1 og Nekrologe. — Personalien. — Sammlungen und Ausstellungen. j i o
Werk erscheint bei Arnold Bergsträsser (A. Kröner) in
Stuttgart, das andere bei Velhagen & Klasing in Bielefeld.
Da das Rosenberg'sche Werk, das mit schlichten Worten
angekündigt ist, noch vor Weihnachten erscheinen wird,
werden wir in einigen Wochen wohl in der Lage sein,
auf das Buch zurückzukommen. Das andere Werk von
Ourlitt wird wahrscheinlich auch noch vor Weihnachten
herauskommen, der Verleger ersuchte aber um eine Notiz
darüber auf Grund des Prospekts; und nach der Ankün-
digung zu urteilen läge hier ein Werk von wahrhaft epoche-
machender Bedeutung vor, weshalb wir diesem neuen
Stern erster Grösse am Bücherhimmel einen Heroldsruf
widmen können. Auffallend ist zunächst, dass das Buch
sich einfach Geschichte der Kunst nennt; entweder sind
auch Poesie und Musik in den Kreis der Betrachtung ein-
bezogen oder der Verfasser sieht in diesen gar keine Künste.
Das erstere scheint das Richtige zu sein, denn der Pro-
spekt sagt: »Gurlitt giebt in abgerundeten Bildern einer
in sich geschlossenen Zeitperiode alle Künste vereint unter
kulturgeschichtlichen Gesichtspunkten. Gurlitt vermeidet
die Systematik, denn die Kunst entwickelt sich ja auch
nicht systematisch; er thut der Geschichte zu Gunsten
eines vorgefassten Planes nicht Gewalt an.« Diese etwas
aggressiven Bemerkungen werden wahrscheinlich von Seiten
der Beteiligten — man kann beinahe sagen Beschuldigten
— lebhaften Widerspruch erfahren. Wir können einen
alten Satz Anton Springer's, der doch von Haus aus Histo-
riker, speziell Kulturhistoriker war, dagegen anführen:
»Die historische Betrachtung sondert der Deutlichkeit wegen
die einzelnen Weltalter scharf und bestimmt ab. In Wirk-
lichkeit fliessen aber die Perioden der menschlichen Ent-
wickelung meistens ganz unmerklich ineinander, so dass
erst das nachträglich prüfende Auge die trennenden Ab-
schnitte bemerkt.« Die Systematik ist also nur der Deut-
lichkeit wegen da; und auch der Verfasser der neuen Ge-
schichte wird, wenn er eine »in sich geschlossene Periode«
behandelt, sich eingestehen, dass die Begrenzung dieser
Perioden ihre Ursache in der Auffassung des Darstellers
hat, und selten nur einen äusseren objektiven Abschluss
darstellt. Der Prospekt rühmt ferner als besonderen Vorzug
dej neuen Leistung die tief eingehende Beherrschung des
Stoffes. Auch das ist am Ende etwas zu anspruchsvoll
gesagt; denn dass die Autoren anderer Kunstgeschichten
keine tief eingehende Beherrschung des Stoffes verraten,
müsste doch mindestens erst dargethan werden.
Hoffentlich hat der Verfasser der neuen Geschichte
der Kunst sich einer anderen Darstellungsweise bedient,
als er sie in dem Bande »Die deutsche Kunst des 19.
Jahrhunderts« geübt hat. Denn diese subjektive, leicht-
flüssige, geistreiche Art hat auch ihre Schattenseiten. Bei
Erzeugnissen künstlerischer Art ist das starke Hervor-
treten einer Persönlichkeit stets erwünscht, ja unerlässlich;
bei didaktischen Werken kann sie aber nie genug zurück-
treten. Wenn wir Kunst geniessen wollen, wünschen wir
die Reflexe eines Ichs wahrzunehmen; wo es sich aber
um Belehrung handelt, ist die Auffassung nur das Mittel,
nicht der Zweck der Darstellung.
NEKROLOGE
München. Die Münchner Künstlerschaft hat in den
letzten Tagen drei Todesfälle zu beklagen. Am 12. Nov.
verschied Hugo Degenhard, am 15. Nov. Professor Ernst
Zimmermann und am gleichen Tage Paul Martin. Ernst
Zimmermann, der bekannteste von den dreien, wurde 1852
zu München geboren; als Sohn des Genremalers Reinhard
Zimmermann, erhielt er in früher Jugend von seinem Vater
Unterricht und besuchte dann die Akademie, wo er bis
1874 zu den Schülern von Wilhelm Diez zählte. Nachdem
er einige humoristische Genrebilder gemalt hatte, nahm er
mit dem zwölfjährigen Christus im Tempel J einen Auf-
schwung zur Geschichtsmalerei mit besonderer Betonung
des koloristischen Elements, das sich teils an diejVene-
tianer, teils an Correggio anschliesst. Seine'späteren, auch
durch Feinheit und Liebenswürdigkeit der Charakteristik
ausgezeichneten Hauptwerke sind: die Anbetung der Hirten
(1883), Christus und die Fischer (1886), Christus Conso-
lator (1888), Christus erscheint dem Thomas (1892), Joseph
mit dem kleinen Jesus und Kommt her zu mir, die ihr
mühselig und beladen seid (1898), weiter die Genrebilder:
Musikunterricht, die böse Gans1), der Aufschneider, die Ge-
schäftsfreunde und das Ei des Columbus. Ausserdem
existieren einige sehr hübsche Genrebilder von Zimmer-
mann. — Paul Martin gehört einer älteren Generation an.
Er ist am 17. August 1821 in Kaiserslautern geboren, stu-
dierte unter Delaroche und Gleyre, in deren Stil er zuerst
malte. Später entwickelte er sich zum Piloty-Jünger und
bekam auch einige Staatsaufträge und endete schliesslich
als Genremaler behaglichsten Stils. — Als Persönlichkeit
stand Martin bis zuletzt bei der Münchner Künstlerschaft
in hohen Ehren. — Hugo Degenhard ist nur 35 Jahre alt
geworden. Als Landschaftsmaler und Radierer berechtigte
er durch seine eifrige Naturwiedergabe zu den besten Er-
wartungen.
Kopenhagen. Am 12. November verstarb hier der
Bildhauer Professor Th. Stein, der eine Anzahl bekannter
Denkmäler geschaffen hat, u. a. die vor dem Königl.
Theater stehende Statue Holbergs. Stein's Kunstweise
bewegte sich in Thorwaldsen Bahnen.
PERSONALIEN
Madrid. Soeben wurde Jose Villegas als Nachfolger
von Alvarez zum Direktor des Prado - Museums berufen.
Für das römische Kunstleben bedeutet das einen herben
Verlust; denn Villegas spielte hier seit dreissig Jahren eine
der glänzendsten Rollen.
Dresden. Professor Eugen Bracht hat den Ruf an
die Dresdner Kunst-Akademie angenommen.
SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN
Berlin. Im Königlichen Kunstgewerbe - Museum sind
Bildslickcreien von Frau Henriette Mankiewicz aus Wien
ausgestellt. Es sind nicht wie in früheren Jahren grosse
Tableaux, sondern Bilder kleineren Umfanges, Blumen-
stücke, teils nach frischem Wachstum, teils nach Sträussen,
die in Prachtgefässen geordnet sind. Die meisterhaft aus-
geführten Bilder, von denen zwei für die Handarbeits-
schule des Viktoria- und Albert - Museums in London be-
stimmt sind, sind im Schülersaale, hinter dem Goldsaale,
ausgestellt. — Des ferneren zeigt der Lichthof des Kunst-
gewerbe - Museums zur Zeit eine Reihe von plastischen
Arbeiten von Hermann Obrist, in denen das selbstän-
dige moderne Empfinden dieses geschätzten Künstlers
wieder sich aufs Trefflichste verkörpert findet.
Paris. Das Museum des Louvre ist in Besitz zweier
bemerkenswerter Legate gelangt. Das erste stammt von
Herrn Casati und besteht aus einem sehr wertvollen Go-
belin, Hektor und Andromeda darstellend. Ferner erhielt
das Museum einige bemerkenswerte Stücke aus dem Nach-
lass des Herrn Rochard, und zwar zwei prächtige Gobelins
des 17. Jahrhunderts und einige erlesene Möbel- und
Bronzestücke verschiedener Zeit.
1) Früher in der »Zeitschrift für bildende Kunst« als
Radierung erschienen.
Werk erscheint bei Arnold Bergsträsser (A. Kröner) in
Stuttgart, das andere bei Velhagen & Klasing in Bielefeld.
Da das Rosenberg'sche Werk, das mit schlichten Worten
angekündigt ist, noch vor Weihnachten erscheinen wird,
werden wir in einigen Wochen wohl in der Lage sein,
auf das Buch zurückzukommen. Das andere Werk von
Ourlitt wird wahrscheinlich auch noch vor Weihnachten
herauskommen, der Verleger ersuchte aber um eine Notiz
darüber auf Grund des Prospekts; und nach der Ankün-
digung zu urteilen läge hier ein Werk von wahrhaft epoche-
machender Bedeutung vor, weshalb wir diesem neuen
Stern erster Grösse am Bücherhimmel einen Heroldsruf
widmen können. Auffallend ist zunächst, dass das Buch
sich einfach Geschichte der Kunst nennt; entweder sind
auch Poesie und Musik in den Kreis der Betrachtung ein-
bezogen oder der Verfasser sieht in diesen gar keine Künste.
Das erstere scheint das Richtige zu sein, denn der Pro-
spekt sagt: »Gurlitt giebt in abgerundeten Bildern einer
in sich geschlossenen Zeitperiode alle Künste vereint unter
kulturgeschichtlichen Gesichtspunkten. Gurlitt vermeidet
die Systematik, denn die Kunst entwickelt sich ja auch
nicht systematisch; er thut der Geschichte zu Gunsten
eines vorgefassten Planes nicht Gewalt an.« Diese etwas
aggressiven Bemerkungen werden wahrscheinlich von Seiten
der Beteiligten — man kann beinahe sagen Beschuldigten
— lebhaften Widerspruch erfahren. Wir können einen
alten Satz Anton Springer's, der doch von Haus aus Histo-
riker, speziell Kulturhistoriker war, dagegen anführen:
»Die historische Betrachtung sondert der Deutlichkeit wegen
die einzelnen Weltalter scharf und bestimmt ab. In Wirk-
lichkeit fliessen aber die Perioden der menschlichen Ent-
wickelung meistens ganz unmerklich ineinander, so dass
erst das nachträglich prüfende Auge die trennenden Ab-
schnitte bemerkt.« Die Systematik ist also nur der Deut-
lichkeit wegen da; und auch der Verfasser der neuen Ge-
schichte wird, wenn er eine »in sich geschlossene Periode«
behandelt, sich eingestehen, dass die Begrenzung dieser
Perioden ihre Ursache in der Auffassung des Darstellers
hat, und selten nur einen äusseren objektiven Abschluss
darstellt. Der Prospekt rühmt ferner als besonderen Vorzug
dej neuen Leistung die tief eingehende Beherrschung des
Stoffes. Auch das ist am Ende etwas zu anspruchsvoll
gesagt; denn dass die Autoren anderer Kunstgeschichten
keine tief eingehende Beherrschung des Stoffes verraten,
müsste doch mindestens erst dargethan werden.
Hoffentlich hat der Verfasser der neuen Geschichte
der Kunst sich einer anderen Darstellungsweise bedient,
als er sie in dem Bande »Die deutsche Kunst des 19.
Jahrhunderts« geübt hat. Denn diese subjektive, leicht-
flüssige, geistreiche Art hat auch ihre Schattenseiten. Bei
Erzeugnissen künstlerischer Art ist das starke Hervor-
treten einer Persönlichkeit stets erwünscht, ja unerlässlich;
bei didaktischen Werken kann sie aber nie genug zurück-
treten. Wenn wir Kunst geniessen wollen, wünschen wir
die Reflexe eines Ichs wahrzunehmen; wo es sich aber
um Belehrung handelt, ist die Auffassung nur das Mittel,
nicht der Zweck der Darstellung.
NEKROLOGE
München. Die Münchner Künstlerschaft hat in den
letzten Tagen drei Todesfälle zu beklagen. Am 12. Nov.
verschied Hugo Degenhard, am 15. Nov. Professor Ernst
Zimmermann und am gleichen Tage Paul Martin. Ernst
Zimmermann, der bekannteste von den dreien, wurde 1852
zu München geboren; als Sohn des Genremalers Reinhard
Zimmermann, erhielt er in früher Jugend von seinem Vater
Unterricht und besuchte dann die Akademie, wo er bis
1874 zu den Schülern von Wilhelm Diez zählte. Nachdem
er einige humoristische Genrebilder gemalt hatte, nahm er
mit dem zwölfjährigen Christus im Tempel J einen Auf-
schwung zur Geschichtsmalerei mit besonderer Betonung
des koloristischen Elements, das sich teils an diejVene-
tianer, teils an Correggio anschliesst. Seine'späteren, auch
durch Feinheit und Liebenswürdigkeit der Charakteristik
ausgezeichneten Hauptwerke sind: die Anbetung der Hirten
(1883), Christus und die Fischer (1886), Christus Conso-
lator (1888), Christus erscheint dem Thomas (1892), Joseph
mit dem kleinen Jesus und Kommt her zu mir, die ihr
mühselig und beladen seid (1898), weiter die Genrebilder:
Musikunterricht, die böse Gans1), der Aufschneider, die Ge-
schäftsfreunde und das Ei des Columbus. Ausserdem
existieren einige sehr hübsche Genrebilder von Zimmer-
mann. — Paul Martin gehört einer älteren Generation an.
Er ist am 17. August 1821 in Kaiserslautern geboren, stu-
dierte unter Delaroche und Gleyre, in deren Stil er zuerst
malte. Später entwickelte er sich zum Piloty-Jünger und
bekam auch einige Staatsaufträge und endete schliesslich
als Genremaler behaglichsten Stils. — Als Persönlichkeit
stand Martin bis zuletzt bei der Münchner Künstlerschaft
in hohen Ehren. — Hugo Degenhard ist nur 35 Jahre alt
geworden. Als Landschaftsmaler und Radierer berechtigte
er durch seine eifrige Naturwiedergabe zu den besten Er-
wartungen.
Kopenhagen. Am 12. November verstarb hier der
Bildhauer Professor Th. Stein, der eine Anzahl bekannter
Denkmäler geschaffen hat, u. a. die vor dem Königl.
Theater stehende Statue Holbergs. Stein's Kunstweise
bewegte sich in Thorwaldsen Bahnen.
PERSONALIEN
Madrid. Soeben wurde Jose Villegas als Nachfolger
von Alvarez zum Direktor des Prado - Museums berufen.
Für das römische Kunstleben bedeutet das einen herben
Verlust; denn Villegas spielte hier seit dreissig Jahren eine
der glänzendsten Rollen.
Dresden. Professor Eugen Bracht hat den Ruf an
die Dresdner Kunst-Akademie angenommen.
SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN
Berlin. Im Königlichen Kunstgewerbe - Museum sind
Bildslickcreien von Frau Henriette Mankiewicz aus Wien
ausgestellt. Es sind nicht wie in früheren Jahren grosse
Tableaux, sondern Bilder kleineren Umfanges, Blumen-
stücke, teils nach frischem Wachstum, teils nach Sträussen,
die in Prachtgefässen geordnet sind. Die meisterhaft aus-
geführten Bilder, von denen zwei für die Handarbeits-
schule des Viktoria- und Albert - Museums in London be-
stimmt sind, sind im Schülersaale, hinter dem Goldsaale,
ausgestellt. — Des ferneren zeigt der Lichthof des Kunst-
gewerbe - Museums zur Zeit eine Reihe von plastischen
Arbeiten von Hermann Obrist, in denen das selbstän-
dige moderne Empfinden dieses geschätzten Künstlers
wieder sich aufs Trefflichste verkörpert findet.
Paris. Das Museum des Louvre ist in Besitz zweier
bemerkenswerter Legate gelangt. Das erste stammt von
Herrn Casati und besteht aus einem sehr wertvollen Go-
belin, Hektor und Andromeda darstellend. Ferner erhielt
das Museum einige bemerkenswerte Stücke aus dem Nach-
lass des Herrn Rochard, und zwar zwei prächtige Gobelins
des 17. Jahrhunderts und einige erlesene Möbel- und
Bronzestücke verschiedener Zeit.
1) Früher in der »Zeitschrift für bildende Kunst« als
Radierung erschienen.