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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 7.1909

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Heft 9
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Kunstausstellungen
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https://doi.org/10.11588/diglit.4599#0436

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strationsmaterial zur Geschichte der Porträt-
malerei sucht.

Aus dem 15. Jahrhundert ist, streng ge-
nommen, nur eine Schöpfung vorhanden, einWerk
aber, das trotz seines bescheidenen Umfanges das
florentinische Quattrocento so eindringlich re-
präsentiert, wie wenige andere Einzelbildnisse
vermöchten, — das magere, fahle und gespannte
Antlitz eines Mannes, das ganz Geist, ganz
strebende Sehnsucht, hier inmitten der breiteren,
mehr körperlichen Gestaltungen der Hochrenais-
sance umso scharfer ausgeprägt in seinem beson-
deren Wesen erscheint. Dieses Bildnis, das Herrn
Dr. Ed. Simon gehört, stammt aus der berühmten
Leuchtenberg-Sammlung, hiess früher,,Masaccio"
und wird jetzt mit guten Gründen Sandro Bot-
ticelli zugeschrieben. Aus der Hochrenaissance
steht neben derben, farbig wirksamen Staats-
bildnissen des Venezianers Tintoretto ein Meister-
werk des florentinischen Hofmalers Bronzino,
kalt in der Färbung und stattlich bis zum Pom-
pösen, auch aus dem Hause des Herrn Ed. Simon.
Schöpfungen der grossen römischen Kunst sind
zwei Bildnisse aus Herrn Oscar Huldschinskys
Galerie: Giuliano Medici — Michelangelo schuf
ihm das Grabdenkmal in Florenz, Raffael malte
ihn, — und eine Frau, eine Römerin, kalkig in
der Farbenerscheinung, nicht eigentlich an-
mutig, obwohl gerade Anmut erstrebt ist, aber
so wuchtig und kühn in der Linienführung und
Modellierung, dass wir den Autor ganz in der
Nähe RafFaels suchen. Vielleicht ist Guilio
Romano, von dem die Ermitage in Petersburg
mehrere vortreffliche und wenig bekannte Bild-
nisse besitzt, der Meister. Dem modernen Auge leichter
zugänglich sind die wenig später entstandenen venezia-
nischen Werke, das FrauenporträtSebastianos delPiombo,
der freilich halb nur Venezianer, halb Römer ist (hier
namentlich die Landschaft sehr schön — Besitzer Herr
Huldschinsky) und zwei Männerporträts von Tizian.
Herrn Ed. Simons fürstlicher Jäger und Herrn v. Dirk-
sens Antonio Anselmi gehören zu den glücklichsten
neueren Bereicherungen des deutschen Privatbesitzes.
Das grössere und farbig reichere Gemälde, ein schöner
Mann mit weichem schwarzen Bart, der seinen Jagd-
falken aus der Hülle befreit hat und prüfend betrachtet,
war in der Galerie des Lords Carlisle, das bescheidnere
Porträt Anselmis hat Herr v. Dirksen aus Italien er-
worben. Beide Gemälde gehören der mittleren Zeit
Tizians an und wetteifern miteinander an edler Ein-
fachheit in Komposition, Ausdruck und Farbe. Mit
solchen Schöpfungen stehen wir auf einem Höhen-
grat. Das Streben ist erfüllt. Die Ausgeglichenheit
des Leiblichen und Seelischen wird, kaum erreicht,
wieder verloren. Schon Tintoretto erscheint neben
Tizian posierend und absichtsvoll.

SANDRO BOTTICELLI, BILDNIS

SAMMLUNG ED. SIMON

Zwischen dem Süden und Norden vermittelt das
leuchtende Kniestück, das Herrn v. Hollitscher gehört -
nach der Aufschrift: Attila Grimaldi —, das mit kluger
Bestimmung Jan Stephan van Kaikar zugeschrieben ist.
Dieser Nordländer nimmt unter den Tizianschülern
einen hohen Rang ein und vereinigt italienische Auf-
fassung mit einem lasierendem Vortrag, der nieder-
ländisch anmutet.

Unter den wenigen „Primitiven" rein nordischen
Charakters ist der fruchtbare kölnische Porträtist Bartel
Bruyn gut vertreten, namentlich mit der Halbfigur
eines Mannes, dessen bürgerliche Tüchtigkeit ungemein
straff und fast bedeutend ausgeprägt erscheint. Diese
Tafel, jetzt bei Herrn Huldschinsky, war einst in der
berühmten Galerie zur Pommersfelden mit einem
Gegenstück, einer Frau, das in die Brüsseler Galerie
gelangt ist.

In demselben Saale, wo die Renaissance sich so
stattlich entfaltet, ist eineHauptwand vonder quellenden
Lebenskraft erfüllt, die Rubens geweckt hat. In prächtiger
Gruppe Bildnisse von Rubens, von v. Dyck und Tiere,
Früchte, Blumen von Snyders und Jan Fyt. Die drei v.

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