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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 7.1909

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Heft 4
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Scheffler, Karl: Franz Krüger
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https://doi.org/10.11588/diglit.4599#0163

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einem deutlichen Stallparfüm umgeben vor, wie
er mit den adligen Rennstallbesitzern auf glei-
chem Fusse verkehrt, auf dem Parkett des könig-
lichen Schlosses sogar Figur zu machen und dem
König Friedrich Wilhelm dem Vierten die neu-
esten Stadtwitze mit jovialer Drastik beizu-
bringen weiss. Ein Mann ohne Sentimentalität,
mit der bekannten berlinischen Rüdigkeit gern
kokettierend und ohne grosse Bedenken, wo es
sich um sein Wohlergehen handelte. Er liess
sich, wenn auch widerwillig nur, mit einer
Schauspielerin, die Beziehungen zu einem Prinzen
gehabt hatte, verheiraten als ihm dafür die Hof-
kundschaft versprochen wurde und lebte in
unerfreulicher Ehe heute mürrisch und morgen
mit jovialer Lebenslust dahin, einen Auftrag
nach dem andern prompt erledigend, wie ein
solider Geschäftsmann. Niemals wurde er als
Künstler flüchtig oder gewissenlos. Nicht
selten wurde er banal, oft aber gelang ihm auch
das Ausserordentliche. Über das Äussere seiner
Modelle gelangte er nie hinaus; dieses aber be-
herrschte er mit allen Mitteln seines Talents und
Handwerks. Eine unendlich leichte und gefäl-
lige Hand, ein immer sicheres Auge, kultivierter
Geschmack und eine unbewegte Seele. Ein
Künstler durch und durch; aber doch nicht so
sehr, dass er nicht neben der Kunstpassion noch
andere Passionen gehabt hätte. Wenn er seinen
ehemaligen Schüler Sterfeck Donnerstag Mor-
gens aus der Hollmannstrasse abholte, um mit
ihm nach Tempelhof hinauszupilgern, so lockte
ihn gewiss ebensosehr bei Mutter Kreideweiss
das Berliner Nationalgericht, Erbsen und Pökel-
fleisch, und das Milieu des Rennbetriebes, der
damals in Tempelhof ein Domizil gefunden
hatte, wie die Studienarbeit. Und er widmete
seinen reinrassigen Hunden gewiss ebensoviel Sorg- Man geht durch die Säle der Sezession, wo

falt wie seinem Malgerät. Die alles Andere aus- nun an dreihundert Zeichnungen, Lithographien
schliessende Kunstleidenschaft hatte er nicht, und Aquarelle ausgestellt sind und rindet kaum ein
Darum bleibt er als Zeichner in weiter Distanz von kleines Skizzenbuchblatt, das nicht Qualitäten hätte.
Ingres, an den bei ihm, wie bei Menzel, gewisse Gleichmässige Güte zeichnet die Arbeiten vor allem
nazarenische aber naturalisierte Züge zuweilen aus. Man versteht, dass dieser Künstler als Lehrer
denken lassen. Dieser Hofmaler war ganz und immer wieder das Zeichnen betonte, denn auf
gar solide; aber er war keiner der ewig Wach- diesem Fundament ruht seine ganze Lebensleistung,
senden und sich Metamorphosierenden. Von einer Der Zeichenstift war ihm das lebendigste Werk-
späten Reise durch die Niederlande und nach Paris, zeug. Mit welch köstlichem Charme weiss er
wo er Delacroix beim Malen sogar zusah, kam er junge Frauen zu zeichnen und wie treffend sind
unverändert zurück. Er war in sich fertig und das Haltung, Bewegung und Charakteristik seiner
seinem Wesen Fremde glitt von ihm ab wie Wasser Thiere! Mit sicherem Geschmack stellt er die
am Entengefieder. Dinge in den Raum und über Allem was er macht

FRANZ KRUGER, STALLKNECHT. FARBIGE ZEICHNUNG

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