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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 13.1902

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Polaczek, Ernst: Der Streit um die Wiederherstellung des Heidelberger Schlosses: ein Epilog
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https://doi.org/10.11588/diglit.5809#0169

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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE

Verlag von E. A. SEEMANN in Leipzig und Berlin SW., Dessauerstr. 13

Neue Folge. XIII. Jahrgang.

1901/1902.

Nr. 21. 3. April.

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur »Zeitschrift für bildende Kunst« und zum »Kunslgewerbeblatt« monatlich dreimal, in den Sommer-
monaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kosiet 8 Mark und umfasst 33 Nummern. Die Abonnenten der »Zeitschrift für bildende
Kunst« erhalten die Kunstchronik gratis. — Für Zeichnungen. Manuskripte etc., die unverlangt eingesandt werden, leisten Redaktion und Verlags-
handlung keine Oewähr. Alle Briefschaften und Sendungen sind zu richten an E. A. Seemann, Berlin SW., Dessauerstr. 13. Inserate, ä 30 Pf. für
die dreispaltige Petitzeile, nehmen ausser der Verlagshandlung die Annoncenexpeditionen von Haasenstein & Vogler, Rud. Mosse u. s. w. an.

Das Schicksal des Heidelberger Schlosses hat eine so erregte Erörterung hervorgerufen, und äei
ganze Fall ist für unsere öffentliche Denkmalpflege derart bedeutungsvoll, dass es dem Wesen dieser Zeitschrift
mehr zu entsprechen schien, statt in den lebhaft geführten Kampf einzugreifen, lieber nach verhalltet Rede
und Gegenrede die Ergebnisse der Debatte gesammelt dem späteren Studium der Eachgenossen aufzubewahien.

Die Redaktion.

DER STREIT UM DIE WIEDERHERSTELLUNO
DES HEIDELBEROER SCHLOSSES

• EIN EPILOG

Das barfische Finanzministerium er-
achtet die Heidelberger Schlossfrage noch
nullt als spruchreif. Eine Vortage über
die zum Schutze des Heidelberger Schlosses
und im Interesse seiner dauernden Erhal-
tung zu treffenden Massnahmen wirddes-
liulli dem gegenwärtg versammelten Land-
tage nicht mehr unterbreitet werden können.
(Bad. Landesztg. r. 15. Jan. 02.)

Bedeute! diese Mitteilung wirklich nur einen Auf-
schub oder bedeutet sie das Begräbnis des ganzen
Planes? Wir wünschen das letzte, wir fürchten das
erste. Und deshalb sei der Verlauf der ganzen An-
gelegenheit in seinen Hauptlinien hier nochmals er-
zählt. Der Fall ist lehrreich; denn es giebt gar viele
Heidelbergs und gar viele Schäfer im deutschen
Reiche.

Wie der Bau zur Ruine geworden, braucht hier
nicht mehr ausführlich erzählt zu werden. Was
Kriegs- und Feuersnot übrig gelassen hatten, wäre
beinahe den schlimmsten Feinden der Denkmäler, der
Verständnis- und Interesselosigkeit der Besitzer, zum
Opfer gefallen. Ein Franzose, Charles de Oraimberg,
hat — welche Ironie! — das Schloss vom Unter-
gange gerettet; seinen Mahnungen folgend, begann
sich die badische Verwaltung für die Ruine zu inter-
essieren. Neue Gefahr brachten dann erst wieder die
Bah n- und Hotelanlagen, aber im ganzen ist der Bau-
körper ungefährdet geblieben, bis im Jahre 1897 Ober-
baurat Schäfer mit der Restauration des Friedrichs-
baues betraut wurde.

Schon im Jahre 1883 hatte die badische Regie-
rung zur Aufnahme und Unterhaltung der Ruine ein
eigenes Baubureau unter Leitung der Architekten Koch
und Seitz errichtet. Die Arbeiten waren 1889 ab-
geschlossen, im folgenden Jahre war das Bureau auf-
gelöst und seine Leiter, die obengenannten Archi-

tekten und der Vorstand der Grossherzoglichen Bau-
direktion, der j'etzige Oberbaurat Dürrn, beauftragt
worden, gesonderte Outachten über den Bauzustand
abzugeben. Die Berichte von Koch und Seitz äusser-
ten sich über die drei Möglichkeiten einer vollkom-
menen und einer partiellen Wiederherstellung und
einer blossen Erhaltung des Bestehenden. Das Durm-
sche Gutachten trat für die Erhaltung des Bestehen-
den ein.

Die zur Beratung dieser Gutachten einberufene
Kommission, der ausser den Vertretern der beteiligten
badischen Staats- und Gemeindebehörden und des
Schlossvereins, die Praktiker Dürrn, v. Egle, Heer,
Kircher, Koch, Lang, Raschdorff, Thiersch, Wagner
(Darmstadt) und Warth, ferner die Theoretiker v. Essen-
wein, Lübke, v. Oechelhäuser angehörten, schloss sich
dem Durm'schen Outachten an und fasste ihre Mei-
nung in acht Leitsätze zusammen, von denen die
wichtigsten hier wiedergegeben seien:

1. Eine vollständige oder teilweise Wiederherstel-
lung des Schlosses kommt nicht in Betracht.

2. Die vorzunehmenden Arbeiten müssen bis in
die kleinsten Teile auf Erhaltung des Bestehen-
den gerichtet sein. Erneuerungen sollen erst
vorgenommen werden, wenn das Bestehende voll-
ständig oder schon so weit zerstört ist, dass
eine Ausbesserung ausgeschlossen erscheint.

Dieser Satz betrifft nicht nur das rein Bau-
liche, sondern auch den künstlerischen Teil der
Räume, sowohl Ornamente wie figürliche Dar-
stellungen.

3. Als erstes Erfordernis ist zur Erhaltung der
Bauwerke eine sachgemässe Abführung derOrund-
und Tagwasser zu bezeichnen.

4. Dieser Massregel würde sich die Sicherung aller
Mauerteile gegen Witterungseinflüsse durch ent-
sprechende Ausfugungen, Abdeckungen, Verstei-
fungen und dergleichen anzuschliessen haben.
 
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