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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 13.1902

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Haendcke, Berthold: Alonso Berruguete und Donatello
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https://doi.org/10.11588/diglit.5809#0081

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KUNSTCHRONIK

WOCHENSCHRIFT FÜR KUNST UND KUNSTGEWERBE

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Verlag von E. A. SEEMANN in Leipzig und Berlin SW., Dessauerstr. 13

Neue Folge. XIII. Jahrgang. 1901/1,902. Nr. 10. 27. Dezember.

Die Kunstchronik erscheint als Beiblatt zur »Zeitschrift für bildende Kunst« und zum »Kunstgewerbeblatt« monatlich dreimal, in den Sommer-
monaten Juli bis September monatlich einmal. Der Jahrgang kostet 8 Mark und umfasst 33 Nummern. Die Abonnenten der »Zeitschrift für bildende
Kunst« erhalten die Kunstchronik gratis. — Für Zeichnungen, Manuskripte etc., die unverlangt eingesandt werden, leisten Redaktion und Verlags-
lundlung keine Oewähr. Alle Briefschaften und Sendungen sind zu richten an E. A. Seemann, Berlin SW., Dessauerstr. 13. Inserate, ä 30 Pf. für
die dreispaltige Petitzeile, nehmen ausser der Verlagshandlung die Annoncenexpeditionen von Haasenstein & Vogler, Rud. Mosse u. s. ,w. an.

ALONSO BERRUOUETE UND DONATELLO.

Die Geschichte der spanischen Plastik ist noch
so wenig durchgearbeitet, dass es vielleicht erlaubt
ist, eine an sich recht unbedeutende Beobachtung zur
Kenntnis der Fachgenossen zu bringen.

Nach Cean Bermudez, der bis auf den heutigen
Tag der ergiebigste Schriftsteller über spanische
Künstler ist, kam Alonso Berruguete (geboren c. 1480
in Paredes de Nava) im Jahre 1503 nach Florenz.
Er studierte eifrig die Künstler, die in dieser Stadt
gelebt und gearbeitet hatten und begleitete 15041) sein
Vorbild Michelangelo nach Rom. Er vollendete hier,
wie es heisst, ein nachgelassenes Werk des Filipp(in)o
Lippi für die Mönche von St. Hieronymus. Im
Jahre 1520 kehrte er nach Spanien zurück. Alonso
Berruguete gilt — und zwar mit Recht — als der be-
gabteste Vertreter des Stiles Michelangelo's in der spa-
nischen Bildhauerkunst. Die Reliefs, die der Künstler
in Alabaster für die Kathedrale zu Toledo meisselte,
beweisen deutlich, dass er sich der Grundprinzipien
des Florentiners bewusst geworden war. Er ver-
mochte sich um so freier in diesen Bahnen zu be-
wegen, als er über eine Michelangelo in gewisser
Hinsicht einigermassen verwandte künstlerische Be-
anlagung verfügte. Berruguete besass vor allem eine
bedeutende plastische Vorstellungskraft, ein stark er-
regbares, phantasiebegabtes Innenleben, das den
schaffenden Bildner sogar über die erlaubten Grenzen
hinwegführte, wie z. B. gelegentlich der Erfindung
der Holzreliefs von San Benito zu Valladolid. End-
lich sei auch seines tief eindringenden Blickes ge-
dacht, der in den Seelen der Menschen zu lesen ver-
stand. Seine Porträts in Salamanca und Toledo thun
dies dar.

Die Holzreliefs von San Benito, deren ich eben
gedacht, Hessen mich zuerst an Beziehungen Berru-
guete's zu Donatello denken. Die aller Fesseln
spottende \ dämonische Leidenschaft, die diese Ar-
beiten beherrscht, erinnerte stark an die, die in den
Reliefs tobt, die Donatello für die Kanzeln in San
Lorenzo formte. Soweit es mir meine Erinnerung
und das mir zu Gebote stehende Vergleichungs-

1) Pasö ä Roma el aiio 1504 en compania de Buo-
narota su maestro.

material gestattete, ging ich dieser Wahlverwandtschaft
der beiden Meister nach. Hierbei fand ich ein Werk

A. Berruguete, Opfer Abrahams.
 
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