Elementarkatastrophen
in schwere Bedrängnis gekommen ist und einige
Millionen Arbeitslose hat! Die ganze Wett
kennt diese Umstände, und Frankreich wird sich
ihnen nicht verschließen können!"
Ausschnitt aus unserem neue« Rome«. —
Bestellen Sie sofort den „Heidelberger Beobach-
ter", der Bezug lohnt sich!
..NO dm Wen Willen der RMsregmiW W diele Notverordnung der letzte
Schritt lein. Die Grenze dellen, was wir unlerenr M an Entbehrungen aulrner-
legen vermögen, ilt erreicht.
Und der Staatssekretär der Reichskanz-
lei, Herr Dr. Pünder, führte zur Notverord-
nung vom 5. Juni 1931 in der „Germania"
Nr. 130 vom 7. Juni u. a. aus:
„Solche Eingriffe finanzieller, wirt-
schaftlicher und sozialer Art. wie sie
die neue Notverordnung bringt ...
ertragen eine Wiederholung nicht.
Die Verfasser der Notverordnung
waren deshalb aufs tiefste durchdrun-
gen, daß dies die letzte und einzige
Notverordnung zur Slabilerhaltung
der Staatswirtschaft für das laufende
Etaksjahr sein muß. Mit voller Ab-
sicht Hal dieser Gedanke auch in den
Begteilworten der Reichsregierung
zur Notverordnung Ausdruck gefun-
den, um danlik der weiteren Regie-
rungsardeik aus eigenen Stücken ihre
Grenzen zu zeigen."
Er meinte, daß die Regierung Brüning
„einen zwar schmalen, aber sicheren
Weg ins Freie bahne."!
Was ist Wirklichkeit? Hak sich der feste
Wille der Reichsregierung, daß die Notver-
ordnung vom 5. Juni 1931 „der letzte
Schritt" fein solle, verwirklicht? Ist die
Notverordnung vom 5. Juni „die letzte und
einzige zur Stabilerhaltung der Skaakswirt-
schaft für das Haushaltsjahr 1931" geblie-
ben? Hak die Reichsregierung die im Juni
931 sich selbst gezogenen „Grenzen" ge-
vahrt? Hat die Reichsregierung die Mei-
nung, daß solche Eingriffe eine „Wieder-
holung nicht ertragen" befolgt? Hat die
Notverordnung vom 5. Juni 1931 sich als
„sicherer Weg ins Freie" erwiesen? Es
ist inzwischen die Notverordnung vom 24.
August 1931 erlassen worden, in deren
Verfolg wir die brutalen Notverordnungen
der Länder zu verzeichnen haben, dann ist
am 3. Oktober die Dritte Notverordnung
des Reichs zur Sicherung von Wirtschaft
und Finanzen erfolgt, und am 8. Dezember
die Vierte Notverordnung zur Sicherung
von Wirtschaft und Finanzen. Und für das
Jahr 1932 hat der Reichskanzler auf der
Tagung des Relchsausschusses der Zen-
trumspartei am 5. November 1931 in Ber-
lin angeükndigk:
„Das Jahr 1932 werde das aller-
schwerste sein. Die Regierung werde
um weitere ganz schwere und Harke
Maßnahmen auf allen Gebieten nicht
herumkommen. Es würden zur Siche-
rung des Etats auch neue
Opfer vom Volk
verlangt werden müssen."
Reue Opfer vom Volk hat Herr Brü-
ning für das Jahr 1932 angekündigt! Keine
Maßnahmen gegen Kriegs- und Inflations-
gewinnler — keine Besteuerung der Bank-
Londoi», 30. Dezember. Das britische Außen-
ministerium hat -ie Presse dahin unterrichtet,
daß eine endgültige Regelung der Tributfrage
auf dec bevorstehenden Regie ru ng Är onfe renz
wgen der Haltung des amerikanischen Kon-
gresses nicht mehr in Frag« komm«. Di« Ver-
handlungen würden sich nur noch auf eine provi-
sorische Lössnng erstrecken. Ein« Einigung zwi-
schen Frankreich und England über die Dauer
einer Verlängerung des gegenwärtigen Schul-
denmoratoriums sei bisher ' noch nicht erzielt
worden. Die Hauptschwierigkeit lieg« nicht so
sehr in der Frage, wie lange das Moratorium
ausgedehnt werden soll, sondern bei den Reben-
fragen, wie z. B. der Behandlung der ungeschütz-
ten Zahlungen.
Im großen und ganzen bestätigt es sich, baß
die englische Politik an ihrem ursprünglichen
Ziel einer endgültigen Lösung der Tribut- «nd
Schuldenfrage nicht mehr fefihält, sondern sich
dem französischen Standpunkt genähert hat. —
Dies Mrd damit begründet, daß durch die Ent-
scheidung des amerikanischen Kongresses eine
und Börsengewinne — kein bis hierher und
nicht weiter für die irrsinnigen Tributlasten.
Neue Schonungen für die Totengräber des
Mittelstandes, der Konsum- und Maren-
Hauspest — keine durchgreifenden Reichs-
reformen — nein, neue Belastungen des
schaffenden Volkes, das in seinen letzten
Atemzügen liegt! Noch aber lebt dieses
Volk! Von dem herrlichen Geiste des
Nationalsozialismus beseelt, wird es sich
wieder zu seiner einstigen Größe emporar-
beiten und unter der FührungAdolf Hitlers
den Weg zu
Freiheit und Brot
brechen und auch finden! In diesem Glau-
ben schreiten wir in das neue Jahr.
neu« unerwartet« Lage geschaffen worden ist.
Angesichts der Tatsache, baß der derzeitige
Reichskan-ler in seiner letzten Rundfunkrede
«in« endgültig« Lösung der Tribut- und Schul-
denfrage' gefordert hat, zeigt sich erneut, wie
groß der Brüning'sche Mißerfolg nach dem nun-
mehr feststehenden Umfall der Engländer gegen-
über den französischen Wünschen geworden ist.
Wir sind überzeugt, daß auch diesmal der Kanz-
ler versuchen wirb, dem deutschen Volke diesen
glatten Mißerfolg als Erfolg hinzustellen.
Kintjchau
von den Chinesen geräumt.
Moskau Mer Kowno), 30. Dezember. Nach
einer Meldung aus Schanghai ist di« Räumung
Kinlschaus durch die chinesischen Truppen im
'wesentlichen beendek. Vor der Räumung wur-
den sämtliche Munitionslager vernichtet. Den
japanischen Truppen wurde milgeteilt, daß Kint-
schau kampflos übergeben werde, die Japaner
Neuer Mißerfolg Brünings.
England gibt den französischen Tributforderungen nach.
Copyright dy Hanseatische Verkrztanßatl.
Hamdar- SS.
82. Fortsetzung.
„Glaub's nit." Das Mariele steht
dicht vor dem Bauern. „Es ist das erste-
mal."
„Das mach einem weis, der dümmer
ist wie ich. — Jetzt scher dich ins Bett,
Mädel, wohin du um die Zeit längst ge-
hörst. Und du, leichtfertiger Bruder,
kommst mit heim zur Mutter."
„Geh derwsile voraus, Baker, ich
komme gleich nach."
Der Hohlöfner stapft langsam davon,
streicht sich den Schnurrbart und kann
sich nicht erinnern, jemals im Leben solch
einen Spaß gehabt zu haben.
Es dauert ein Weilchen, ehe Rudolf
kommt: denn er muß noch etliche Male
fragen, ob ihn das Mariele gern habe
und von dem andern, das man kennt,
kriegt er auch nicht satt.
Schließlich aber ist er da und schiebt
das Rad neben sich her. „Ist die Mutter
gesund? — Za? — Du bist's auch. Dann
weiß ich genug. Auf den Hof kann ich
nit erst kontmirn, ich muh Morgen früh
um sechs Uhr wieder an Äse Arbeit und
habe drei Stunden zu fahren. Daß du
aber nix Schlechtes denkst, Baker. Zch
bin heute wirklich zum ersten Male da-
gewesen"
„Mer das glaubt."
„Kannst's schon glauben. Und —
konn's nit bald einmal wieder Weih-
nachten werden?"
„Za, in sieben Monaten, wenn's ge-
schneit hat."
So polterig es klingt, Rudolf weiß,
daß der Baker dabei lächelt.
Er drückt ihm die Hand. „Grüß die
Mutter."
Husch, ist er davon, der Bauer aber
geht heim.
Als er in sein Bett kriecht, lacht er
laut auf.
„Bist du denn übergeschnappt?" fragt
seine Frau.
„Roch nit ganz. Der Rudolf läßt
dich schön grüßen."
„Der Rudolf? Was denn? War er
denn da?"
„Pst", wieder lacht der Bauer hell
auf. „Unter neun Tagen wird nix aus-
geredet."
„Aber Baker!" Die Frau rüttelt und
schüttelt ihn, aber der Hohlöfner sägt
einen ganz dicken Ast und lacht dabei.
Unter neun Tagen! Ach, am anderen
Tage schon wusch ihm sein Weib den
Wuschelkopf. Er war auf dem Felde,
da kam das Mariele todverlegen und
-rückte der Bäuerin ein Sparkassenbuch
in die Hand- Glühenden Gesichtes beich-
tete sie, und Mutteraugen forschten da-
bei auf dem lieben Mädchengesicht. Die
kluge Frau war beruhigt. Das Mariele
war so lauter wie immer, und von wem
das Sparkassenbuch stammte, das brauchte
man nicht zu fragen. Aber — unter des
Mädels Kopfkissen!?
„Es ist nit zu glauben!" stellte die
Bäuerin fest.
Zeder Erklärungsversuch war müßig.
Die beiden tasteten dahin und dorthin,
aber es blieben Lücken, über die kein
Steg führte.
„Geh heim, Mariele," riet Minna
Korn. „Das Buch ist dein. Das laß dir
genug sein. Das andere ist meine Sache."
O, es war ihre Sache, das spürte der
Hohlöfner, der kurz hernach vom Felde
kam, und dem der Schelm aus allen
Knopflöchern guckte.
Behaglich setzte er sich hinter den
Tisch. „Bring das Essen, Mutter."
„Noch nit," erklärte die Bäuerin kurz
und entschlossen, „erst haben wir zwei
noch was zu bereden."
„Was denn, Mutter? Du tust ja so
desperat."
„Verstell dich nit, du scheinheiliger
Dingerts. Sowas hat ja noch gar kein
Mensch erlebt!"
„Was willst du denn eigentlich?" Und
des Bauern Augen waren Krater, aus
denen die Freudenfunken garbenweise
sprühten.
„Red! Wie hast du das Buch unter
dem Mariele sein Kopfkiffen gebracht?"
„Buch? Kopfkissen? Tja, Mutter. -."
„Vater!" Sie stand, ganz verkörperte
Entrüstung, vor ihm. „Das geht über
den Spaß."
„Wenn ich nur wüßte, was?'"
Da hatte die Bäuerin Zornestränen
in den Augen.
„Schämst du dich denn gar nit?"'
Der Bauer stand auf und wollte die
Frau begütigend in den Arm nehmen.
„Laß die Faxen. Du in dem Mariele
seiner Kammer!"
„Och, da war's noch ganz hübsch, aber
im Keller war's nachher verdammt kalt."
„Zm Keller? Mann, das ist ja rein
zum Aus-der-Haut-Fahren mit dir. Im
Keller?!"
Die Tränchen waren vertrocknet.
Minna Korn ahnte, daß die Lage ganz
heillos komisch gewesen sein mußte, sah
an ihres Mannes Gesicht, daß er jauch-
zend noch mit beiden Beinen darin stand,
daß es ihm unendlich viel Vergnügen be-
reitet hatte und lächelte halb versöhnt.
„So erzähl doch wenigstens, Mann."
Nun duldete sie es, daß er sie in die
Arme nahm. „Jetzt nit, Mutter. Ich
habe Hunger, und nachher muß ich wie-
der aufs Feld. Mußt schon bis heute
Abend warten. Verweile rat nur selber
weiter."
„Ich denke nit daran. Aber wie oft
willst du denn noch solche Dummheiten
machen?"
„Das war die letzte, weil's die schönste
Es klang beinahe ein bißchen weh-
mütig-
And dann war der Abend da. Die
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