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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 13.1902

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Bredius, Abraham: Galerie hervorragender Gemälde erster Meister: (Auktion Köln 5. - 6. Nov. 1901 Lempertz' Söhne)
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Schmid, M.: Das Kaiser Wilhelm-Denkmal zu Aachen
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5809#0043

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6g

Das Kaiser Wilhelm-Denkmal zu Aachen.

— Vereine und Gesellschaften.

70

putzt. (100 M., Strädel.) Wie die »Kunstfreunde«
Nr. 67 als Du Jardin an den Markt zu bringen
wagten, verstehe ich nicht; es war ein vlämisches Bild
in der Art des van Bioemen, aber schlechter. (Zurück.)

Ich möchte der Firma Heberle-Lempertz in ihrem
Interesse raten, hinfort bessere Bilder mit Katalogen ohne
zuviel Gelehrtheit, aber zeugend von einer grösseren
Wahrheitsliebe, an den Markt zu bringen. Für diese

Mystifikation — suche ich vergeblich nach einem
energischen Wort.

Köln, 6. Nov. 1901. A. BREDIUS.

DAS KAISER WILHELM-DENKMAL
ZU AACHEN
Im Jahrgang 1897 der Kunstchronik wurde von
einer Denkmals-Konkurrenz in Aachen berichtet, in
der Rudolf Maison, Fritz Schaper und Clemens
Buscher den Preis davontrugen. Nach dem Urteil
der meisten Künstler ragte Rudolf Maison's Entwurf
weit über die beiden anderen hervor. Es war viel-
leicht das Beste, was dieser Meister überhaupt er-
sonnen. Ein schlichter Sockel, nicht zu hoch, davor
ein flaches Becken, darin auf einem Felsblock eine
prächtige, sehnige Siegfriedsgestalt, die den mächtigen
Drachen, den Erbfeind Deutschlands, niedergekämpft
hat, dazu die drei Rheintöchter, die jubelnd die neue
Kaiserkrone zum Sonnenlichte, zum neuen Kaiser
emportragen.

Zunächst missfiel in Aachen die Nacktheit des
Siegfried und der Rheintöchter. Über die Nacktheit
des Drachen und des Pferdes liefen keine Klagen ein.
Aber Meister Maison musste den Rheintöchtern Hals-
ketten umlegen, um ihre Blosse zu decken, er musste
ihnen Schilfkränze winden, bis er schliesslich dieses
Spieles müde wurde und die Schneiderkünste aufgab.

Der Maison'sche Entwurf wurde schliesslich trotz
alledem vom grossen Komitee abgelehnt, einfach durch
Majoritätsbeschluss. Die Gründe der Majorität zu er-
gründen ist hier nicht der Ort.

Angenommen wurde ein von Schaper-Berlin ge-
schaffener und neben Maison preisgekrönter Entwurf.
Das war das gute (oder böse?) Recht der Majorität.
Am 18. Oktober 1901 ist dieses Denkmal enthüllt.
Was hat nun Aachen gewonnen, nachdem es Maison's
Entwurf leichten Herzens aufgegeben?

Eine Durchschnittsarbeit, aber leider keine gute.
Schaper's Können bewegt sich schon seit einiger Zeit
nicht in aufsteigender Linie. Hier aber bewies er,
dass er der grossen Aufgabe, ein umfangreiches
Monument zu gestalten, nicht Herr werden konnte.
Schaper setzt den Kaiser, mit Uniform, Helm und
Mantel bekleidet, auf ein ruhig stehendes Pferd. Das
ist nicht neu, nicht originell. Aber es giebt das Bild,
das mancher alte Krieger im Herzen trägt, schlicht
und kunstlos wieder. Das ist weit besser, als die
Schulreiterei, die sonst auf Denkmalssockeln getrieben
wird. Der Sockel aber, mitsamt dem Haufen alle-
gorischer Zuthaten daran, ist leider höchst unerfreu-
lich. Zunächst ist der Sockel viel zu hoch, man sieht
vom Pferde meist Bauch und Schwanz. Maison
hatte den Sockel niedrig gehalten und ihn hinter dem

Wasserbecken so angeordnet, dass man dadurch den
richtigen Abstand vom Standbild gewann. Daraus
hätte man lernen sollen.

Allerdings nahm auch Schaper den Gedanken des
»Wasserbeckens« auf. Aber er brachte es nur zu
zwei Wassernäpfen an beiden Seiten des Denkmals,
die trostlos, unorganisch dem Sockel angehängt sind.
Sollte Brunnen und Denkmal verbunden werden, so
hätte man eben gleich bei der Anlage darauf Rück-
sicht nehmen sollen. Hier wirkt es widersinnig.

Aber Meister Schaper empfand noch anderes von
Maison's Entwurf herüber. An beiden Seiten des
Denkmals hatte er die bei jedem normalen Denkmal
obligatorischen »allegorischen Gruppen« vorgesehen.
Hier sollte rechts der Krieg, den Frieden beschirmend,
sitzen. Ein Adler hockte daneben auf dem Felsen.
Schaper verwandelte ohne viel Besinnen den Adler
in einen Drachen — und so ward aus dem Mars
ein Siegfried. Aber wenn zwei dasselbe modellieren,
ist es nicht dasselbe. Maison's Drache war ein ge-
waltiges Fabeltier von erschreckender Wahrheit ge-
wesen. Schaper's Drache, klein und unansehnlich,
an den Denkmalsockel geklemmt, gleicht eher einem
gerupften Vogel mit Krokodilskopf. Doch soll nicht
unbemerkt bleiben, dass wenigstens die Jünglings-
gestalt des Friedens neben dem Mars-Siegfried hübsch
und gefällig in der Bewegung ist.

Der allegorischen Gruppe auf der anderen Sockel-
seite fehlt aber solche versöhnende Gestalt. Auf einer
Felsplatte sitzt eine korpulente Dame, etwas geschmack-
los mit einem langen Rock kostümiert, und streckt
einen Lorbeerzweig nach dem gegenüberliegenden
Geschäftshaus hin. Unter der Felsplatte ist ein Gorilla-
mässiges Ungeheuer eingeklemmt, das Wasser speit.
Eine seltsame Anspielung auf die Aachener Quellen.
Ein Jüngling zur Linken ist dazu verdammt, sich nun
in alle Ewigkeit zur Quelle herabzubeugen und
Wasser in einem Becher aufzufangen, aus dem er
niemals trinken darf. Man denkt an Tantalus.

Das ist es — was man statt des feinsinnigen,
malerisch und plastisch so reizvollen Maison-Ent-
wurfes eingetauscht hat. Ein Reiterbild, wie deren
Hunderte in Deutschland stehen. Am Sockel, der
ungeschickt als Springbrunnen arrangiert ist, Alle-
gorien, die in ihrer Plattheit und Nüchternheit ab-
stossend wirken, unerfreulich im einzelnen. Statt
eines grossen Entwurfes Flickwerk und Stückwerk,
statt reifer Schönheit viel guter Wille. Das ist das
Resultat des Majoritätsbeschlusses einer Kommission,
in der Künstler fast gar nicht vertreten waren. Das
muss festgestellt werden vielleicht nützt es bei
anderer Gelegenheit. m. schmid.

VEREINE UND GESELLSCHAFTEN
Berlin. In der am 11. Oktober abgehaltenen Sitzung
der Kunstgeschichtlichen Gesellschaft in Berlin wurde an
erster Stelle von dem als Gast anwesenden Herrn C. von
Fabriczy ein Vortrag über den »Erzgiesser Adriano Fioren-
tino« gehalten. Der Künstler, zuerst bei dem von Jacopo
Morelli herausgegebenen Anonymus (1800) als Giesser
einer in Padua befindlichen Bronzegruppe des Bellerophon
mit dem Pegasus Bertoldo's genannt, gehörte nach seiner
 
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