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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 7.1909

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Heft 12
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Schapire, Rosa: Klaus Groth und Otto Speckter: ein Brief
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https://doi.org/10.11588/diglit.4599#0562

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Immer wieder bewundert er Speckters Fähigkeit
„im kleinen Raum Bedeutendes zur Anschauung
zu bringen", und an anderer Stelle heisst es beim
Anblick der Zeichnungen „ich ward schier trunken
vor Poesie, die mich daraus anwehte".

Der Plan, ein gemeinsames Tierbuch heraus-
zugeben, zu dem Speckter die Zeichnungen und
Groth die Gedichte liefern soll, entstand. Er

scheiterte daran, dass Groth die Unmöglichkeit
empfand, „Texte hochdeutsch zu liefern, wie „Spatz
und Aanten int Water" .... da die hochdeutsche
Sprache dazu kaum einen Ton hat, und diese beiden
Stücke selbst im Plattdeutschen mir eine solche
nervöse Arbeit gewesen sind, dass ich namentlich
die Aanten kaum jetzt noch ohne ein Gefühl von
Nervenfieber lesen kann."

Kiel, 6. April jj.
it Bezug nun auf diese
illustrierte Ausgabe des
Quickborn halte ich es
fitrein besonderes Glück,
wenn ein berühmter Künstler die Arbeit
nicht als eine blosse Geschäftssache, sondern
aus innerer Lust und Liebe und mit Begeiste-
rung übernehmen will. Einen norddeutschen
Künstler müssen wir haben, Land und Leute
unserer Gegenden lernen sich nicht in einigen
Wochen kennen, wenn man nicht unter ruhiger
Anschauung wenigstens ähnliche längere Zeit
um sich gehabt hat. Durch Richters Zeich-
nungen sieht Süddeutschland in jedem Zuge,
selbst im Typus der Menschengestalt, abgesehen
von Kostüm und Umgebung, und es möchte einem süd-
deutschen Maler schwer werden, diese gewohnten Züge
zu verlernen und durch nordische zu ersetzen. Sonst
finde ich allerdings Richters Illustrationen, namentlich
zum Hebel so idealschön, es webt mich so der Geist der
Ruhe und des Friedens aus jedem Bildchen an, ich finde in
diesen kräftigen Meisterstrichen, von denen keiner um-
sonst gemacht ist, in derSparsamkeit, dem Zurücktreten des
Nebenwerks, der Umgebung, eine solche antike Weise,
dass ich nie das Buch ohne innige Befriedigung durch-
blättern, nie ohne Bewunderung vor einem Geist, dem
es möglich ist, sich so noch durch den Grabstichel des
Holzschneiders hindurch immer als derselbe zu offen-

baren. Und mit dem sollen wir rivalisieren. Wir
können uns daher wohl Glück wünschen, dass ein
Künstler wie Herr Speckter seine Kraft darbieten will.
Wir müssen rivalisieren. So wenig ich mir es vor
dem Erscheinen des Quickborn verhehlen durfte, dass
man mich mit Hebel vergleichen, und dass ich schlimm
fahren würde, wenn ich ihm weichen müsste, so wenig
wird man es unterlassen, unsere Illustrationen mit
Richters zusammenstellen. Um so weniger ich nun
bezweifle, dass ein Talent wie Herr Speckter nicht
den Kampf eingehen darf, um so sicherer von Miss-
deutung kann ich gleich jetzt auf die schwierigen
Punkte wie sie mir erscheinen, hindeuten, damit wir
sogleich beim eigentlichen Beginn des Werks über die
Hauptpunkte wenigstens eine bestimmte Ansicht ge-
fasst haben. — Wie Richter seine starke Seite: die
Charakteristik süddeutscher Formen für unsern Zweck
teilweise verlernen und verleugnen müsste, so kann
auch Herr Speckter die seinige als Landschafter und
Tierzeichner nur teilweise bei uns herauskehren. Wir
sollen vor allen Dingen Menschenfiguren haben. Ferner
sind unsere Trachten, Bauart etc. weniger malerisch
als die süddeutschen. Was kann z. B. ein Südländer
bloss durch sein Weinlaub, durch einen Felsen für
Wirkung machen! Müssen wir dies entbehren, so
dünkt mich haben wir von anderer Seite zwei Vorteile,
die wir ausbeuten müssen, um R. den Sieg streitig
zu machen. Erstens dürfen wir, können wir realer
werden als R. Mag er in seiner idealen Weise gross

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