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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 13.1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.5809#0055

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Vermischtes. —; Berichtigung.

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Chigi an die Londoner Firma verkauft, die es im Auf-
trag der in Boston lebenden Kunstliebhaberin Mrs. J. L.
Qardner für ungefähr 260000 M. erworben hat. Diese
Dame besitzt ausser Lord Darnleys Tizian bereits mehrere
der gesuchtesten Gemälde alter Meister in ihrer Galerie
in Boston. Augenscheinlich hat Fürst Chigi, den das
Gericht zuerst zur Zahlung der ganzen Kaufsumme an die
Regierung verurteilte, während das Berufungsgericht die
Busse auf 1600 M. herabsetzte, keine Angst vor dem Ur-
teil des Gerichtshofs in Perugia, der sich noch mit dem
Fall Chigi beschäftigt. Das Bild misst 3 zu 2 Fuss, stammt
aus Botticelli's Jugendzeit, ist nicht so farbenfrisch und
glänzend wie das Gegenstück in Mailand, aber der Ge-
sichtsausdruck des Jesuskindes, dem ein Engelknabe Trauben
und Weizenähren als Sinnbilder des Abendmahles dar-
bietet, ist von unvergleichlicher Schönheit.

Kunstauktion in Berlin. Am 4. Dezember und
folgende Tage versteigern Amsler & Ruthardt aus dem
Nachlasse von Robert Waiden das nahezu vollständige
Radierte Werk von Daniel Chodowiecki. Es handelt sich
um etwa 1200 Nummern, alles vorzügliche Drucke, zahl-
reiche Zustände und Probedrucke.

Frankfurter Kunstauktion. In der ersten Hälfte des
Dezember findet bei R. Bangel in Frankfurt a. M. eine
Versteigerung der nachgelassenen Sammlung des Malers
Fr. Metz statt, enthaltend Ölgemälde, Aquarelle und Hand-
zeichnungen, vorwiegend von Frankfurter Künstlern. Wir
nennen aus der Kollektion die Namen Anton Burger,
C. Morgenstern, J. E. Steinle, W. Steinhausen, H. Thoma,
Ph. Veit, B. Genelli.

VERMISCHTES

München. Prinz-Regent Luitpold hat kürzlich an das
Bayer. Staatsministerium eine Kundgebung gerichtet, in der
er auffordert, es solle eine Kunstkommission gebildet werden,
die ein Programm für die monumentale Verschönerung Mün-
chens ausarbeite und dessen Ausführung überwache. In
diesem Programm soll nicht nur den gegenwärtig vor-
liegenden Bedürfnissen und Projekten für staatliche Monu-
mentalbauten Rechnung getragen werden, sondern auch
eine Richtschnur gegeben werden, wie die von Ludwig I.
begonnenen, weit ausschauenden Pläne für die Verschöne-
rung Münchens nach den heutigen Anforderungen und
Empfindungen eine Nachfolge finden können.

Die Kunst-Sprachenfrage ist jetzt in Österreich der
jüngste Ableger der allgemeinen Sprachenfrage, die das
Land seit Jahren zerwühlt. Wir lesen nämlich in der
»N.Fr. Pr.«, dass sich eine Deputation deutscher Künstler
aus Böhmen nach Wien zum Ministerpräsidenten begeben
habe, um dort vorstellig zu werden, dass bei Organisation
der zur Zeit geplanten Gemälde-Galerie in Prag eine
Trennung der Gewalten der deutschen und tschechischen
Künstlerschaft vorgesehen werde. Wir finden diese Vor-
sicht recht am Platze, denn was sollte aus den unglück-
lichen Gemälden werden, wenn die Scenen, mit welchen
im Reichsrate nationale Dringlichkeitsanträge bisweilen
handgreifliche Unterstützung fanden, sich in den Räumen
der Gemälde-Galerie wiederholen sollten!

Budapest. Die Ofener Krönungskirche, eines der
schönsten Kunstdenkmäler, die Pest aufzuweisen hat, ist
mit einem würdigen Rahmen versehen worden. Hinter
der Kirche erhebt sich nunmehr nach den Plänen des
Professor Schulek eine monumentale Säulenhalle mit breiten
Arkaden und mächtiger Freitreppe. Das Bauwerk ist im
sogenannten Arpadenstile gehalten.

Der Fall Böcklin-Muther fängt an, verwickelt zu
werden. Der Unbeteiligte weiss nicht, was er von den

widersprechenden Nachrichten, die die Angelegenheit an
das Licht fördert, denken soll. Das Gericht hatte Ver-
tagung beschlossen, um u. a. Professor Muther Gelegen-
heit zu geben, seine Behauptungen durch eine Reihe von
ihm vorgeschlagener Sachverständiger, unter denen sich
auch Lenbach und Liebermann befinden, bekräftigen zu
lassen. Bei dieser Verhandlung hatte Muther's Sachwalter
den Beweis für die Behauptung angeboten, dass ein Frank-
furter Kunsthändler Anlass gehabt hätte, sich von Carlo
Böcklin für ein nach dem Tode des Vaters verkauftes Ge-
mälde die ausdrückliche und schriftliche Echtheitserklärung
nachträglich ausstellen zu lassen. Diese Erklärung soll Carlo
zu geben sich geweigert haben, worauf er das Bild zurück-
nehmen musste. Nun giebt aber die betr. Kunsthandlung
bekannt, dass gerade das Gegenteil von diesen, in der Ver-
handlung vorgebrachten angeblichen Thatsachen der Fall
ist; nämlich: Erstens wurde das Bild noch bei Lebzeiten
Böcklin's gekauft, dann hat Carlo die Echtheitserklärung
später auf Wunsch ausgestellt und schliesslich hat er sich
sogar bereit erklärt, die Echtheit und eigenhändige Signatur
zu beschwören. Auch ist das Bild gar nicht zurückgegeben
worden. Gleichzeitig mit diesen Dingen liest man aber
wieder in der Zeitung die Zuschrift eines Frankfurter
Malers, worin er eine zur Zeit in Frankfurt ausgestellte
Wiederholung vom »Spiel der Wellen < rund heraus gesagt
für eine Fälschung erklärt, die so plump wäre, dass sie
jeder Laie als solche erkennen könne; die gleichzeitig aus-
gestellte Wiederholung vom »Schweigen im Walde« sei
zwar nach seiner Meinung nicht so ganz und so grob ge-
fälscht, aber immerhin unbedingt von absolut nicht böckli-
nischer Farbengebung, demnach besten Falls von anderer
Hand vollendet. Was aber liest man schon am nächsten
Tage? dass nämlich der Besitzer dieser Wiederholung vom
»Schweigen im Walde« die schriftliche Bestätigung des
alten Böcklin besitzt, dass dieses Bild eigenhändig von ihm
gemalt ist; und ferner, dass einwandfreie Zeugen erklären,
dass sie an der gedachten Wiederholung vom Spiel der
Wellen den Meister selbst haben arbeiten sehen Schliess-
lich haben auch noch die sämtlichen im Hause Böcklin
wohnhaften Glieder der Familie in aller Form kund ge-
than, dass die in Venedig ausgestellt gewesenen Bilder
vollständig eigenhändige Werke des verstorbenen Meisters
sind, und dass Carlo nach dem Tode des Vaters an kein
Bild von jenem den Pinsel gelegt hat. — Wenn man die
Kunstnachrichten der deutschen Presse durchmustert, so
scheint nächst der behaupteten Berufung Klinger's nach
Wien kein Ereignis so viel »Staub aufzuwirbeln« wie dieser
merkwürdige Bilderstreit.

Budapest. Vom Beginn des nächsten Jahres ab wird
hier eine der ungarischen Kunst gewidmete Zeitschrift im
Stil des »Studio« erscheinen, die Redaktion wird Karl Lyka,
den Verlag die Firma Singer & Wolfner führen. Man
plant, die Zeitschrift vorläufig sechsmal jährlich erscheinen
zu lassen.

BERICHTIGUNG

In meinem Aufsatz »Das Bildnis des Giovanni de'
Medici in den Uffizien« (Zeitschrift für bildende Kunst,
Heft 2, S. 40 ff.) hat die im Anhang Zeile 2 von oben
mitgeteilte Archivnotiz richtig zu lauten:

' 2 ____,

II barigiel hebe tsic!) quadri. Das un ist ausge-
strichen und die 2 darüber geschrieben. Zeile 2 von unten
lies statt Eins »Eius«.

Nachträglich sei bemerkt, dass Borghini »II Riposo«,
Firenze 1730, S. 254 im Besitz des Baccio Valori ein dem
Masaccio zugeschriebenes Porträt des älteren Baccio Valori
erwähnt. emil schaeffer.
 
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