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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 7.1909

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Heft 10
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Scholz, Wilhelm von: Gespräch über Baukunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.4599#0474

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gesehen, nie umwandert, nie deutlich als einen in
inneren Wechselwirkungen pulsierenden Lebens-
organismus erkennen können. Zumal mir in Berlin
Staat und Reich viel mehr zum Bewusstsein kamen,
als die Stadt. Ich kann mir heute zurückschauend
klar machen, dass die Stadt, die Sitz des Staates ist,
ihren Stadtcharakter nicht rein ausbreiten kann.
Das abstrakte Gebilde Staat, das für die typische
Stadt nur Prospekt und verschwommener Hinter-
grund ist, wird in ihr ein Konkretes, lagert sich als
eine unorganische Obermacht über ihre natürliche
Gipfelang, stellt sich mit mächtigen Gebäuden,
Schlössern und Verwaltungshöfen in ihre Mitte, die

eigentlich städtischen Gebäude zur Seite drängend.
Die ursprüngliche Stadt, die in einer unmittelbaren
Wechselwirkung zu ihrem nahen und übersehbaren
Landgebiet steht, über das sie dem alten Sinne nach
hoheitsvoll herrschen sollte, kommt da nicht zum
klaren Ausdruck. Sie aber wurde mir hier in Kon-
stanz rasch lebendig. Es ist nicht verwunderlich,
dass mich ihr Gesamtbild sie zunächst mittelalter-
lich erschauen liess. Empfunden hab' ich freilich
ihre neuere ästhetische Verdorbenheit auch. Aber
ich hatte Zeit und Frische, sie mir nach den wohl-
erhaltenen alten Denkmalen innerlich umzuwandeln,
hatte Gelegenheit, sie nachts und in Dämmerstunden

KONSTANZ, DETAIL VOM RATHAUS AM FISCHMARKT

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