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Kunst und Künstler: illustrierte Monatsschrift für bildende Kunst und Kunstgewerbe — 11.1913

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Heft 5
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Géricault, Théodore: Die Schulen für Malerei und Plastik und der Rompreis
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https://doi.org/10.11588/diglit.4713#0286

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DIE SCHULEN FÜR MALEREI UND PLASTIK UND DER ROMPREIS

von THEODORE GERICAULT

ie Regierung hat öffentliche Zeichen-
schulen errichtet, die mit grossen
Kosten erhalten werden und zu
denen die ganze Jugend Zutritt hat.
Häufige Preisbewerbungen scheinen
einen beständigen Wetteifer zu un-
terhalten und auf den ersten Blick möchte man
diese Einrichtung für sehr nützlich und für die
sicherste Ermutigung halten, die den Künsten zuteil
werden könnte. Niemals, weder in Athen noch
in Rom, wurde den Bürgern das Studium der
Wissenschaften und Künste so leicht gemacht wie
es in Frankreich durch die zahl-
reichen Schulen jeder Art ge-
schieht. Seit ihrer Errichtung
aber habe ich mit Kummer be-
merkt, dass ihre Wirkung eine
ganz andere ist als man zu er-
warten schien undjdass sie anstatt
eines Hilfsmittels ein wahrer Übel-
stand geworden sind, da sie wohl
tausend mittelmässigeTalente her-
vorrufen, sich aber durchaus nicht
rühmen dürfen die hervorragend-
sten unsrer Maler gebildet zu
haben; denn diese waren ja ge-
wissermassen selbst die Gründer
jener Schulen oder haben wenig-
stens zuerst die Grundsätze des
guten Geschmacks verbreitet.

David, unser grösster Künst-
ler, der Erneuerer der Schule, ver-
dankte nur seinem eigenen Genie
jene Erfolge, welche die Auf-
merksamkeit der ganzen Welt auf
ihn lenkten. Er lieh nichts von
den Schulen, die ihm im Gegen-
teil sogar hätten verhängnisvoll
werden können, wenn nicht sein
guter Geschmack ihn frühzeitig
ihrem Einflüsse entrissen und da-
zu geführt hätte, von Grund aus
das sinnlose und ungeheuerliche
System der Vanloo, Boucher, Re-
stout und vieler anderer Maler zu
reformieren, die damals im Be-
sitze einer Kunst waren, die sie

nur entheiligten. Das Studium der grossen Meister
und der Anblick Italiens gaben ihm jenen grossen
Charakter ein, den er stets in seine historischen
Kompositionen zu legen verstand und so wurde
er das Vorbild und das Haupt einer neuen Schule.
Seine Grundsätze brachten schnell neue Talente
zur Entwicklung, deren Keim nur die Befruch-
tung erwartete und mehrere berühmte Namen
verkündeten bald den Ruhm ihres Meisters und
teilten sich mit ihm in die Triumphe und in die
Kränze.

Nach diesem ersten Aufschwung, diesem An-

TH. GERICAULT, VERWUNDETER KÜRASSIER
PARIS, LOUVRE

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