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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 13.1902

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Der Tag für die Denkmalpflege in Freiburg
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https://doi.org/10.11588/diglit.5809#0010

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Der Tag für Denkmalpflege in Freiburg.

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den. Der Vertreter der Denkmalpflege in Preussen,
Geh. Rat v. Bremen, machte darüber sehr interessante
Mitteilungen. Auch in Preussen haben sich die bis-
herigen Gesetze zum Schutze der Denkmäler nicht
als zureichend erwiesen. Manche Bestimmungen
leiden an Unklarheit, so dass auch hier eine Neu-
ordnung des Denkmalschutzes auf Grund umfang-
reicher juristischer und kunstgeschichtlicher Vorstudien
erwogen wird. In Preussen legt die Denkmalpflege
den Schwerpunkt der Gesetzgebung auf den öffent-
lichen Besitz, sowohl auf die unbeweglichen wie die
beweglichen Werke. Bei der Pflege dieser Denk-
mäler ist ein gemeinsames Zusammenwirken der ein-
zelnen Provinzialverbände, der Kirchen, Stiftungen
und Vereine mit der Staatsbehörde anzustreben. Bei
Denkmälern im Privatbesitz hat sich das jetzige
preussische Enteignungsgesetz als vollkommen aus-
reichend erwiesen. Auch die Erhaltung bestimmter
landschaftlicher Schönheiten kann dadurch gesichert
werden. In einigen Fällen ist dies bereits praktisch
durchgeführt worden. In dieser Beziehung zeigt sich
hier also ein wichtiger Unterschied gegenüber dem
hessischen Gesetzentwurf.

Ebenso unterscheiden sich die Bestrebungen der
preussischen Denkmalpflege von dem hessischen Ge-
setzentwurf in Bezug auf die Liste der besonders zu
schützenden Denkmäler. Eine derartige Liste nach
einheitlichen Grundsätzen für so völlig untereinander
verschiedene Provinzen, wie sie Preussen besitzt, ein-
zuführen, hat sich als unmöglich herausgestellt. In
Provinzen, welche an hervorragenden Denkmälern
überreich sind, erscheint manches Bauwerk und man-
cher andere Gegenstand aus früheren Jahrhunderten
unwichtig, der in ärmeren Gegenden volle Beachtung
verdient. Alle diese Gesichtspunkte, über welche
Geheimrat v. Bremen eingehend und mit juri-
stischer und kunstgeschichtlicher Sachkenntnis be-
richtete, sind vorläufig indessen nur der Gegenstand
ernster Erwägungen im Schosse des Ministeriums.
Was davon im Laufe der nächsten Jahre Gesetz wird,
hängt von dem Zusammenwirken verschiedener Fak-
toren ab und lässt sich bis jetzt noch nicht über-
sehen. Jedenfalls gewann die Versammlung aus diesen
Mitteilungen die Überzeugung, dass der Kultus-
minister in Preussen das ernste Streben hat, die Denk-
mäler unserer vaterländischen Geschichte in ihrer
hohen nationalen und künstlerischen Bedeutung zu
schützen.

Allerdings hat dieses Streben seine ganz bestimm-
ten Grenzen. Die einzelnen Minister können in Preussen
mit den unter ihrer eigenen Verwaltung stehenden
Denkmälern ganz nach eigenem Ermessen schalten
und niederreissen, was ihnen beliebt. Gerade in den
allerletzten Jahren hat z. B. die Militärverwaltung und
das preussische Finanzministerium sehr schätzenswerte
Denkmäler unserer vaterländischen Geschichte in Berlin
vernichtet.

Unter den übrigen Gegenstanden der Verhand-
lungen befand sich die Beratung über ein von Prof.
Dehio in Strassburg geplantes »Handbuch der deutschen
Kunstdenkmäler«. Der ausgezeichnete Gelehrte be-

absichtigt mit Hilfe von drei oder vier jüngeren Kunst-
historikern dieses Handbuch in Strassburg zu bearbeiten
und fordert zu diesem Zwecke eine Unterstützung
des Deutschen Reiches von 60000 Mark. Dieser An-
trag ist im Laufe dieses Sommers von der deutschen
Reichsregierung abgelehnt. Der in Freiburg an-
wesende Vertreter der Reichsregierung, Geh. Rat
Lewald, motivierte diese Ablehnung nicht nur aus
finanziellen Gründen, sondern wies in überzeugen-
der Weise nach, dass dem ganzen Plane schwer-
wiegende, sachliche Bedenken entgegenstünden. Die
Schaffung eines derartigen Handbuches bezeichnete
der Vertreter der Reichsregierung in sehr aner-
kennenden Worten als in hohem Grade wünschens-
wert. Die Subventionierung und Überwachung eines
solchen Unternehmens sei indessen Sache der ein-
zelnen Bundesregierungen, welche durch ihre Kunst-
verwaltungen weit eher zu einer solchen Aufsicht in
der Lage wären als die Regierung des Reiches, der
es an den geeigneten Organen, Sachverständigen-
Kommissionen, Akademien und anderen Institutionen
dafür fehle. Diesen mit grosser Sachkenntnis vorgetra-
genen Gründen der Kommission, welche von dem Tage
für Denkmalpflege für die Vorberatung des Hand-
buches eingesetzt wurde, sprach der Konservator der
Kunstdenkmäler Thüringens, Professor Voss, den
Wunsch aus, das Handbuch möge nach dem Vor-
bilde anderer grosser wissenschaftlicher Encyklopädien
nicht von einem einzigen Gelehrten und dessen
Assistenten, sondern von zahlreichen Fachmännern in
den verschiedensten Teilen Deutschlands, Österreichs
und der Schweiz bearbeitet werden. Die Inventare
der einzelnen Länder sind bisher nur zur Hälfte fertig
und zum Teil bereits veraltet, so dass dieselben nicht
mehr dem jetzigen Zustande der Denkmäler ent-
sprechen. Auch wenn bei den noch nicht inventari-
sierten Landesteilen die vielfach zerstreute kunst-
geschichtliche und geschichtliche Litteratur von Pro-
fessor Dehio und seinen Assistenten in Strassburg
noch so gewissenhaft benutzt wird, so können die
betreffenden Gelehrten ohne Besichtigung der Denkmäler
an Ort und Stelle niemals mit Sicherheit wissen, was
von diesen Werken in Wirklichkeit noch vorhanden
und was im Laufe der letzten Jahrzehnte zu Grunde
gegangen ist. Darüber giebt die Litteratur keinen
Aufschluss. Ein Bereisen und Besichtigen der Kunst-
werke an Ort und Stelle ist indessen angesichts der
ungezählten Tausende von Ortschaften in Stadt und
Land, wo sich die beachtenswertesten Kunstwerke
befinden, von einer Centralstelle aus unmöglich. Da
muss die Lokalforschung zu Hilfe genommen werden.
Zahlreiche Lokalforscher, Museumsbeamte, Architekten,
Gymnasiallehrer mit kunstgeschichtlichen Kenntnissen
und andere geeignete Persönlichkeiten können nach
den an der Centralstelle aufgestellten Grundsätzen
jeder sein eigenes, eng umgrenztes Gebiet bearbeiten.
Alle diese Beiträge sind nach dem Vorbilde anderer
Encyklopädien durch den Herausgeber des Ganzen
einheitlich zu redigieren und zusammenzufassen. Ein
derartiges Handbuch würde allerdings einem empfind-
lichen Mangel in unserer kunstgeschichtlichen Litte-
 
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