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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 39.1928

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Roessler, Arthur: Arbeiten von Rudof Lorenz, Wien
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https://doi.org/10.11588/diglit.11738#0263

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INNEN-DEKORATION

mieden, das Haus, das er für einen Menschen der Gegen-
wart zu errichten hatte, nach irgendwelchen modischen
Mustern zu gestalten oder formal der sogenannten
»bodenständigen« Bauart anzupassen. Auf allen archäo-
logischen Schnickschnack verzichtete er zu Gunsten
einer ehrlichen Zweckmäßigkeit. Ja, man kann sagen,
daß er mit viel Vorsicht, fast mit List, dem »Malerischen«
in weitem Bogen aus dem Wege ging, stets darauf
bedacht, ein Gehäuse zu schaffen, darin man ruhig und
gut schlafen, sich ordentlich waschen, an-, um- und
ausziehen, bequem speisen, gesellig verweilen, ungestört
sinnen und arbeiten kann, das, mit einem Wort gesagt,
komfortabel ist. Darum war Lorenz bemüht, das Haus
mit all seinen Stuben, Kammern, Gängen, Stiegenauf-
gängen weiträumig wirken zu lassen; und in der Tat wir-
ken selbst die kleinsten Gelasse noch weiträumig. Die
Einrichtung ist wohlüberlegt und klar angeordnet, mit
schiffsbauerhafter Findigkeit für praktische Raumaus-
nützung. Schmuck und praktisch präsentiert sich die
in weißem Lack, Email und Kachel blinkende Küche,
wohnlich heiter sind alle übrigen Räume, in deren Hellig-
keit bunte Bauerngewebe farbige Lebensfreude tragen.
Wer darin eine Äußerung von Wienertum erblicken
mag, hat so Unrecht nicht, nur daß es sich hier im
europäisiertes Wienertum handelt, ein weltläufig gewor-
denes Wienertum. Das gilt für das ganze Haus, insbeson-

dere aber für dessen wichtigsten Raum, die motorische
Herz- u. Hirnkammer, das Arbeitszimmer des Hausherrn.
Wer dieses Gemach zum ersten Mal sieht, fühlt sich
von ihm wie von einer, allerdings ungewöhnlich breit und
tief geratenen, Kajüte angemutet, in der man getrost
eine weite »Reise«, eine Lebensreise machen kann, ohne
sich dabei von Wind und Wetter gestört zu fühlen. . .

Sollte sonst noch viel über diese bisher letzte und
beste Arbeitsleistung von Rudolf Lorenz zu sagen sein?
Man sieht auf den Bildern, daß es sich um einen
schlichten Backsteinbau mit gelben Edelputz handelt,
einen Bau, der sich nach Süden mit vielen Fenstern und
Terrassen der Sonne auftut; einen Bau, in dessen Innern
ausschließlich heimische Hölzer zur Verwendung kamen;
einen Bau, mit feinem künstlerischen Takt in all seinen
Teilen abgewogen, nicht nur zweckmäßig als »Wohn-
maschine«, sondern auch schön als Baugebilde, trotz des
Verzichtes auf alle »schmückende Zutaten«, a. roessler.



DER MENSCH ist ein Abwechselungs-Wesen;
nur wer dem Rechnung trägt, versteht den Eigen-
Rhythmus seiner Natur. Seine Lebens-Melodie ist aber
andererseits ein »Ritornell«. Deswegen gilt der Satz: je
mehr Abwechslung im Kleinen ein Volk — wie ein Ein-
zelner — sich gestattet, destomehr ist auf wesentliche
Treue bei ihm Verlaß. . . . graf hermann Keyserling.
 
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