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Kongreß für Ästhetik und Allgemeine Kunstwissenschaft
Bericht — 1914

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Abteilung II
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Wulff, Oskar: Die Gesetzmäßigkeit der Entwicklung in den bildenden Künsten
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https://doi.org/10.11588/diglit.65508#0344

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338

Kongreß für Ästhetik und Allgemeine Kunstwissenschaft

täten zum Aufblühen des Dramas. Die entwicklungsgeschichtliche Betrachtung
müsse feststellen, wieweit auch hier die bildende Kunst verwandte Epochen erfahre.
Nicht minder wahrscheinlich biete die bildende Kunst ebenfalls tatsächliche Be-
lege für die Aufeinanderfolge der Kategorien Raum und Zeit und vielleicht im
besonderen für den Mythus als älteste erreichbare Schöpfung des Menschen-
geistes, als uranfängliche Erhebung zu den Gewalten im Raum, für die Sage als
spätere Erhebung zu den Gewalten der Vorzeit, sowie schließlich für die Ver-
klärung des Unmittelbar-Menschlichen und Natürlichen. Aber schon die heutigen
Darlegungen des Referenten bestätigten eine gesetzmäßige Entwicklung der Kunst.
„Und sie bewegt sich doch!“
Herr Busse verzichtet in Anbetracht der vorgerückten Zeit auf das zur
Diskussion erbetene Wort.
Der Verhandlungsleiter erteilt Herrn Wulff das Schlußwort und bittet ihn,
zugleich die Verhandlungen zu schließen.
Herr Wulff (Schlußwort): Der Herr Diskussionsredner hat sich darauf
beschränkt, eine Parallele von meinen Ausführungen her zur Entwicklung des
dichterischen Schaffens zu ziehen. Ich fühle mich nicht berufen, darauf näher ein-
zugehen. Ich bedaure andererseits, daß infolge Ausbleibens eines anderen Dis-
kussionsredners und Verzicht einzelner Herren hier von keiner Seite zu den Fragen,
die die bildende Kunst selbst betreffen, Stellung genommen wurde, so dankbar
ich auch dafür bin, daß mir dadurch die Möglichkeit geboten wurde, wenigstens
den ersten Teil meiner Ausarbeitung nahezu vollständig vorzutragen. Letzten
Endes kommt es ja doch weniger darauf an, ob ich die Gesetzmäßigkeit dieser
Entwicklung in allen Teilen ganz richtig gesehen habe, als daß wir hier bei unseren
Verhandlungen wohl in der großen Mehrzahl die Überzeugung gewonnen haben,
daß es eine solche Gesetzmäßigkeit gibt. Als ein transzendentes Mysterium ver-
mögen wir die Kunstschöpfung nicht zu betrachten. Zwar werden wir ein
Mysterium immer anerkennen müssen — das ist das Individuum —, nichts desto
weniger aber glauben wir, daß die Vorgänge des Schaffens und der Kunst-
entwicklung in gewissem Sinne der wissenschaftlichen Erklärung zugänglich sind.
Ich habe Ihnen als Ergebnis der geschäftlichen Sitzung noch mitzuteilen, daß
der Kongreß für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft zu einer bleibenden
Veranstaltung erhoben worden ist und daß die nächste Tagung im Jahre 1915
in Wien, die übernächste 19Ί7 in Paris stattfinden soll. So schließe ich die Ver-
handlungen der II. Abteilung mit dem Danke an alle Beteiligten für ihre Mitarbeit
und mit dem Wunsche: Auf Wiedersehen in Wien!
 
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