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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 13.1902

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Sauer, Joseph: Franz Xaver Kraus
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5809#0125

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Ausgrabungen, Wiederh'

erstellungen und Funde.

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den kleinen Kreis von Freunden zurückgezogen, rührend
dankbar für das Bisschen Liebe und Treue, das man
ihm entgegenbrachte. Ich entsinne mich eines trüben
kalten Allerseelenabends. Er sprach von Schmerz
und Leid im Menschenleben, welch hohe Mission
beiden vom Ewigen zugewiesen ward, wie sie die
Seele läutern von allem Erdenhaften, sie stärken und
gross machen und allmählich auf den steilen und
dornenvollen Pfad ihrer Aufgabe hinübergeleiten; wie
es freilich auch Stunden giebt, in denen man am
Wege zusammenbrechen möchte, da auch das liebe-
vollste Freundeswort noch tiefer in die Wunde hinein-
brennt. Seine Stimme bebte und das Auge wurde
feucht: der Blick war auf das Bild seiner fünf Jahre
zuvor dahingeschiedenen einzigen Schwester gefallen.
— Nun ist auch er ihr nachgefolgt und an ihrer
Seite gebettet. Transiit! Vorbei aller Schmerz, alle
bitteren Erfahrungen! Vorbei aber auch alles, was
Grosses und Mächtiges in ihm lebte! Vorbei das
reiche und glänzende Wissen, ohne dass es seine
volle Erschöpfung erfahren hätte! Es liegt für alle,
die ihm nahestanden, so unendlich viel in diesem
Transiit. Dahingegangen ist mit ihm der letzte Ro-
mantiker. Einen um den andern sah er selbst
trauernden Herzens dahinscheiden; die glänzenden
und berühmten Namen aus jener mächtig aufstre-
benden und Grosses verheissenden Zeit sind ver-
schwunden, wie am Abend nach beendeter Andacht
ein Licht um das andere langsam verlischt^und der
Kirchenraum ins Dunkle sinkt. Transierunt! —

Dr. JOS. SAUER.

AUSGRABUNGEN, WIEDERHERSTELLUNGEN
UND FUNDE
Venedig. Der vom hiesigen »Kgl. Istituto Veneto di
Scienze ed Arth vor zwei Jahren gefasste Beschluss, eine
Mission auszurüsten zur systematischen Durchforschung
der Insel Kreta, bezüglich alles dessen, was in historischer
wie künstlerischer Hinsicht, die einst über diese Insel aus-
geübte venezianische Macht an Spuren hinterlassen hat,
ist bald darauf zur That geworden und hat zu den wich-
tigsten erfreulichsten Ergebnissen geführt. — An der Spitze
des Unternehmens steht Dr. Qerola, der fortfährt, das in
ihn gesetzte Vertrauen vollkommen zu rechtfertigen. Er
durchforschte in der zweiten Hälfte des Jahres 1901 sieben
Provinzen. Ausser den venezianischen Stadtmauern von
Sitia, und verschiedener interessanter Kirchen, dem reichen
Kloster Sophi, einer wertvollen Freske in Voila, die vene-
zianische Familie Salomon darstellend, waren es Festungs-
reste und eine grosse Menge allüberall vorkommender
Wappen venezianischer Geschlechter und das Wahrzeichen
Venedigs: der Löwe von S. Marco. Es würde zu weit
führen alles zu nennen, was der offizielle Bericht anführt,
in welchem besonders die Bedeutung der Fresken von
1361 in Sta. Pelagia und Aganos-Vianos hervorgehoben
wird. Ausser dem wichtigen Castelfranco, den Burgruinen
von Setino und Sfakia, ausser den Kirchen mit venezia-
nischen Glocken, nahm die Aufmerksamkeit der Expedition
besonders in Anspruch eine ausserordentliche Menge von
Fresken in den Kirchen, deren Schutz Dr. Gerola der
Lokalregierung aufs allerwärmste zu empfehlen nicht
unterliess. In diesen Fresken sind die bekanntesten
Heiligen dargestellt, biblische Geschichten, überdies jedoch
immer weitläufige Beschreibungen beigemalt, sowie die

Porträts der Stifter, das Datum der Stiftung und der Name
des Malers. Besonders interessant sollen diese unzähligen
Bildnisse durch die Kostüme sein. — Noch weitere sieben
Provinzen sind zu durchforschen, nachdem die ganze Süd-
seite der Insel durchstrichen wurde. Man hofft im April
die Arbeit zu bewältigen, nachdem sie zwei Jahre gedauert
hat. Die dem städtischen Museum in Venedig bereits
übergebenen Gipsabgüsse (36 an Zahl; weitere 30 sind
in Aussicht gestellt) bieten reichliche Gewähr für die
Wichtigkeit des ganzen Unternehmens. Nach Beendigung
desselben wird das ganze gesammelte Material in einem
besonderen Saale des Museums zur Aufstellung gelangen.
Darunter auch der Abguss der monumentalen Morosini-
fontäne aus Candia, und einige andere Brunnen von
venezianischen Künstlern, sowie eine Menge interessanter
Sgraffiti. Nach Beendigung des ganzen Unternehmens
wird das oben genannte Institut ein reich illustriertes Werk
herausgeben. Der Stadtverwaltung sowohl, sowie anderen
unterstützenden Kräften, die sich um die ganze Angelegen-
heit sehr verdient gemacht haben, kann man nur gratu-
lieren, dass sie dank des Sammelfleisses ihres Bevoll-
mächtigten, des Dr. Gerola, solch schöne Resultate erreicht
haben. a. Wolf.

Corneto. Für die Restauration des Palazzo Vitelleschi
ist vor kurzem ein Plan entworfen worden, dessen Aus-
führung die Summe von 100000 Franken überschreiten
wird. Der Palazzo ist zur Zeit unbewohnt und gehört
dem Municipio von Corneto. Er ist der monumentalste
Palast der Stadt, mit dem sich zugleich die glorreichsten
Erinnerungen Cornetos verbinden. Kardinal Giovanni
Vitelleschi, dessen glänzende Laufbahn ein dunkles, tragi-
sches Ende in Castell St. Angelo so jäh beschlossen hat,
vergrösserte den alten Palast der Familie und vollendete
ihn im Jahre 1439. Zwei Bauperioden erkennt man noch
heute an der monumentalen aus Rusticablöcken aufge-
türmten Fassade, die später Leo X. mit seinem Wappen
geschmückt hat. Ein Treppenhaus verbindet den älteren
Teil des Palastes, den reiche gotische Fenster zieren, mit
dem jüngeren Teil, den der Kardinal mit einem mächtigen
Portal, mit einer geräumigen Hofanlage und oben mit
einer säulengetragenen Loggia geschmückt hat, von welcher
man den herrlichsten Blick über die Ebene und weithin
über das Mittelländische Meer geniesst. Der ganze Bau
trägt einen festungsartigen Charakter; in den hohen,
düsteren Sälen und Gemächern haben sich noch einige
Kamine und reich gearbeitete Thürrahmen erhalten, die
wie der mächtige Brunnen unten im Hof das Wappen der
Vitelleschi tragen. Sehr merkwürdig aber sind vor allem
die Freskenreste in der Kapelle des Palastes, die, wie das
gemalte Wappen erkennen lässt, ebenfalls aus der Zeit
des Kardinals Giovanni stammen. Hoch oben über der
Apsiswand der Kapelle sieht man noch wohl erhalten ein
figurenreiches Bild, Christus darstellend unter den Schrift-
gelehrten, den eben seine Eltern suchen. Oben an den
Langwänden wird der Fries durch Allegorien der Tugen-
den und Künste gegliedert, und dazwischen ist in Grisaille
eine zusammenhängende Geschichte illustriert, wie es
scheint die der Lucrezia. Die Entstehungszeit dieser
Fresken wird durch das Vollendungsjahr des Palastes 1439
ungefähr bestimmt; Autor und Schule werden sich schwerer
feststellen lassen. Jedenfalls beanspruchen diese Fresken
schon gegenständlich hohes Interesse, und sie stehen auch
künstlerisch auf verhältnismässig hoher Stufe. — So un-
beachtet wie die Fresken im Palazzo Vitelleschi in Corneto
blieb bis heute in der Kunstgeschichte auch eine thronende
Madonna in der Chiesa-Kathedrale in Cervetri. Wahr-
scheinlich stammt das Bild aus der Schule des Benozzo
Gozzoli. Es ist aufs sorgfältigste gemalt, aber in der
 
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