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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 7.1909

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Heft 1
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Chronik
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https://doi.org/10.11588/diglit.4599#0052

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verstorbene Lud. Marold starker und ursprünglicher. richtige Daten über Leibls Leben, ein wohl nahezu voll-
Sein Erbe scheint der jetzt in Paris lebende Dedina an- ständiges Verzeichnis aller Arbeiten und ist in jeder
getreten zu haben. In dieser eleganten Gesellschaft Zeile wahr und offen. Der Verfasser macht gar nicht
findet man auch einige vorzügliche Blätter von Emil den Versuch, Leibls Kunst ästhetisch zu analysieren,
Orlik und dem Märchenillustrator Schwaiger. Dann ihre Traditionen, ihre Elemente und ihre Bedingtheiten
gibt es noch eine Menge Bilder der Pariser Schule. In aufzuzeigen; er schildert erzählend, fast im Ton eines
dem graphischen Kabinet sind die bekannten deutsch- Romans, den Ablauf dieses, nach aussen so einfachen
böhmischen Graphiker: Klemm, Thiemann, Wierer und im Innern so reichen Lebens und hinterlässt beim
u. s. w. vertreten, die mit einfachen Farben grosse har- Leser eine schöne und durchaus heilsame Rührung,
monische Effekte erzielen. Daneben sind noch die anti- Etwas wahrhaft Episches ist in dieser Darstellungsweise,
quirierten Spielereien aus Richard Teschners Mappe zu Ganz erfüllt von seinem Gegenstand blickt Mayr

nirgends darüber hinaus; aber niemals verfällt seine
gerade Männlichkeit auch sentimentaler Übertriebenheit.
Es fehlen durchaus diese fatalen literarischen Lobes-
hymnen vieler Biographien. Wie Mayr über Leibl, so

erwähnen, der jetzt in Prag sehr hoch kommt.

Wilhelm Leibl. Sein Leben und sein Schaffen
von Julius Mayr. Verlag Bruno Cassirer.

Auf dieses charaktervolle Buch passen durchaus
Goethes Worte: „Es trägt Verstand und rechter Sinn,

schreibt man über seinen Bruder oder Vater: jedes
Wort ein aufrichtiges Gefühl. Das giebt diesem Buch
das Gepräge und macht es zu einer seltenen Erscheinung
in unsernTagen. Es kommt hinzu, dass die Ausstattung

mit wenig Kunst sich selber vor". Alles Berufsmässige in der glücklichsten Weise dem Charakter dieser Schrift
fehlt diesem Buch, alles Literarische. Man spürtauf entspricht. Mit vornehmer Solidität, weit entfernt von
den ersten Seiten schon, dass nicht ein Schriftsteller allem Snobistischen, präsentiert sich der stattliche Band
spricht, der das Kunstmässige des Ausdrucks sucht, die in einer schönen, lesbaren Frakturschrift. Der Umstand,
architektonische Komposition des Ganzen und die wohl- dass Mayr auch mit Sperl, dem Intimsten Leibls, be-
gepflegte Charakteristik des einzelnen Wortes, sondern freundet ist, hat nicht nur die wertvolle Genauigkeit
ein Mann, der nur schreibt, weil es ihn drängt, sein des Bilderverzeichnisses ermöglicht, sondern es konnten
grösstes Erlebnis zu schildern. Zum Lebensereignis wurde auf Grund dieser Materialkenntnis auch eine Menge bis-
her unbekannter Bilder repro-
duziert werden. Die Sezession
hat daraus ja Nutzen gezogen;
ihre diesjährige Leiblausstel-
lung wäre ohne dieses Buch
unmöglich gewesen. Für die
einzig wünschenswerte Art der
Popularisierung Leibls wird
Mayrs Buch Unübertreffliches
leisten. Denn der Verfasser
wird Liebe für seinen herr-
lichen Künstler zu wecken
wissen, weil er selbst von Lie-
be zu ihm erfüllt ist. Es giebt
noch andere Arten, guteKünst-
lerbiographieen zu schreiben;
es giebt höhere Standpunkte als
der ist, den Mayr einnimmt.
Aber auf dem Standpunkt, den
Anlage, Neigung und Schick-
sal dem Verfasser angewiesen
haben, steht er fest, sicher und
unbeirrbar, als ein Mann, dem
derBeste noch mit Nutzen und
max si.evogt, Federzeichnung inuererBewegungzuhört. K.S.

dem Landarzt aus Oberbayern
die Begegnung und langjährige
Freundschaft mit einem gros-
sen, einsamen Künstler, mit
Leibl. Er schreibt darüber, wie
Laien wohl über ungeheure
Erlebnisse anderer Art, über
Reisen oder Kriege etwa ge-
schrieben haben: mit der
Frische eines vom Gegenstand
ganz Erfüllten, mit der rast-
losen Hingabe ehrlichsterLiebe
und Bewunderung, und mit
der genauen Kenntnis der Er-
fahrung. Es giebt in unserer
bücherreichen Zeit sehr we-
nige Bücher wie das von
J. Mayr. Diesem Werk gegen-
über wirken die meisten lite-
rarischen Thaten des Marktes
wie Broschüren; denn dieses
Leiblwerk macht ohne weiteres
den Eindruck des Bleibenden.
Es ist solide durch und durch,
giebt zum ersten Mal absolut

Ü10\!

^ als Sporter
 
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