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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 13.1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.5809#0110

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203

Institute und Gesellschaften.'— Sammlungen und Ausstellungen.

204

In jedem guten Führer durch Venedig steht zu lesen, dass
die erste Kapelle links in S. Francesco della Vigna, ganz
in Fresko ausgemalt von F. Zuccari und B. Franco, auf
dem Hochaltare eine Anbetung der Könige von ersterem
in Oel auf die Mauer von istrischem Marmor gemalt auf-
wies; dass dieses Bild so schadhaft geworden sei, dass
M. Angelo Qrigoletti, ein hier einst in hohem Ansehen
stehender Professor der Akademie, diese Freske im Jahre
1840 im Auftrage der Regierung kopierte, und dass seither
diese in Oel auf Leinwand gemalte Kopie auf dem Hoch-
altar, die sog. »Freske« bedeckend, aufgestellt war. Zum
Andenken an diesen Auftrag brachte man eine gross-
mächtige Inschrifttafel an, welche, die ganze Wand der
Kapelle links bedeckend, uns in riesigen Lettern in latei-
nischer Sprache zu Ehren Origoletti's mitteilt, wie er uns
hier den Zuccari in neuer Gestalt erhalten habe. — Der
jetzigen Generation ist es vielleicht zu verzeihen, wenn sie
all das vergessen hat und bei zufälliger Wegnahme des
Oelbildes eine »Entdeckung« gemacht zu haben glaubte.
Es kann jedoch den Berichterstattern für Zeitungen der
Vorwurf der Oberflächlichkeit nicht erspart werden. Ehe
sie zum Schreiben ausholten, hätten sie erst besser lesen
sollen, was gross und breit an der Wand steht. Von
einer »Entdeckung« ist also keine Rede. Das Bild Zuccari's
ist natürlich jetzt, nach weiteren 62 Jahren, in noch
schlechterem Zustande als damals. Die Kopie Grigoletti's
ist eine sehr respektable Arbeit, die jetzt ebenfalls übel
zugerichtet ist. Sie ist nun mittlerweile an der Seitenwand
der benachbarten Kapelle aufgestellt. — Was die Kom-
position des um 1564 gemalten Zuccari anbelangt, so ist
solche sehr konventionell zu nennen. Mehr als die Kom-
position ist nicht mehr zu sehen, denn fast zwei Dritteile
des ehemaligen Bildes ist abgeblättert, dessen Zerstörung
infolge der fast immer dem Untergange geweihten Technik
(Oel auf Mauergrund!) immerhin zu beklagen ist, trotz der
Grigoletti'schen Kopie. Aug. Wolf.

Zwei unbekannte Gemälde Goya's sind im Pro-
vinzialpalaste zu Pamplona entdeckt worden. Das eine
stellt das Porträt Ferdinands VII., das andere dasjenige
der Maria Louisa von Parma vor.

Gräberfunde. Bei Praunheim werden seit etwa sechs
Wochen Ausgrabungen veranstaltet, welche nunmehr zur
Blosslegung eines römischen Gräberfeldes geführt haben,
das als das grösste in Deutschland betrachtet werden muss
Bis jetzt sind 150 Gräber aufgedeckt, die erst einen kleinen
Teil darstellen. Die Ausbeute an Fundstücken ist sehr
wertvoll.

INSTITUTE UND GESELLSCHAFTEN

Rom. Archäologisches Institut. In der Adunanz vom
10. Januar trug Dr. Steinmann über einen Freskeneyklus
in der Engelsburg vor, der unter Paul III. gemalt wurde
und das Märchen von Amor und Psyche zum Gegenstande
hat. (Vergleiche Zeitschrift für bildende Kunst Januar 1902,
Heft 4.) Professor Hülsen teilte ein Inschriftfragment mit,
welches schon 1886 gefunden, zuerst keiner besonderen
Beachtung wert erschien. Jetzt erkannte er darauf die
Konsuln des Jahres 182 n. Chr. und die Namen abge-
gangener und neueingetretener Mitglieder des Priester-
kollegiums der Salier. Die sämtlichen Fragmente dieser
in Columnen auf die Marmorwände geschriebenen Listen
gehören den Jahren nach 170 an. Professor Hülsen ver-
mutet, dass unter Marc Aurel, dessen Eifer für diese
Priesterschaft bezeugt ist, auch die Kurie der Salier, welcher
das vorgelegte Fragment und andere schon bekannte ent-
stammen, neu gebaut worden sei. Aus dem Fundort des

letzten Stückes endlich schloss er, dass die Kurie am West-
abhang des Palatin gelegen habe in der Nähe des Tempels
der Magna mater. Professor Mau zeigte die Abbildung
einer altertümlich dorischen Säule, welche er im letzten
Sommer in Pompeji hatte freilegen lassen. An der starken
Schwellung des Schaftes, an der Plinthe unter demselben,
dem Hals und dem stark gerundeten Echinus wies er das
grosse Alter der nur 2,70 m hohen Säule nach. So geselle
sie sich nicht zu den kanonischen dorischen Tempeln von
Pästum und dem alten Tempel von Pompeji und sei auch
um Jahrhunderte älter als die sonstigen ältesten Bauten
der Stadt. Dies bestätige sich auch dadurch, dass die
Säule auf einem ca. 1/2 m tieferem Niveau stehe als die
Bauwerke in der Nähe. Über den Bau, von welchem
diese Säule das einzig übrig gebliebene ist, glaubte Pro-
fessor Mau zur Zeit noch keine Vermutungen äussern zu
dürfen. e. st.

SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN

Im Kgl. Kupferstich-Kabinett zu Berlin sind zur Zeit
einige sehr interessante Neuerwerbungen ausgestellt, Werke
deutscher, französischer und englischer Meister. Es sind
durchweg Leistungen ersten Ranges sowohl aus dem Ge-
biete des Stiches, wie aus dem der Radierung und der Litho-
graphie. In letzterer Beziehung sind zwei Arbeiten Manet's
»Knabe mit Hund« und der grosserfasste »Barrikaden-
kampf« hervorzuheben, vor allen Dingen aber die vortreff-
lichen Farbenlithographien, die über die gegenüberliegende
Wand verteilt sind. Sie zeigen mit zwingender Deutlichkeit
den grossen Fortschritt, der in neuester Zeit in dieser Hin-
sicht gemacht worden ist; es finden sich Drucke unter
ihnen, die von höchst malerischer Wirkung sind, ohne dass
sie ihren eigentlichen Charakter verleugneten und die in
ihrer dekorativen Erscheinung das grosse Verständnis ihrer
Schöpfer für die Eigenart des Steindrucks beweisen. Es
ist schwer, unter der Fülle des Guten das Wertvollste zu
nennen; Arbeiten, wie die »Landschaftsstudie« von Carlos
Orethe, wie Lunois' »Menuett«, das zugleich von der ausser-
ordentlich scharfen Beobachtungsgabe des Zeichners zeugt
oder wie Burger's »Weibliches Bildnis« verdienen das
höchste Lob. Eine charakteristische farbige Lithographie
des jüngst verstorbenen Toulouse-Lautrec wird ebenfalls
besonderes Interesse erwecken.

Unter den Radierungen findet sich nicht minder Voll-
endetes. Vieles ist längst wohlbekannt. KUnger's Arbeiten
aus der grossempfundenen »Folge vom Tode«, seines
Jüngers Oreiner kraftstrotzende Scene aus Dante's »Hölle«
fesseln immer aufs neue mit gleicher ursprünglicher Gewalt.
Unter Whistler's besonders zahlreich vorhandenen Radierun-
gen fällt das anmutige Bild des kleinen Lalouette, wie das
überaus malerische Nachtstück »Strasse in Zabern« und
das einfache Bildnis des Bildhauers Drouet auf. Ryssel-
berghe's »Heimkehrende Boote und BuboVs »Bauernhütten«
sind voll tiefer Stimmung und malerischer Empfindung,
Paul Helleu's Kaltnadelarbeit »Damenbildnis«, ebenso wie
Desboutin's »Selbstbildnis« und Rajon's Bracquemond sind
vorzügliche, äusserst fein erfasste, lebensvolle Porträts; des
letzteren »Darwin« nach Ouless sprüht ebenfalls von Leben,
als handle es sich um ein Porträt direkt nach der Natur.
Daubigny erreicht in Bezug auf Einfachheit und Grösse
fast Rembrandt in der Radierung »Mondscheinlandschaft«;
Gaillard's Stich nach Rembrandt's »Christus in Emmaus.
beweist, wie stark der Künstler die Art des Meisters nach-
empfand. Überhaupt wäre auch von den reproduzierenden
Stichen noch vieles zu rühmen, so das holländische Interieur
des Pieter de Hooch von Levasseur und Gustave Biot's
»Heilige Magdalena« nach Quentin Massys. — Auch
 
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