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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 13.1902

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Schmidt, Karl Eugen: Der Salon der Société Nationale
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Ein neuer Giorgione
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5809#0212

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407 E'n neuer Giorgione. Nekrologe. Stiftungen. Denkmäler. Denkmalpflege. Ausgrabungen und Funde. 408

Alles in allem kommt man nach der Durchwanderung
der Säle zum Schlüsse, dass dieser Salon weder einen
merklichen Fortschritt, noch einen Rückschritt bedeutet.
Man kann aber auch nicht sagen, dass die französische
Kunst still stände: nur ist der Fortschritt von Jahr zu Jahr
selbstverständlich so gering und klein, dass er sich selbst
aufmerksamen Augen verbirgt. Indessen steht doch fest,
dass die diesjährige Ausstellung sich ihren Vorgängern
würdig anreiht und im ganzen wohl das Prädikat »gut«
verdient. karl eugen schmidt.

EIN NEUER GIORGIONE

(Abbildung S. 406)

»Tizian's Jugendzeit werden jetzt meist zwei Werke
zugeschrieben, die früher Giorgione benannt wurden:
Christus als Schmerzensmann, in der Scuola di S. Rocco
zu Venedig und der kreuztragende Christus in der
Kirche S. Rocco daselbst«, so liest man in der letzten
Auflage des Cicerone II, S. 845. Die Zuerteilung des
kreuztragenden Christus an Giorgione, die Antonio della
Rovere in »Arte e Storia« (10. Februar 1902) vorge-
nommen hat, ist also eigentlich nichts Neues. Immer-
hin verdienen seine Ausführungen Beachtung, vor allem
in der Gegenüberstellung zweier sich widersprechender
Angaben Vasari's, der das Bild in S. Rocco im Leben
Giorgione's dem Giorgione, im Leben Tizian's dem Tizian
zuerteilt. Eine andere Schriftquelle allerdings — der Ano-
nymus Morelli nämlich — welche besagt, dass ein Kopf
des hl. Jakobus im Hause des Antonio Pasqualin von
Giorgione selbst oder einem seiner Schüler nach dem
Christus in San Rocco kopiert worden sei, hat für die
Autorschaft Giorgione's, was letzteren anlangt, keine Be-
weiskraft. Leider ist das Bild in San Rocco, welches hoch
und schlecht gehängt ist, aufs ärgste zerstört. Anderson's
ausgezeichnete Photographie lässt fast mehr erkennen als
das Original, welches Antonio della Rovere in engen
stilistischen Zusammenhang bringt mit den sogenannten
drei Menschenaltern im Palazzo Pitti. Liegt die Ver-
gleichung mit dem Zinsgroschen Tizian's nicht weit näher?
Jedenfalls ist es dankenswert, dass der hohe künstlerische
Wert des wenig beachteten Gemäldes der Chiesa di San
Rocco festgestellt worden ist. Möchte sich auch der
Wunsch des Verfassers erfüllen, dass das Bild in der Aka-
demie Venedigs einmal einen Ehrenplatz findet, vor der
Gefahr völligen Unterganges geschützt, dem es in der
Kirche schnell entgegengeht. e. st.

NEKROLOGE

Karl von der Hellen, Landschaftsmaler, geboren
1843 in Bremen, Schüler von Oswald Achenbach und
Hans Gude, starb in Düsseldorf am 12. April.

Düsseldorf. Der Landschaftsmaler H. L. Brinckmann,
Schüler J. W. Schirmer's, ist am 10. Mai gestorben. Er
wurde 1830 in Horneburg geboren, machte sich durch an-
sprechende einfache Motive bekannt und war auch als
Illustrator thätig.

STIFTUNGEN
Berlin. Baronin Oppenheimer hat dem deutschen
Kaiser eine Million Mark für Kunstzwecke zur Verfügung
gestellt.

Budapest. Der in Stuttgart lebende Kunstschriftsteller
C. von Fabriczy hat sein Vermögen, 204000 Kronen, mit
Vorbehalt lebenslänglichen Zinsgenusses der Ungarischen
Akademie in Budapest überwiesen. (Voss. Ztg.)

Rom. Don Marcello Massarenti Ordelaffi, welcher
seit langen Jahren eine Unmasse antiker und moderner

Kunstgegenstände in einem grossen Appartamento unweit
von St. Peter aufgehäuft hat, machte vor kurzem dem
italienischen Staat ein Geschenk miit vier Hauptstücken seiner
Sammlung. Die Sammlung ist eben durch ein königl. Dekret
sanktioniert worden. Sie besteht in einem antiken Bronzekopf
und in drei modernen Gemälden: Kampf des Ritters Georg
mit dem Drachen, dem Pordenone zugeschrieben; Bildnis
des Bernini von Philippe de Champagne; Bildnis Raffael's
von ihm selbst gemalt (?). Es ist zu hoffen, dass diese
Gemälde bald in der Corsiniana Aufstellung finden werden.
Vor allem das sogenannte Porträt Raffael's besitzt hohen
künstlerischen Wert, und jetzt, wo das Werk allgemein zu-
gänglich wird, darf man hoffen, dass es gelingen wird
wenigstens den Künstler festzustellen. e. st.

Karlsruhe. Grossherzog Friedrich hat der Stadt Karls-
ruhe anlässlich seines fünfzigjährigen Regierungsjubiläums
ein Denkmal des Gründers der Stadt, Markgraf Karl Wilhelm,
gestiftet, mit dessen Ausführung Bildhauer Friedolin Dietsche,
Professor an der Grossh. Kunstgewerbeschule hier, beauf-
tragt worden ist. k. w.

DENKMÄLER

In Philadelphia wird ein Kriegerdenkmal errichtet
werden, dessen Ausführung dem Bildhauer Alb. Moritz
Wolff in Rixdorf bei Berlin übertragen worden ist. Zu
dem Guss hat der deutsche Kaiser ein Kanonenrohr be-
willigt.

DENKMALPFLEGE

Zur Wiederherstellung des Heidelberger Schlosses.

Nach einer Mitteilung der Karlsruher Zeitung vom 19. April
1902 ist am 17. April unter dem Vorsitze des Geheimen
Oberfinanzrates Göller eine Kommission zusammengetreten,
um festzustellen, mit welchen Mitteln dem weiteren Ver-
falle des Schlosses Einhalt geboten werden könne. Mit-
glieder dieser Kommission waren die Herren Prof. Jassoy
und Prof. Fischer aus Stuttgart, Stadtbaumeister Thoma
aus Freiburg, Geheimrat Böckelmann und Oberbaurat
Eggert aus Berlin, Professor Bluntschli aus Zürich. Einst-
weilen spricht man von den ungeheueren Fortschritten der
Verwitterung. Der Schäfer'sche Entwurf kam nicht zur
Beratung. Hoffentlich erfährt die Öffentlichkeit bald
genaueres über die Ergebnisse der Untersuchung, e. p.

Zu unserem Artikel in Nr. 21 vom 3. April haben wir
berichtigend hinzuzufügen, dass die von 24 Berliner Archi-
tekten unterzeichnete Erklärung gegen den Wiederausbau
des Schlosses nicht von einer Minderheit des Architekten-
vereins, sondern der »Vereinigung Berliner Architekten«
herrührt, die sich in ihrer Mehrheit ebenfalls für die Wieder-
herstellung ausgesprochen hatte.

Schloss Burg an der Wupper, bei Solingen, ist in
Wiederherstellung begriffen. Das preussische Kultus-
ministerium hat, wohl auf Veranlassung Kaiser Wilhelm's IL,
die Kapelle durch Professor W. Spatz mit Wandgemälden
versehen lassen. Den Rittersaal verziert Professor Klaus
Meyer gegenwärtig mit Darstellungen aus der bergischen
Geschichte.

AUSGRABUNGEN UND FUNDE

In Arles hat man, wie die »Voss. Ztg.« mitteilt, grosse
Mosaiken aufgefunden; eines von 37s zu 2 Meter Grösse
stellt die Entführung der Europa dar und zeichnet sich durch
gute Erhaltung und grosse Schönheit aus.

Wandmalereien aus dem 15. Jahrhundert sind dem
Schwäbischen Merkur vom 15. April zufolge auf Burg
Neipperg entdeckt worden (Oberamt Brackenheim).
 
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