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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 13.1902

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schichte vielgenannte Tiefenbronner Altar von Lukas Moser
von 1432 ist erst durch eine neuere Publikation wirklich
bekannt geworden. Moser steht an dramatischer Gestaltungs-
kraft und Schärfe der Charakteristik gegen den wahrschein-
lich etwas jüngeren Ulmer Meister zurück, er überragt ihn
aber an Anmut und ganz besonders in der Raumauffassung
und in der Kühnheit landschaftlicher Darstellung und er-
innert in mancher Beziehung an den vom Oberrhein nach
Köln eingewanderten Stephan Lochner. — Wider alle Er-
wartung ist endlich in Basel trotz der starken Bilder-
zerstörung eine merkwürdige, starke Künstlerpersönlichkeit
aus dem Dunkel hervorgetreten, hauptsächlich durch das
Verdienst des Direktors der Baseler Sammlung D. Burkhardt.
Die Inschrift eines in Genf erhaltenen Altarflügels giebt
das Entstehungsjahr 1444 und den Namen eines Meisters
Konrad Sapientis aus Basel an, den man in Baseler Ur-
kunden unter seinem deutschen Namen Konrad Witz aus
Rottweil wiedergefunden hat. Mit Mültscher und Moser
vertritt er also in dieser Zeit eine bodenwüchsige ober-
deutsche Kunst. Auf den Genfer Altarflügeln ist besonders
die porträtartige Widergabe des Genfer Sees hervorzuheben.
Als Reste eines grossen Altars von ihm sind dann drei in
Basel, Neapel und Strassburg zerstreute Tafeln erkannt
worden. Konrad Witz ist Moser noch in der erfolgreichen
Raumgestaltung und Landschaftsmalerei überlegen. Er
beweist eine sehr scharf blickende Beobachtung in der
Freude am Lichtspiel und in der Stoffcharakteristik, während
er sich im Anatomischen und in der geistigen Belebung
der Köpfe nicht über seine Zeit erhebt. Das unterscheidet
ihn von den Niederländern, an die er in jenen Dingen er-
innert (namentlich an die Bilder des Meisters von Flemalle).
Man kann sich aber solche Anregungen bei ihm, ohne
dass er in den Niederlanden gearbeitet zu haben braucht,
durch das Basler Konzil erklären, das einen Austausch
der Kunstvorstellungen mit sich gebracht zu haben scheint.
Konrad Witz steht übrigens ohne eigentliche Nachfolger da.

Der darauffolgende Vortrag des Herrn Lippmann
»Uber Fälschungen von Kunstsachen« sollte, ohne das
Thema wissenschaftlich zu erschöpfen, die Anwesenden
mit einer Reihe einzelner Beobachtungen bekannt machen.
Die Kunstfälschung ist so alt wie das Sammeln. Sie hat
im Kupferstich schon im 15. Jahrhundert begonnen, indem
Blätter beliebter Meister und Blockbücher, so z. B. die mit
Schongauer's oder Dürer's Namen bezeichneten Stiche
kopiert wurden, ohne dass eine betrügerische Absicht
dabei vorlag. Als absichtliche Fälschungen sind aber ge-
wiss schon die von den Wierix und anderen niederländischen
Stechern in Umlauf gebrachten Blätter anzusehen. Als
bald nach Dürer's Tode Rudolf II. u. a. seine Zeichnungen
zu sammeln anfingen, kamen aus der Sammlung Imhoff
schon bewusste Imitationen in seinen Besitz, an denen
verschiedene Maler, wie Hans Gärtner und Hans Hoffmann
in Nürnberg beteiligt waren. Im 17. und 18. Jahr-
hundert nimmt diese Art Fälschung ihren Fortgang. In
moderner Zeit hat sich die Nachahmung namentlich Rem-
brandt und seiner Schule zugewandt. So wusste z. B. in
den vierziger Jahren in München ein gewisser Hermann
schlechten Abdrücken durch Nachziehen der verlorenen
feinen Striche mit der Feder das Ansehen von guten zu
geben (»hermannisierte Blätter«) und phantastische Hand-
zeichnungen in altdeutscher Manier anzufertigen. Schlechte
Rembrandtstiche zu verschönern gelang vor etwa 20 Jahren
noch besser einer in Paris lebenden Frau, indem sie mit
Firnis auf denselben zeichnete und sie dann mit pulve-
risierter Druckerschwärze bestreute. Neuerdings ist die
Heliogravüre an Stelle solcher Fälschung getreten. — Das
bequemste Hauptgebiet der Nachahmung bildet das Kunst-
gewerbe. Die Fälschung von Goldschmiedearbeiten nahm

in Wien ihren Anfang, als zuerst auf Eitelbergers An-
regung alte Sachen aus dem Ordensschatz nachgeformt
und galvanoplastisch vergoldet wurden. Solche Stücke
sind besonders von Frankfurt aus in Umlauf gesetzt
worden. In der Fabrikation gefälschter Möbel hat Köln
Unglaubliches geleistet. Für Elfenbein-, Kupfer- und Silber-
arbeiten that sich in Paris, für die letzteren auch in Spanien
eine Fälscherwerkstätte auf. Mit harmloser Nachahmung
begann auch die Fälschung alter Gewebe. Aber obwohl
I die nachgewebten durch die andere Art der Bindung auf
der Rückseite leicht zu erkennen sind, konnten, nachdem
sie verschossen waren, Unerfahrene dadurch getäuscht
werden. Die Verbreitung kunstgeschichtlicher Kenntnisse
liess die Fälscher auch in höhere Gebiete eindringen. In
Siena sind z. B. alte Bilder nachgeahmt worden, und die
sogenannten Bastinianibüsten wurden sogar in den Louvre
eingeschmuggelt. Andrerseits ist die Arbeit den Fälschern
infolge der Verschärfung der Augen durch Photographie
und Abgüsse heute bedeutend erschwert worden. Über-
haupt erscheint der Begriff der Fälschung als ein sehr
relativer. Nach 10—20 Jahren pflegt kein Sachverständiger
mehr getäuscht zu werden. O. W.

PERSONALIEN

Karlsruhe. Der Grossherzog hat den Maler Wilhelm
Süs, der es in den letzten Jahren auf dem Felde der
I Keramik zu hoher Meisterschaft gebracht hat, nach Karls-
ruhe berufen und ihm ein kleines Atelierhaus bauen lassen,
von dem aus man eine wirksame Belebung der Scharf-
feuer-Bemalung in badischen Landen erwartet.

Professor Hubert Salentin, der Altmeister der
Düsseldorfer Genremalerei hat in voller Frische am 15. Ja-
nuar seinen 80. Geburtstag begangen.

SAMMLUNGEN UND AUSSTELLUNGEN

Wien. Im Künstlerhause sind gleichzeitig zwei grosse
Ausstellungen von Landschaften (200 und 216 Nummern)
zu verzeichnen, die unter den Hammer kommen. Die eine
ist der Nachlass Eugen Jettel's (geboren 1845 zu Janowitz
in Mähren, gestorben am 27. August 1901), die andere der
Ateliervorrat Eduard von Lichtenfels' (geboren Wien 1833),
der vor kurzem als Professor der Landschaftsmalerei an
hiesiger Akademie in den Ruhestand getreten ist. Jettel
war eines der gründenden Mitglieder der Secession und
über zwanzig Jahre in Paris ansässig. Mit Schindler, Russ
und anderen Schülern Albert Zimmermann's an der Wiener
Akademie, wandte er sich, wie sie, alsbald dem franzö-
sischen Impressionismus zu. Mit einer grossen Sumpf-
landschaft, in der ein Rabenschwarm flattert, erregte er
auf der Wiener Weltausstellung (1873) Aufsehen; sie wurde
für die akademische Galerie gekauft. Er ging dann nach
Paris, Barbizon, Holland. Bilder und Studien aus dieser
Zeit zeigen ihn tief im Banne Troyon's und Rousseau's
befangen, deren Goldigkeit er allerdings nicht entfernt er-
reicht. Seine persönliche Stimmung lag in der Richtung
eines silberhaltigen Grau und Blau, wie es damals in der
Bretagne und Normandie gesucht wurde, auch von Öster-
reichern (Hörmann, Brozik, Ribarz, Frl. Parmentier). Diese
und die fahlen Töne des Ackerlandes wusste er mit einer
ganz persönlichen Feinfühligkeit in homöopathischen Ver-
dünnungen zu bringen, für die er immer neue, kaum merk-
liche Abstufungen fand. Daran waren Jettel'sche Bilder
weithin zu erkennen. Es war seine eigene Skala, aus der
das Weiss seiner Haustünchen und Enten und der blass-
blaue Spiegel seiner beliebten Tümpel als besondere Noten
hervorstachen. So malte er das ländliche Idyll von Cayeux,
Auvers, Nieuwkerk (Südholland), Staatz (Osterreich) und
 
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