RUDOLF WILKE, CARNAVAL FRANCIS
AUS DER ..JUGEND'
RUDOLF WILKE
VON
RICHARD WINCKEL
R. WINCKEL,
BILDNIS WII.KES
LITHOGRPHIE
Der Zimmermannssohn Rudolf Wilke kam im Winter i 89.1/95 nach
Paris ins quartier latin. Er war in München Schüler des Zigeuners
Hollosy gewesen und auch von Emil Pottner, dem scharfäugigen braun-
schweiger Jugendfreund, beeinflusst worden. Bei Julian kannte ich
Keinen, der Wilke nicht für einen durchaus talentlosen armen Kerl
gehalten hätte. Na ja! . . Er zeichnete einige Köpfe, legte ein paar Akte
an, die er - - offenbar um sich gegen das Rot zu wehren, von dem er
sonst als Farbenblinder ungesehen viel nahm —, ganz auf Grün stimmte,
und kam dann immer seltener. Schliesslich tauchte er nur noch gegen
Mittag, in letzter Minute auf, um noch einen Teilhaber zum Billard vor-
zufinden. Abends waren wir oft in unermesslich langen Sitzungen im
Cafe deux magots oder auf einer Bude, bisweilen auch an den grossen
Boulevards zusammen. Die Gespräche waren Begeisterung und Spott.
Wilke liebte Carriere und Rembrandt, von denen er immer wieder gern
und lange sprach; von diesen Beiden hat er am meisten gelernt. Von
Lautrec sprachen wir selten; Wilke suchte ihn nicht, wenn er auch seine
Arbeiten gern sah. Ich möchte glauben, dass er ihn als dekadenten Leidens-
genossen empfand. Dagegen war ihm Carries nicht nur interessant, sondern
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AUS DER ..JUGEND'
RUDOLF WILKE
VON
RICHARD WINCKEL
R. WINCKEL,
BILDNIS WII.KES
LITHOGRPHIE
Der Zimmermannssohn Rudolf Wilke kam im Winter i 89.1/95 nach
Paris ins quartier latin. Er war in München Schüler des Zigeuners
Hollosy gewesen und auch von Emil Pottner, dem scharfäugigen braun-
schweiger Jugendfreund, beeinflusst worden. Bei Julian kannte ich
Keinen, der Wilke nicht für einen durchaus talentlosen armen Kerl
gehalten hätte. Na ja! . . Er zeichnete einige Köpfe, legte ein paar Akte
an, die er - - offenbar um sich gegen das Rot zu wehren, von dem er
sonst als Farbenblinder ungesehen viel nahm —, ganz auf Grün stimmte,
und kam dann immer seltener. Schliesslich tauchte er nur noch gegen
Mittag, in letzter Minute auf, um noch einen Teilhaber zum Billard vor-
zufinden. Abends waren wir oft in unermesslich langen Sitzungen im
Cafe deux magots oder auf einer Bude, bisweilen auch an den grossen
Boulevards zusammen. Die Gespräche waren Begeisterung und Spott.
Wilke liebte Carriere und Rembrandt, von denen er immer wieder gern
und lange sprach; von diesen Beiden hat er am meisten gelernt. Von
Lautrec sprachen wir selten; Wilke suchte ihn nicht, wenn er auch seine
Arbeiten gern sah. Ich möchte glauben, dass er ihn als dekadenten Leidens-
genossen empfand. Dagegen war ihm Carries nicht nur interessant, sondern
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