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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 13.1902

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Schmidt, Karl Eugen: Ausgrabungen in St. Denis
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Müller, Sigurd: Eine neue Stiftung Carl Jacobsen's
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5809#0014

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11 Eine neue Stiftung Carl Jacobsen's. — Sammlungen und Ausstellungen. 12

väter, hegt die Absicht, das Grundstück, wo die Funde ge-
macht worden sind, zu kaufen und unter Benutzung der
noch stehenden Mauer der alten Kirche ein Museum zu
errichten, worin die ausgegrabenen Gegenstände mit
anderen in St. Denis existierenden Kunstwerken ihren
Platz finden sollen. Es wäre sehr zu wünschen, dass
dieser Plan ausgeführt würde, denn im anderen Falle
dürfte das Grundstück sicherlich mit einem modernen
sechsstöckigen Miethause bebaut werden, was den Ein-
druck der ehrwürdigen Abteikirche daneben ungemein be-
einträchtigen würde. karl euoen Schmidt.

EINE NEUE STIFTUNG CARL JACOBSEN'S

Kopenhagen. Dass der Mann, dem die Ehre ge-
bührt, für die Kunstpflege Dänemarks zur jetzigen Zeit
am rüstigsten und mit dem grössten Erfolge gewirkt zu
haben, kein. Maler, kein Bildhauer, kein Baumeister und
kein Gelehrter, sondern ein Bierbrauer ist, davon hat
wohl schon jetzt die gesamte kunstinteressierte Welt
gehört und gelesen. Der Name Carl Jacobsen ist so
oft als derjenige eines der grössten Mäcenaten aller Zeiten
genannt worden, dass er selbst dem oberflächlichen Zeitungs-
leser bekannt sein muss; demungeachtet wird es doch
den meisten als recht überraschende Neuigkeit kommen,
dass er eben in diesen Tagen sein Vaterland mit einer
Dotation für Kunstzwecke bedacht hat, die sich auf nicht
weniger als zehn Millionen Kronen beläuft. Ehe ich über
diese grossartige Gabe etwas näheres berichte, werde ich
erst an die vorausgehenden Schenkungen und Stiftungen
sowohl des älteren, 1887 verstorbenen, J. C. Jacobsen's,
als diejenigen des Sohnes, Carl Jacobsen's, erinnern.

Jacob Christian Jacobsen brachte die von seinem Vater
geerbte Brauerei besonders dadurch auf eine sehr be-
deutende Grösse, dass er sie nicht nur mit ausserordentlicher
Tüchtigkeit, sondern auch nach streng wissenschaftlichen
Grundsätzen leitete; von 1847 war in längerer Zeit sein
> Alt-Carlsberg« die einzige dänische Brauerei, wo »bay-
risches« Bier produziert wurde, und schnell wuchs sie
derart hinan, dass Jacobsen nicht allein als einer der
angesehensten, sondern auch als einer der reichsten Bier-
brauer der Welt dastand. Dann dauerte es auch nicht
lange Zeit, ehe er die lange Reihe von patriotischen
Unternehmungen in Gang brachte. Als im Jahre 1859 das
schöne und prächtig ausgestattete Schloss Frederiksborg
den Flammen ein Opfer geworden war, trat Jacobsen für
seine Wiederaufführung rüstig in die Schranke; die innere
Einrichtung der beiden mächtigen Schlossflügel bezahlte
er, das Zimmer des Kirchenflügels Hess er Carl Bloch
mit einigen zwanzig neutestamentlichen Bildern schmücken,
und für den Schlosshof schenkte er später eine Kopie des
1683 von den Schweden weggeführten malerischen und
figurenreichen Springbrunnens, ein Hauptwerk Labewolff's.
Seine grösste That war aber die Stiftung des »Carlsberger-
Fonds«, eines wissenschaftlichen Instituts, welches seine
umfassende Bedeutung für nordisches Geistesleben durch
die Zeiten bewahren wird. Ursprünglich mit einer Million
Kronen, später mit noch einer ähnlichen Summe dotiert,
wurde der Fond endlich der Erbe der ganzen Alt-Carls-
bergbrauerei und verfügt jetzt über Jahreseinnahmen von
Hunderttausenden, welche für wissenschaftliche Zwecke
verwendet werden.

Sein einziger Sohn, Carl Jacobsen, stand auch nicht
nach dem Tode des Vaters mit leeren Händen da; schon
von 1871 betrieb er die Brauerei »Neu-Carlsberg«, und unter
seiner energischen Leitung wuchs diese darart heran, dass
sie jetzt die grösste des Carlswerks ist. Wie der Vater
vorzugsweise die Wissenschaft unterstützt hatte, wendete

der Sohn sein Interesse hauptsächlich den bildenden
Künsten zu. Seine erste bedeutende Stiftung war die
»Albertina«, 1879, ein Legat für die Ausschmückung von
den Plätzen, Strassen und öffentlichen Anlagen Kopen-
hagens; ursprünglich war das Legatkapital 100000 Kronen,
aber später ist es bedeutend vermehrt worden; sehr gross
ist schon die Zahl der prächtigen Bronzeabgüsse von
Statuen und Gruppen, besonders antiken, welche teils für
die Zinsen des Legatkapitals, teils durch Extrabeiträge des
Stifters ausgestellt sind. Im Jahre 1882 gründete er die
jetzt weltberühmte »Carlsberg-Glyptothek«, deren Abteilung
für moderne Skulptur seit 1897, nachdem sie als Gabe der
Stadt Kopenhagen überwiesen worden, in einem dafür
aufgeführten monumentalen Museumsgebäude angebracht
ist. Die grossartige Sammlung von antiken Originalen,
eine der bedeutendsten der Welt, schenkte Jacobsen 1899
der Öffentlichkeit und dotierte ausserdem eine Million
Kronen — welche Summe von Staat und Kommune supp-
liert werden soll — für das dadurch nötig gewordene
Museumsgebäude. Die Staatssammlung von Skulpturen,
deren Direktor er seit 1896 ist, hat er mit bedeutenden
Gaben bereichert; ausserdem hat er und seine Frau ge-
meinsam vier »Carlsberglegate« gestiftet, je mit einem
Kapital von 250000 Kronen. Von diesen Legaten sind
die drei (das vierte ist ein »Arbeiterlegat«) für künstlerische
Zwecke bestimmt; die bisherigen Priellate sind u. a. die
Aufführung der prachtvollen »Jesuskirche« und das »Kunst-
industriemuseum Kopenhagens«. Im Vergleich mit den
hier genannten Stiftungen muss man es für Kleinigkeiten
rechnen, dass Jacobsen 1886 ein grossartiges Monument
für den dänischen Seehelden Ivar Hendtfeldt errichten
liess, dass er 1887 mit einem Kreise von eingeladenen
Gelehrten eine kunstarchäologische Reise nach Griechen-
land unternahm, und dass er 1888 auf eigene Kosten eine
umfassende Ausstellung französischer Kunst, 1897 eine
internationale Kunstausstellung zu Kopenhagen veran-
staltete.

Es dreht sich hier, wie man aus dem Vorstehenden
leicht sehen wird, um so grossartige Schenkungen eines
einzelnen Privatmannes, wie sie wohl sonst niemals für
künstlerische Zwecke gespendet sind; allein die der
Öffentlichkeit geschenkten Antiken repräsentieren für sich
einen Wert von mehr als 10 Millionen Kronen. Und doch
sollte es dem Herrn Jacobsen gelingen, seine Mitwelt
kraft einer von keinem seiner Landsleute geahnten fürst-
lichen Gabe zu überraschen.

Ganz einfach: Herr Carl Jacobsen, Museumsdirektor,
Dr. Honoris causa der Kopenhagener Universität, vor allem
aber »Dänischer Bürger und Bierbrauer«, hat vor
einigen Tagen der Öffentlichkeit mitgeteilt, dass er die
Brauerei Neu-Carlsberg, deren jährlicher Überschuss auf
wenigstens 600000 Kronen angesetzt worden ist, dem
»Carlsbergfond« überweisen will; zwei Drittel der Ein-
nahmen sollen der Kunst zu gute kommen. Über die
endliche Ordnung der Sache liegt noch nichts weiter vor.
Wahrscheinlich wird man doch das Nähere binnen kurzem
erfahren; ich werde dann alsbald den Lesern der »Kunst-
Chronik« davon berichten. sigurd Müller.

SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN

Berlin. Im Königlichen Kunstgewerbe-Museum ist
für kurze Zeit ein spätgotischer Schnitzaltar der Kirche zu
Waase auf der Insel Ummanz ausgestellt, welcher behufs
Wiederherstellung nach Berlin gesandt war. Das Werk
gehört nach der Marke (flache Hand) zu einer Reihe in
Antwerpen gefertigter Arbeiten, die unter sich mehr oder
minder verwandt vom Rheinlande über Nordwestdeutsch-
 
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