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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 13.1902

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Schleinitz, Otto von: Neues aus London
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5809#0062

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107 Bücherschau. 108

Sequeria«, ein portugiesischer Arzt, und Sir William
Blackstone«. Auch die pastorale Landschaft des Meisters
muss als ein vorzügliches Bild hervorgehoben werden.

Der Herzog von Marlborough hat von^Schloss Blen-
heim sein berühmtes Bild von Reynolds, »Herzogin von
Marlborough mit Kind«, geliehen. Von dem dritten grossen
zeitgenössischen Porträtmaler, George Romney, rühren
zwei Bildnisse von ausserordentlicher Schönheit her: »Mrs.
Jordan, Schauspielerin und Protegee von König Wilhelm IV.
von England«, sowie »Mrs. Stratford Canning mit Kind«.
Diese Dame war die Schwester von Lord Stratford de
Redcliffe.

Die Kunst, des altenglischen Malers Hoppner, der
augenblicklich vielleicht der gesuchteste Porträtist hier ist,
wird durch zwei Bildnisse besonders gut dargestellt:
»Mary Stuart Wortley« und »Miss Crewe«. Das letzt-
erwähnte Werk kann wahrscheinlich als das beste gelten,
das überhaupt von diesem Meister bekannt sein dürfte.
Die Preise für Arbeiten von Hoppner sind so unerschwing-
liche geworden, wenigstens nach kontinentalen Begriffen,
dass an eine Anschaffung für unsere Galerien kaum noch
zu denken sein wird. Seit langen Jahren habe ich wieder-
holt an dieser Stelle auf die kommende und berechtigte
Vorliebe, sowohl für diesen Meister, als auch auf Raeburn
hingewiesen! »Luisa Manners« wurde unlängst mit
295000 Mark und »Mrs. Farthing«, gleichfalls von des
ersteren Hand, mit 168000 Mark bezahlt. Von dem
Schotten Raeburn befinden sich in der Galerie Agnew
zwei sehr anziehende Porträts: »Wilhelmina Ross« und
»Alicia, Lady Steuart«.

Von den Landschaftern nenne ich der Kürze halber
nur drei allererste Namen: Bonington mit einem kleineren
Gemälde, Turner mit dem »Vorabend der Sintflut«, aus
seiner dritten Periode stammend, ein etwas phantastisches,
aber hochpoetisches Werk, und schliesslich Constable, den
Vater der modernen Stimmungslandschaft. Das hier aus-
gestellte Bild »Die Schleuse«, von dem letzteren gemalt,
zeigt alle Vorzüge des Meisters und gilt als eine seiner
grandiosesten Schöpfungen. Constable stellte bei Lebzeiten
dies Bild in Frankreich aus, um dort zu zeigen, wie die
Wiedergabe einer Landschaft aussehen müsse. Dies Werk
kann auch heute noch für alle Nationen als Vorbild
dienen. —

Am 9. November wurde nach sechsmonatlicher Dauer
die internationale Ausstellung in Glasgow geschlossen,
nachdem dieselbe während dieser Zeitdauer von 11500000
Personen besucht worden war. Diese Zahl repräsentiert
das Doppelte der Besucher der Ausstellung von 1888. Der
Uberschuss der Einnahmen über die Ausgaben betrug
damals eine Million Mark, welche Summe als Grundstock
für den Bau einer Kunstgalerie diente, in der die städtischen
Sammlungen untergebracht wurden. Das Publikum steuerte
lVs Millionen durch freiwillige Beiträge hierzu bei. Dieser
hübsche Renaissancebau in rotem Stein bildete den Kern
der ausgedehnten provisorischen Bauten der diesjährigen
Baulichkeiten. Die internationale Ausstellung von 1901
erzielte einen Überschuss von ca. zwei Millionen Mark,
der zum Ankauf von Kunstgegenständen verwandt wer-
den soll. —

Der Jahresbericht der "National Gallery« enthält fol-
gende interessante Ankäufe und Erwerbungen vom Jahre
1900: »Porträt eines Mannes und seiner Frau«, von
Mabuse, für 80000 Mark angekauft. »Die Anbetung der
drei Weisen des Morgenlandes«, von Luca Signorelli, für
9000 Mark von P. und D. Colnaghi gekauft. »Die Madonna
mit dem Kind und Johannes«, von Fra Bartolommeo, für
16200 Mark erworben. Durch Vermächtnisse und Schen-
kungen gelangte das Museum und die moderne britische

Galerie zu 103 Kunstwerken, darunter namentlich: Romeo
und Julia«, von Lord Leighton; Mädchen und Kavalier«,
von J. C. Millais; von demselben »Karl I. und sein Sohn
im Atelier von van Dyck«; »Die Töchter des Meisters«,
von Gainsborough; Hampstead-heath «, von Constable;

Der Herzog von Marlborough und seine Familie« (die
Skizze zu dem Bilde in Blenheim), von Reynolds; Zeich-
nungen zu dem »Liber Studiorum , von Turner. Lady
Layard, die Gattin des berühmten Archäologen, schenkte
dem Museum ein Bild von Giovanni Bellini, Madonna
mit Kind« darstellend. Von Burne-Jones' Kunst erhielt
die neue Galerie »König Cophetua« durch Subskription
mehrerer Kunstfreunde geschenkt. Watts übermittelte.der-
selben Galerie als Geschenk seine beiden Werke: »Die
triumphierende Liebe« und »Zeit,[/rod und Gericht« Lady
Täte spendete »Die Jugend Raleigh's«, von Millais. Auf
der anderen Seite ereignete sich der merkwürdige Um-
stand, dass die Galeriedirektion auf Anraten ihres Rechts-
beistandes 20 Bilder, darunter das ausserordentlich wert-
volle Porträt »Lady Cockburn und ihre Kinder«, von
Reynolds gemalt, an die Erben von Lady Hamilton heraus-
gab. Die letztgenannte Dame hatte 1892 die betreffenden
Bilder der Galerie vermacht, besass aber hierzu, wie sich
nachträglich herausstellte, keine Berechtigung. Ferner wird
aus dem Bericht ersichtlich, dass die Verwaltung der alten
Galerie das an dieselbe anstossende Haus in Trafalgar-
Square ankaufte, weil in demselben im Laufe des Jahres
Feuer ausgebrochen war und die Sicherheit der Galerie
auf das äusserste gefährdet erschien. Das betreffende Ge-
bäude wird wahrscheinlich gänzlich beseitigt werden.

Das alte Museum wurde im Jahre 1900 während der
freien Eintrittstage (206) von 479139 Personen besucht,
mithin betrug die Durchschnittszahl pro Tag 2325. An
31 Sonntagen besuchten die Galerie 38761 Personen.
Donnerstags und Freitags, den für die Studierenden reser-
vierten Tagen, besuchten das Museum 47163 Personen
gegen Eintrittsgeld ä 50 Pfennig.

Das Institut der -National Portrait Gallery^ erfreut
sich nach wie vor des regsten Beifalls der gesamten eng-
lischen Bevölkerung und man kann zweifellos behaupten,
dass es überhaupt das populärste Kunstinstitut Englands
ist. Schenkungen fliessen ihm unausgesetzt reichlich zu,
ein Umstand — und man darf dies niemals vergessen —,
der allerdings recht häufig in der menschlichen Eitelkeit
seine Begründung findet. Die wertvollsten Neuerwerbungen
sind folgende: »Sir George Grey«, gemalt von Hubert
von Herkomer; »Königin Victoria«, von David Wilkie;
der erste »Herzog von Sutherland«, 1758—1833, grosser
Kunstbeschützer und Gesandter bei Ludwig XVI., gemalt
von Thomas Philipps; »Gottfried Plantagenet«, 1158—1161,
Sohn Heinrich's IL, eine Reproduktion nach einem Email-
porträt im Museum von Le Mans, geschenkt von Gou-
pil & Co.; »Benjamin Disraeli, Lord Beaconsfield«, 1804
bis 1881, Miniaturporträt von Kenneth Macleay; das Por-
trät des Malers »Mason«, von Valentin Prinsep; Marmor-
büste des Admirals Collingwood, 1750- 1810, unbekannter
Meister; »George Cruikshank«, der bekannte Karikaturist,
1792—1878, Büste von W. Behnes; »König Eduard VI.
von England«, ehemals im Besitz Karl's I.

O. t. SCHLEINITZ.

BÜCHERSCHAU
Zwei neue Kunstgeschichten werden zu gleicher
Zeit angekündigt: eine von Cornelius Ourlitt in zwei Bän-
den (95 Bogen stark mit 30 Bildertafeln), die gebunden
48 Mark kosten sollen, und eine einbändige von Adolf
Rosenberg, 40 Bogen mit 800 Abbildungen, kartonniert für
12 Mark, gebunden für 15 Mark erhältlich. Das erste
 
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