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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 13.1902

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Graevenitz, G. von: Das Castello di Milano
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5809#0022

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Römische Neuigkeiten. Nekrologe. Personalien. Ausgrabungen und Funde.

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Andenken König Umberto's gewidmet sein, der dem
Wiederaufbau des Kastells dauernd das lebhafteste Inter-
esse zugewendet hat; er wird das Reliefbild des ver-
ewigten Monarchen und die Inschrift MCMI Primo -

Crudelis ...... Mortis Regis — Humberti I — die —

anniversario tragen. Das von Beltrami gefertigte Modell
der torre Umberto, dessen Abbildung wir unseren Lesern
bieten, lässt erkennen, dass die Hauptfassade der Burg
durch den Neubau einen wirkungsvollen Abschluss finden

wird. O. v. GRAEVENITZ.

RÖMISCHE NEUIGKEITEN

Rom. Auf eine fast unglaubliche Weise ist Sasso-
ferrato's Madonna del Rosario wiedergefunden worden.
Die Polizei hatte ausfindig gemacht, dass sich das Gemälde
bei einem Portier in der Via Nuntoro befand. Einige
Agenten bemühten sich erfolgreich um die Freundschaft
des Mannes und erfuhren endlich aus seinem eigenen
Munde, dass das Gemälde in seinem Besitz sei. Um das
Bild zu erlangen, bediente man sich einer weiteren List.
Beiläufig wurde ein amerikanischer Bilderhändler erwähnt,
der hohe Preise zahle und im Hotel Marini wohne. Der
Dieb ging ohne weiteres auch in diese Falle. Er verlangte
20000 Franken, man bot ihm 12000 und einigte sich
schliesslich auf 16000. Anfangs sollte der Handel auf dem
Campo di Fiore — also im Centrum Roms, auf dem be-
suchtesten Trödelmarkt Italiens — abgeschlossen werden,
schliesslich aber gelang es, den Verkäufer zu bestimmen,
das Bild selbst ins Hotel Marini zu bringen. Der Käufer
war ein Polizeiagent, und seine Siegesfreude mag gross
gewesen sein, als der Dieb sein Bild entrollte und Sasso-
ferrato's Meisterwerk zum Vorschein kam. Felici — das
ist sein Name — und ein Helfershelfer wurden sofort ver-
haftet. Zwei andere Verhaftungen wurden in den Prati
di Castello vorgenommen, bei welcher Gelegenheit man
auch allerhand Diebesgerät und falsche Schlüssel fand.

Die Spuren, welche die Dominikaner angeben konnten,
und welche dann mit grossem Eifer weiter verfolgt worden
sind, waren von Anfang an die richtigen. Unbegreiflich
bleibt nur der Leichtsinn der Diebe, welche die Stirn hatten,
ein gestohlenes Gemälde, das in Rom nicht nur die Fremden,
sondern auch alle Römer kennen, nach weniger als einem
Monat einem vermeintlichen Fremden anzubieten. So wird
das herrliche Gemälde, welches man schon in Amerika
glaubte, über kurz oder lang wieder an seinen Platz zurück-
kehren und die Schicksale des Bildes werden seinen Ruhm
noch erhöhen. —

Der monumentale Palazzo Torlonia, dem Palazzo
Venezia gegenüber, ist nur noch ein Trümmerhaufen.
Trotz der ungewöhnlichen Hitze im August und September
dieses Jahres sind die Zerstörungsarbeiten mit grösster
Schnelligkeit vor sich gegangen. Sie umfassen nicht den
Palast Torlonia allein, sondern das ganze Terrain zwischen
Forum Trajanum und Palazzo Venezia bis zur Via Na-
zionale und zur Präfektur hinan. Inwieweit das Denkmal
Vittorio Emanuele's diesen weiten Platz füllen wird, davon
kann man sich heute noch keine Vorstellung machen. Je
mehr der Palast Torlonia allmählig vom Erdboden ver-
schwindet, desto gewaltiger heben sich die Mauermassen
Paul's IL empor, desto dringender wird die Frage, ob man
es wirklich wagen wird, an diesen historischen Bau -
vielleicht dem herrlichsten aller Paläste in Rom — zer-
störende Hand anzulegen. Zur Zeit scheint es ja allerdings
beschlossene Sache zu sein, den Palazzetto di Venezia«
abzureissen, welcher dem düsteren, festungsartigen Bau des
Palazzo einen freundlicheren malerischen Charakter verleiht
und den Gesamtcharakter des Palastes vorwiegend mit be-

stimmt. Auch die Zerstörung des Torlonia-Palastes war
gewiss kein leichtes Opfer, was dem Denkmal Vittorio
Emanuele's gebracht werden musste, dessen ungeheure
Verhältnisse den Fernerstehenden wenigstens befremden
müssen; obwohl schwerlich jemand genau erfahren wird,
welche Unsummen der Bau bereits verschlungen hat und
noch verschlingen wird. Alle Kunstschätze, die Fürst
Alexander Torlonia in seinem Palast angehäuft hatte, werden
nach Amerika wandern, unter anderm wie es heisst, auch
das Fussboden-Mosaik aus der Villa Hadriana. Noch eine
andere Erinnerungsstätte wird dem gigantischen Denkmal
zum Opfer fallen und die Marmortafel, welche sie bezeich-
nete, ist bereits entfernt. Ganz in der Nähe des Trajans-
Forums, der Madonna di Loreto schräg gegenüber, hatte
Michelangelo sein Häuschen und seine Werkstätte. Er
erwähnt diese Wohnung am >Maccell' de Corvi« in seinen
Briefen mehr als einmal. Wir dürfen annehmen, dass er
hier nach dem Tode Julius II. den Moses von S. Pietro in
Vincoli gearbeitet hat, dass er hier auch seine späteren
Lebensjahre verbrachte. Zwar giebt uns der Meister selbst
ein abschreckendes Bild von seiner Wohnung in einem
sarkastischen Gedicht, aber wir erfahren aus anderen
Quellen, dass Michelangelo hier ein Gärtchen hatte, welches
ihm reiche Früchte trug an Wein und Granatäpfeln. Haus
und Garten waren übrigens schon durch spätere Bauten
längst zerstört, und so geht dem Michelangelo-Kultus
eigentlich nichts verloren, wenn auch diese wieder fallen.

e. st.

NEKROLOGE

Madrid. Spanien hat einen seiner bedeutendsten mo-
dernen Maler verloren: Luiz Alvarez ist gestorben. 1841
in Madrid geboren, und auf der dortigen Akademie ge-
bildet, ging er schon mit sechzehn Jahren nach Rom und
begann bald der Historienmalerei seine Kraft zuzuwenden.
Seinen ersten grossen Erfolg errang er 1861 mit dem
>Traum der Calpurnia . Bald aber vertiefte er sich in die
Geschichte seines Heimatlandes und diesen spanischen
Historienbildern verdankt er seine europäische Berühmtheit.
Eine seiner glänzendsten Arbeiten besitzt die Berliner Na-
tionalgalerie, den Königssitz Philipp's II.«, ein Werk, das
durch die Kraft der Charakteristik und der Farbe sich weit
über die Behandlung derartiger Stoffe etwa durch die
Pilotyschule sich erhebt. Auch als Direktor der Prado-
Sammlungen hat sich Alvarez in den letzten Jahren ver-
dient gemacht.

Prag. Am 1. Oktober verstarb, 56 Jahre alt, der Bild-
hauer Boguslav Schnirch. Eine ganze Reihe seiner Ar-
beiten schmückt seine Vaterstadt, insonderheit gilt seine
1894 geschaffene Reiterstatue des heiligen Wenzel als sein
Hauptwerk.

PERSONALIEN

Berlin. Der Verein Berliner Künstler hat den Maler
Boberstein zum 2. Vorsitzenden gewählt.

Wien. An der Wiener Akademie der bildenden Künste
sind die Professoren Kaspar von Zumbasch und August
F.isenmenger in den Ruhestand getreten. Man darf hoffen,
dass junge, bedeutende Kräfte in die Bresche gestellt werden.

AUSGRABUNGEN UND FUNDE
Schweiz. Einem Vortrage, den Professor Rahn zu
Chur in der Jahresversammlung der »Gesellschaft zur Er-
haltung geschichtlicher Denkmäler in der Schweiz« gehalten
hat, ist zu entnehmen, dass im Laufe des Jahres alte
Schweizer Wandmalereien, und zwar ganze Bildercyklen,
zutage gefördert worden sind. Im alten Schloss zu Sargans
 
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