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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 13.1902

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Wolf, August: Neues aus Venedig, [1]
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5809#0053

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Gelthof. Bei der grossen Masse des Ausgestellten ist es
an dieser Stelle unthunlich auf einzelnes einzugehen. Durch
das Zugänglichmachen der Räume des Schatzes sind auch
zwei wertvolle Gemälde G. B. Tiepolo's ans Licht ge-
treten, die besonders alle Maler erfreuen werden.

Beim Durchwandern von Venedigs Strassen wird der
neue Schmuck der Fassade der Kirche S. Aponal von dem
fremden Kunstfreunde begrüsst werden: Als die Insel-
kirche, der hl. Helena geweiht, aufgehoben wurde, ver-
setzte man deren Portal und das grosse darüber befind-
liche Kreuz so wie anderen Skulpturenschmuck an die
Fassade der dem Kultus wieder übergebenen obengenannten
Kirche S. Apolonaris (vulgo S. Aponal). Den Schmuck des
Giebelfeldes dieses Portals jedoch brachte man nach S.
Giovanni e Paolo. Diesen Schmuck bildete die hoch-
interessante Skulpturengruppe, den General Capello dar-
stellend, welcher knieend vor der hl. Helena von dieser
das Schwert empfängt.

Hinter den beiden Statuen ist der Sarkophag des
demütig zur heiligen Fürstin aufblickenden Feldherrn. Die
Gruppe von 1480 wurde hoch oben in der Kirche im linken
Querschiffe angebracht. Nun endlich wird sie nach S.
Aponal versetzt und erhielt den Platz, den sie auf der
Insel Sta. Elena einst einnahm in dem ihr zugehörigen
prachtvollen Portale, der für sie geschaffenen Stelle, als
Grabmal des Vittore Capello.

Noch immer ist die städtische Galerie im Palazzo
Pesaro am Canal grande noch nicht eröffnet, obgleich
alles bereit ist, und diese Eröffnung schon im Juni vor
sich gehen sollte. Ich werde auf diese infolge der Inter-
nationalen Ausstellung gegründeten und sehr ange-
wachsenen Gemälde- und Skulpturensammlung zurück-
kommen, wenn solche erst dem Publikum übergeben sein
wird.

Das Museo civico ist um ein weiteres hochinteressantes
Gemälde durch Schenkung des Fürsten J. v. Liechtenstein
bereichert worden. Ungefähr einen Meter hoch und
weniger breit stellt es die Piazzetta dar. Ein Schiff ist
angekommen, welches einen hohen Gast gebracht hat;
Doge und Senatoren begleiten diesen nach der Pforte des
Dogenpalastes. Wenn nicht alles trügt, so haben wir es
mit einem Bilde des Gentile Bellini zu thun und der
ceremonielle Vorgang dürfte sich auf den Besuch des
Herzogs von Ferrara, nach geschlossenem Frieden, beziehen.
Der Doge wäre dann Agostino Barbarigo, welcher i486
zum Dogen gewählt wurde. Kostüme, die bauliche Be-
schaffenheit der Piazzetta sind hochinteressant. Das Bild
ist stark gereinigt, aber gut erhalten. Es wäre erfreulich,
wenn andere Besitzer von Bildern, die für Venedigs Ge-
schichte wichtig sind, ähnliche Hochherzigkeit dem Museo
civico beweisen wollten, wie Fürst Liechtenstein.

A. WOLF.

DENKMALPFLEGE
Berlin. Die »Voss. Zeitg.« bringt die folgende
Notiz, die ein trauriges Bild auf die Denkmälerpflege in
Preussen wirft, wenn sie sich wirklich in ähnlichem Um-
fange bestätigen sollte. »In der wertvollen grossen Publi-
kation von Professor Matthaei über die mittelalterlichen
Holzaltäre in Schleswig-Holstein ist einmal über das andere
zu lesen, dass dieser oder jener Altar jeden künstlerischen
Wert verloren habe, nicht mehr zu erkennen sei u. s. w.,
weil er modern bemalt worden sei. Wie hier, so herrscht
in den meisten Gegenden von Preussen, die so glücklich
sind, noch alte Altäre zu besitzen, eine wahre Wut, sie
modern »fassen« zu lassen. Zumal in den Rheinprovinzen
und in Westfalen haben die Konservatoren den schwersten
Kampf zu kämpfen, um diese Vernichtung des künst-

lerischen Wertes der alten Bildwerke und zum Teil selbst
der Gemälde nur einigermassen einzudämmen. Aber die
Kirchen, protestantische wie katholische behaupten, dass
sich die Regierung nicht hineinzumischen habe, dass diese
Frage vielmehr eine Kultusangelegenheit sei, und dass die
Rücksicht auf die Andacht eine zeitgemässe Instandsetzung
der alten Bildwerke verlange. Und die Regierung, die
Provinzialbehörden wie das Ministerium, scheint den Geist-
lichen Recht zu geben oder wagt es wenigstens nicht,
ihnen Unrecht zu geben und ihre Konservatoren energisch
zu unterstützen. Ein Altar nach dem andern wird restau-
riert, überarbeitet und neu angestrichen; je stärker das
allgemeine Interesse für Kunst wird und je tiefer das
Verständnis für das Künstlerische sinkt, um so rascher
geht auf diese Weise zu Grunde, was uns von alter
Kunst in Deutschland erhalten ist, in der Skulptur gerade
so wie in der Architektur.«

Restaurierungspläne des Heidelberger Schlosses.
Die »National-Zeitung« berichtet hierüber folgendes: Über
die Frage der Fortführung der Restaurierungsarbeiten am
Heidelberger Schloss trat am 15. Oktober in Heidelberg
unter dem Vorsitz des Finanzministers Buchenberger eine
Konferenz zusammen, welcher als Mitglieder die Herren
Geh. Oberbaurat Hofmann-Darmstadt, Professor von Seidl-
München, Regierungs- und Baurat Tornow-Metz, Ober-
baurat Kircher, Oberbaurat Professor Schäfer-Karlsruhe,
Architekt Seitz-Heidelberg, ferner die Professoren Geh.
Hofrat Dr. Zangemeister, Geh. Hofrat Dr. Thode und
Dr. v. Oechelhäuser angehörten. Es lagen die von Pro-
fessor Schäfer ausgearbeiteten Pläne für die Restaurie-
rung des Otto-Heinrichs- und des gläsernen Saalbaus zur
Begutachtung vor. Aus den Verhandlungen mag hervor-
gehoben sein, dass der von jeher vorhanden gewesene
Gegensatz zwischen den Freunden und den Gegnern eines
Wiederaufbaues oder einer weitgehenden Restaurierung
des Heidelberger Schlosses auch auf dieser Konferenz,
und zwar mit besonderer Bezugnahme auf den edelsten
und erhaltenswertesten Teil des Schlosses, den Otto-
Heinrichs-Bau, in unverminderter Stärke zu Tage trat.
Ein Teil der berufenen Sachverständigen sprach sich aus
technischen Gründen für eine Fortführung der Restau-
rierungsarbeiten, welche bekanntlich vor vier Jahren am
Friedrichs-Bau begonnen haben und für diesen Teil des
Schlosses nahezu beendet sind, in sehr bestimmter Weise
aus, weil namentlich die Ruine des Otto-Heinrichs-Baus
ohne ein schützendes Dach und einen wenigstens teil-
weisen Innenausbau auf die Dauer in ihrem Bestände
nicht zu erhalten sei. Von anderer Seite wurde nicht
minder die technische Notwendigkeit einer derart weit-
gehenden Restaurierung bestritten und einer solchen auch
aus ästhetischen und kunsthistorischen Gründen wider-
raten. Die Schäfer'schen Pläne selber, welche auf eine
Wiederherstellung der ursprünglichen hohen Doppelgiebel
an der Ost- und Westfassade des Otto-Heinrichs-Baus
abzielen, wurden übrigens auch von solchen Mitgliedern
der Konferenz, welche grundsätzlich auf dem Boden der
Schlossbau-Sachverständigen-Konferenz vom Jahr 1891
standen, d. h. jede irgend weitgehende Veränderung des
jetzigen Fassadenbildes des Otto-Heinrichs-Baus ablehnen,
für den Fall einer Restaurierung dieses Schlossteiles als
eine an sich im wesentlichen einwandfreie Lösung anzu-
sehen. Gegen die Wiederherstellung des gläsernen Saal-
baus, in dem nach der Absicht des Finanzministeriums und
im Einverständnis mit der Stadt Heidelberg die dieser
gehörigen wertvollen Sammlungen von Schlossaltertümern
untergebracht werden sollen, wurde ebenfalls von einigen
Mitgliedern der Konferenz Widerspruch erhoben, während
die Mehrzahl der Konferenzmitglieder eine Instandsetzung
 
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