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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 13.1902

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Schleinitz, Otto von: Londoner Brief
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5809#0140

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263

Bücherschau. — Institute und Kongresse.

264

Allgemeine Verwunderung erregte es in London, dass
in dem nunmehr beendeten »Dictionary of National Bio-
graphy« die Namen zweier eng mit der Kunst verbundenen
Personen in dem erwähnten Werke fehlen. Diese sind:
Buchanan und J. Smith. Der erstere war anfangs Rechts-
gelehrter, dann Bilderhändler und Verfasser des Buches:
»Memoirs of Painting with a chronological History of the
Importations of Pictures by the great Masters into England
since the French Revolution«. J. Smith ist der Autor des
bekannten Catalogue Raisonne«. Beide haben durch ihr
Kunstverständnis und Anregung dazu am meisten beige-
tragen, den enormen Bilderschatz in England anzuhäufen.

Unter den im Monat Januar und Februar dieses Jahres
versteigerten Sammlungen erreichten besonders altenglische
Kupferstiche sehr hohe Preise. Von der in der ersten
Hälfte des vorigen Jahrhunderts durch den verstorbenen
Mr. F. K. Say angelegten Kollektion brachten nach-
stehende Blätter, in der Auktion bei Christie am 15. Ja-
nuar, die höchsten Angebote: Nach Reynolds: »Lady Bam-
pfylde«, ganze Figur, von T. Watson, erste Publikation,
5880 M. Nach demselben »Mrs. Abington«, als komische
Muse, von J. Watson, erster Plattenzustand, 2624 M. »Lady
Betty Delme«, gleichfalls nach Reynolds, von Val Green,
zweiter Plattenzustand, 1800 M. »Lady Sarah Bunbury«
(Sarah Lenox), von E. Fischer gestochen, 1840 M. Nach
demselben, »Miss Kemble , die Schauspielerin, von J.Jones,
1670 M. »Mrs. Sarah Siddons«, als tragische Muse, von
F. Howard, 1176 M.

Eine wertvolle Kollektion alten Porzellans, gesammelt
durch den verstorbenen Mr. J. G. London, brachte gleich-
falls hohe Preise. Zu den am höchsten bezahlten Gegen-
ständen gehörte ein schön gemaltes Sevres-Service, unge-
fähr aus dem Jahre 1775 stammend, das 67200 M. erzielte.
Ein Paar Chelsea-Vasen kamen auf 12000 M., und je nach
der Güte der Objekte, wurden verhältnismässig ähnliche
Preise bewilligt, so dass die ganze, aus 128 Nummern be-
stehende [Sammlung mit rund 210000 M. bezahlt wurde.

Am 8. Februar wurde John Ruskin's, von Onslow Ford
modelliertes Bildnis in Medaillonform in der Westminster-
Abtei enthüllt. Ruskin ist dargestellt zur Zeit als er die
»Modern Painters« schrieb. Es war das letzte Werk des
Bildhauers Onslow Ford, dessen Nekrolog in Nr. 11 der
»Kunstchronik« enthalten ist.

Über das seiner Zeit der Handlung Agnew entwen-
dete Porträt der »Herzogin von Devonshire«, welches Mr.
Pierpont Morgan für 500000 M. jetzt erwarb, hat sich das
Dunkel insofern gelüftet, als der Übelthäter Worth kurz
vor seinem Tode ein Geständnis ablegte.

O. VON SCHLEINITZ.

BÜCHERSCHAU

Herbert P. Hörne, The story of a famous Botticelli

»The Monthly Review«. Februar 1902. p. 133.
Der Verfasser dieser Studie teilt ein Dokument mit,
welches über den ursprünglichen Standort des Gemäldes Bot-
ticelli's »Die Anbetung der Könige« Aufschluss giebt, das
heute in den Uffizien bewahrt wird. Dieses schönste unter
den Tafelbildern des Florentiner Meisters schmückte nicht,
wie Vasari angiebt, den Altar zur Linken des Haupteinganges
von S. Maria Novella, sondern den Altar zur Rechten, über
welchem man heute Masaccio's Fresko der Dreieinigkeit
erblickt. Das Dokument, welches Home in dem Sepol-
crario von S. Maria Novella entdeckte, giebt auch über die
weiteren Schicksale des Magierbildes Auskunft, welches
Fabio Mondragone, der Kammerherr des Francesco de'
Medici aus der Kirche entfernte und in seinem Palast
ganz in der Nähe aufstellte. Als der spanische Edelmann

im Jahre 1575 in Ungnade fiel und Florenz verlassen
musste, gelangte das Gemälde wahrscheinlich in den Be-
sitz der Medici; jedenfalls kam es im Jahre 1796 aus der
Villa Poggio Imperiale in die Uffizien. Gleichzeitig äussert
der Verfasser seine Meinung über die Entstehungszeit des
Gemäldes und der auf demselben angebrachten Porträts.
Er lässt die Anbetung schon im Jahre 1476 gemalt sein
und leugnet — wohl mit Unrecht — die allgemein aner-
kannten Porträts des Lorenzo und des Giuliano de' Me-
dici. Den künstlerischen Wert des Bildes endlich stellt
Hörne so hoch wie es schon Vasari gethan, der nicht an-
steht zu behaupten, dass Botticelli dieser Leistung die Be-
rufung an den Hof Sixtus' IV. nach Rom zu verdanken
hatte. e. St.

Herbert P. Hörne, The battle piece by Paolo Uccello

in the National Gallery »The Monthley Review«

Oktober 1901 (Nr. 13) p. 114.

Drei grosse Schlachtenbilder des Paolo Uccello, auf
Holz gemalt, werden in der National Gallery in London,
im Louvre und in den Uffizien bewahrt. Niemand hatte
sich bis heute bemüht, diese Schlachtstücke zu erklären,
niemand sich mit ihrer Herkunft und ihrem Zusammen-
hange beschäftigt. Herbert Home giebt in seiner fleissigen
Studie zunächst die Erklärung der einzelnen Kampfseenen, er
weist nach, dass die drei jetzt getrennten Bilder ursprüng-
lich zusammengehörten, und es ist ihm sogar gelungen,
den Besteller und den ursprünglichen Standort der Ge-
mälde festzustellen. Sie hingen, wie aus einem Inventar
des Medici - Besitztums vom Jahre 1492 hervorgeht, im
Schlafgemach des Lorenzo Magnifico, welches schon sein
Vater Cosimo bewohnt hatte, im grossen Medici-Palast im
Kirchspiel von San Lorenzo in der Via Larga (Palazzo
Riccardi). Sie stellten, wie dasselbe Inventar uns wissen
lässt und wie dann Hörne sehr scharfsinnig weiter aus-
geführt hat, die Schlacht von San Romano (1. Juni 1432)
in ihren Hauptmomenten dar, nämlich das Gemälde in der
National Gallery den Angriff des Niccolö da Tolentino;
das Bild in den Uffizien den Rückzug der Sienesen; das
Bild im Louvre den Angriff der Florentiner unter Micheletto
Attendoli. Dank seiner tüchtigen heraldischen Kenntnisse
ist es dem Verfasser im einzelnen gelungen, diese Er-
klärungen zu belegen: so kehrt der Walfenschmuck auf
der Fahne des Niccolo da Tolentino auf dem berühmten
Statuenbilde des Feldherrn im Florentiner Dom wieder.
Auch in den Massen stimmen die Gemälde fast vollstän-
dig untereinander mit den im Inventar von 1492 gegebenen
Massen überein. Einige neue Dokumente begleiten die
kleine ergebnisreiche Studie, in welcher nur der Ausfall
gegen die Direktion der National Gallery überflüssig er-
scheint und unangenehm berührt. Wir alle wissen, dass
gerade im Museum am Trafalgar Square die Gemälde so
schön und übersichtlich gehängt sind wie kaum in einer
anderen Galerie Europas, und wir dürfen Galerie - Direk-
tionen nicht für die Fehler verantwortlich machen, welche
aus alten Katalogen in neue Auflagen mit herüber ge-
nommen sind, so lange sie nicht durch neue Forschungen
berichtigt worden sind. Und wir zweifeln nicht, dass die
schöne Entdeckung Horne's, welche leider an sehr ent-
legener Stelle gedruckt worden ist, in den Katalogen der
Galerien, welche sie berührt, dankbarste Berücksichtigung
finden wird. e. St.

INSTITUTE UND KONGRESSE
Rom. Archäologisches Institut. In der Sitzung vom
7. Februar legte Professor Petersen Zeichnungen eines alt-
etruskischen Kuppelgrabes zwischen Quinto und Sesto
Fiorentino bei Florenz vor, welches Eigentum des alten
 
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