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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 13.1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.5809#0044

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Vereine und Gesellschaften.

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eignen von Milanesi gefundenen Aussage der Florentiner
Familie dei Maestri (de Magistris) an. Aber auch durch
die Wiederentdeckung jener Arbeit im Kaiserlichen Museum
zu Wien durch Courajod wurde noch nichts über seine
künstlerische Persönlichkeit gewonnen. Ein selbständiges
Werk von ihm wurde erst 1885 durch Bode hervorgezogen,
der auf eine aus Torgau herrührende Bronzebüste Fried-
rich's des Weisen im Albertinum hinwies, welche die
Künstlerinschrift Hadrianus Florentinus me faciebat trägt.
Die daraufhin schon damals von dem Vortragenden ge-
äusserte Vermutung, dass dieser mit dem Adriano des
Anonymus identisch sei, bestätigte sich, als er auf der
Nürnberger Bronzeausstellung des Jahres 1885 auf der Basis
einer kleinen Bronzegruppe der nackten Venus mit Cupido
zu ihren Füssen die Bezeichnung Hadrianus me f« (facie-
bat) entdeckte. Ihre Auffassung ist ganz naturalistisch ohne
jede Stilisierung. Charakteristisch für den Künstler ist
die Auflösung des Haares in parallel modellierte Strähnen,
wie sie sich auch an der Büste Friedrich's des Weisen
findet. Im vorigen Jahre erkannte der Vortragende in
einer den intimen Rat Friedrich's des Weisen Degenhart
Pfeffinger darstellenden Medaille der Oothaer numis-
matischen Sammlung ein ferneres Werk des Künstlers.
Degenhart begleitete den Kurfürsten, bei dem er in hoher
Gunst stand, auch auf seiner Reise nach dem heiligen
Lande, über die wir ein Tagebuch des sächsischen Rates
Hund besitzen, worin auch von einem Aufenthalt in Neapel
die Rede ist. Dort ist wohl Adriano, der gerade damals
in Neapel am Königshofe beschäftigt war, zum Kurfürsten
in Beziehung getreten. Aber da jene beiden Werke aus einem
gelben Kanonenmetall, wie es bei italienischen Arbeiten
nicht vorkommt, bestehen, und der Guss der Büste auf
einen weniger geübten Meister hindeutet, sind vielleicht
nur die Modelle in Neapel entstanden. Eine zweite
Medaille, die Ferdinand II. noch als Kronprinzen (Dux
Calabriae) darstellt und daher in dem kurzen Zeiträume
zwischen dem 20. Januar 1494 und 23. Januar 1495 ge-
gossen sein muss, verrät durch ihre Stilverwandtschaft mit
derjenigen des Pfeffinger Adriano's Urheberschaft. Letzthin
fand der Vortragende im Florentiner Archiv zwei Briefe,
die über Adriano's Lebensumstände, wenn auch leider
nicht über seine künstlerische Thätigkeit, Aufklärung bringen.
Der eine, von Ferdinand I. am 18. September 1493 ge-
schrieben, enthält eine Empfehlung des Künstlers als seines
»lieben Dieners« an Piero dei Medici. Der zweite Brief,
von Adriano selbst am 25. Januar 1494 verfasst, hat ein
Gesuch um die Vergebung einer Pfründe an den jüngeren
Bruder des Künstlers zum Gegenstande. Die Frage, durch
welche wertvollen Dienste Adriano eine so warme Anteil-
nahme des Königs habe rechtfertigen können, brachte den
Vortragenden auf den Gedanken, dass eine im Museum
zu Neapel befindliche, von Schulz dem Guido Mazzoni
zugeschriebene Büste Ferdinand's I. von ihm herrühren
könnte. Mit Mazzoni's Arbeiten zeigt sie nach Stil und
Technik keine Verwandtschaft, — dagegen eine ganz ana-
loge Behandlung des Kopfes und Gewandes wie die
Friedrich's des Weisen von Adriano. Die freiere Auf-
fassung ist hier zum grossen Teil auf Rechnung der ganzen
persönlichen Erscheinung Ferdinand's I. zu setzen. Nach
Neapel ist Adriano wohl um 1488 mit dem Condottiere
Virg. Orsini gekommen, in dessen Diensten er nach der
oben erwähnten von Milanesi entdeckten Zeugenaussage
vom 24. Mai 1499 zusammen mit dem Enkel Lorenzo
Ghiberti's, Buonacorso, als Kanonengiesser gestanden hat.
Noch keinen vollen Monat später wurde er nach Angabe
des Libro dei Morti am 12. Juni 1499 in S. Maria Novella
in Florenz beigesetzt.

Hierauf sprach Herr Wulff Ȇber neuere Funde und

Forschungen zur altchristlichen Kunst des Orients« mit
Bezugnahme auf mehrere Neuerwerbungen des Königlichen
Museums und im Hinblick auf die jüngst erschienenen
Arbeiten von Strzygowski (Orient oder Rom) und Ainalow
(Die hellenistischen Grundlagen der byzantinischen Kunst).
Den Charakter der älteren bis zum vierten Jahrhundert
reichenden Stilperiode trägt im wesentlichen noch ein in
Konstantinopel erworbenes Christusrelief, das die Schmal-
seite eines Sarkophages bildete. Durch seine dekorative
Nischenarchitektur hängt es mit einer Gruppe antiker Sar-
kophage grösstenteils kleinasiatischer Provenienz zusammen.
Als jüngstes Glied der Reihe erweist es sich schon durch
den Akanthus der Kapitelle, der die Vorstufe des seit Aus-
gang des vierten Jahrhunderts nachweisbaren kleinzackigen
byzantinischen Blattschnitts bildet. Auch schliesst sich die
Komposition noch eng an einen jener Sarkophage (aus
Selefkieh) an, dessen Darstellungen der Vortragende auf
einen mit spätantiken religiösen Elementen versetzten Toten-
kult beziehen zu müssen glaubt. Auf der Schmalseite be-
finden sich dort ebenfalls drei, allerdings lebhafter bewegte
männliche Gestalten, zum Teil mit Rollen in den Händen,
augenscheinlich ein vorläufig nicht genauer bestimmbarer
Dreiverein einer antiken religiösen oder philosophischen
Gemeinschaft. Zu Gunsten einer höheren Datierung (viertes
Jahrhundert), die Strzygowski mit Recht trotz Vorkommens
des Kreuznimbus vertritt, spricht auch der noch fast antike
Stil und die selbst bei den Aposteln noch kaum beginnende
Individualisierung. Den jugendlich schönen Christustypus,
eine echt hellenistische Schöpfung, die ihren Ursprung
vielleicht in Alexandria oder Antiochien hat und eine
weitgehende Verbreitung besessen haben muss, glaubt der
Vortragende ausser in dem von Strzygowski herangezogenen
guten Hirten des Lateran in abgeschwächter Wiedergabe
auch auf römischen Sarkophagen feststellen zu können,
vor allem aber in dem vollwangigen und langlockigen
Brustbild Christi auf der Lipsanothek von Brescia, die wohl
für den Orient in Anspruch zu nehmen ist. Wie leicht er
eine Abschwächung erfahren konnte, zeigen die Evangelien-
scenen der Lipsanothek selbst. In der frühesten christ-
lichen Kunstentwickelung hatte wohl Alexandria die führende
Stellung, wie das durch das allmähliche Auftauchen ver-
schiedener Typen des ältesten Bilderkreises auf ägyptischen
Denkmälern immer wahrscheinlicher wird (vergleiche
Ainalow), so z. B. auch des Orpheus auf einem neu er-
worbenen Relieffragment (zur Auswahl der Tiere vergleiche
zwei Elfenbeinpyxiden in Florenz und Bobbio). Bedeut-
samer ist die altchristliche Kunst Ägyptens auf einer fort-
geschrittenen Entwickelungsstufe vertreten durch ein Holz-
relief (wohl fünftes Jahrhundert), in dem der Vortragende
die völlig klare Wiedergabe eines geschichtlichen oder
legendarischen Ereignisses erkennen zu müssen glaubt,
nämlich die Befreiung einer von feindlichen oder auf-
ständischen Barbaren bestürmten Stadt durch ein christ-
liches Entsatzheer unter dem Beistand der Heiligen. Die
Deutung Strzygowski's (»die Verteidigung der Feste des
Glaubens«) erscheint ihm zu allgemein und wird weder
den drei deutlich individualisierten Männergestalten auf der
Burg (durch Bezug auf die Dreieinigkeit), noch den vier
Gehängten unter der Mauer (wohl von den Feinden hin-
gerichteten Gefangenen) gerecht, diejenige Goldschmidt's
aber (auf Grund von Josua X, ig) beruht auf der wohl
ungerechtfertigten Voraussetzung, dass die Arbeit unvoll-
ständig erhalten sei. Wenngleich die Übereinstimmungen
mit dem von Strzygowski als ägyptisch erwiesenen Helena-
sarkophag nur allgemeiner Art sind, weist das Relief doch
unverkennbare Beziehungen zur Triumphalplastik auf. Dass
Rom in dieser die Entwicklung bestimmt habe, ist jedoch
nicht ausgeschlossen. Weit enger noch ist die technisch
 
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