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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 13.1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.5809#0167

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317

Vom Kunstmarkt.

318

einer besonderen Abteilung, welche vordem über einer
Thür eines Sales stand, sind in Halbfiguren die zwei
Philosophen Democritus und Heraclitus abgebildet; in den
übrigen Stücken sieben gewaltige, einzeln in Nischen
stehende Persönlichkeiten. In ihrer Art stehen diese Fres-
ken gewissermassen als unica da, nicht nur wegen ihrer
Erhabenheit an und für sich, sondern auch als Specimen
eines Malerwerkes des sonst nur als Baumeister bekannten
Urbinaten. Dass er aber gelegentlich auch als Maler ge-
wirkt, wird auf verschiedenen Seiten von älteren Schrift-
stellern bezeugt. Und zwar erstens von seinem Zeit-
genossen G. Battista Caporali, in einem von ihm ver-
fassten Kommentar des Vitruv. Bei einer Erwähnung
Bramante's daselbst heisst es nämlich, er sei zuerst Maler
gewesen, und zwar kein mittelmässiger — »da prima fu
pittore, e non mediocre«. Auf die Fresken aber, um die es
sich handelt, bezieht sich ein Passus in dem Trattato
della pittura scultura e architettura vom mailänder Maler
und Schriftsteller Giov. Paolo Lomazzo (zweite Hälfte des
16. Jahrhunderts). Als Werke Bramante's erwähnt er
eben in dem genannten Hause den lachenden und den
weinenden Philosophen, sowie die drei Kriegergestalten,
die unter den stehenden Männern vorkommen, indem er
sie mit drei Persönlichkeiten namhaft macht, welche sich
zur Zeit in der Übung der Waffen in Mailand einen ge-
wissen Ruhm erworben hatten.

Desgleichen werden diese Fresken ein Jahrhundert
später in dem Ritralto di Milano von Torre (einer Be-
schreibung der Stadt Mailand) als Werke Bramante's ver-
herrlicht mit der Zuthat — opere prodigiose che ingannano
l'occhio in farsi credere opere da sculpti marmi e non
dalla pittura. —

Um so mehr ist denn zu bedauern, dass, infolge der
in dem alten Hause im vorigen Jahrhundert vorgenommenen
Erneuerungen, von den sieben ganzen Figuren fünf nur
als Brustbilder erhalten blieben und alle zusammen mehr
oder weniger von ungeschickten Restaurationen, besonders in
den Nischenhintergründen, auf willkürliche Weise berührt
wurden. Wer dieses Umstandes gewahr zu werden
wünscht, braucht nur die Stücke in der Galerie mit den
früher von Anderson aus Rom aufgenommenen Photo-
graphien, nachdem die Restaurationen entfernt worden, zu
vergleichen und wird somit besser bestätigen können,
wie es der ursprüngliche Meister damit gemeint hatte.

Bedenkt man, welche Wichtigkeit Bramante auch als
Maler zuzuerkennen, insofern er als ein Verbindungsglied
zwischen der strengen mittelitalienischen Kunst eines
Melozzo da Forli, mit dem er in seinen früheren Jahren
in Verbindung gestanden haben muss, und der mailändischen
der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts anzusehen ist,
so mag wohl allerseits von den Kunstfreunden das Ver-
dienst anerkannt werden, welches sich der Direktor der
Breragalerie, Prof. Corrado Ricci, mit dem Erwerb der
angedeuteten Werke gesichert.

Bramante's grossartige Fresken sollen demnächst in
einem besonderen Saal der Galerie neben denjenigen
seines Schülers und Nachfolgers in Mailand, Bramantino
genannt, aufgestellt werden und den Zusammenhang ihrer
Bestrebungen auf die zweckmässigste Weise darlegen.

Gustav Frizzoni.

Das Gemälde Frühlingshymne« von Böcklin ist

für das Leipziger Museum angekauft worden.

Max Seliger, Direktor der Leipziger Kunstakademie,
hat in den Räumen des ihm unterstellten Instituts eine
grosse Sammlung von Studien ausgestellt, die einen Ein-
blick in die Thätigkeit dieses begabten Künstlers gestatten.
Neben einer Menge dekorativer Arbeiten, neben einer
grossen Zahl von Entwürfen für angewandte Kunst finden

wir daselbst Naturstudien, deren Freiheit, Kühnheit und
Frische einen ausgezeichneten Befähigungsnachweis für die
Leitung einer Kunstschule von Bedeutung bieten. In den
landschaftlichen und figürlichen Arbeiten zeigt der Künstler
einen feinen Farbensinn, eine Geschwindigkeit und Kraft
der Auffassung, die sehr günstige Wirkungen auf die Zög-
linge der Akademie erhoffen lässt. Die glänzende Technik
des Künstlers ist ein Produkt emsigen Fleisses, verbunden
mit einer ungewöhnlichen Anlage; Auge und Hand stehen
bei ihm im engsten Rapport. Besser hätte sich der Künstler
nicht vorstellen können.

Leipzig. In Del Vecchio's Ausstellung für Kunst
aller Art und Zeit ist jetzt eine Ausstellung des Vereins
der Künstlerinnen und Kunstfreundinnen eröffnet worden,
welche sehr reich beschickt worden ist. Ferner sind neu
plaziert worden eine Kollektion von Werken Karlsruher
Künstler wie F. Kallmorgen, K. O. Matthaei, Ludw. Dill,
Hermann Daur, Alb. Haueisen, F. Fehr, weiter Kollektiv-
Ausstellungen von F. Schwinge-Hamburg, A. Weinberger-
Wiesbaden, Ed. Jos. Müller-Frankfurt a. M. Einzelwerke
u. a. von K. Bürger, M. Moser, Ernst Meissner, Adolf
Böhm, H. Wrage, Hugo Knorr, Horst Hacker, M. Weinert,
A. Lang, sowie neues Kunstgewerbe, wie Büsten, Statuetten,
Vasen, Säulen aus Bronze, Terrakotta, Steinguss u. s. w.

Turin. Die internationale Ausstellung für dekorative
Kunst wird am 26. April eröffnet werden.

VOM KUNSTMARKT

Auktionspreise bei Lepke; Sammlung Gurlitt: Wilh.
Leibl's »Griechenporträt « 4500 M., Hans Thoma's »Meeres-
luft« 3650 M., Max Liebermann's »Dorfidyll« 3500 M., der-
selbe »Bei der Arbeit« 1460 M., Andreas Achenbach's
»Westfälische Mühle« 3200 M., E. Serra's »Pontinische
Sümpfe« 3000 M., Hans Gude's »Norwegischer Strand«
2200 M., F. v. Piloty's »Kapuzinerpredigt« 2500 M., P. Sa-
lina's »Am Brunnen in Subiaco« 1590 M., F. von Lenbach's
»Kinderporträt « 2000 M., J. Wopfner's »Kriegszeit« 1500 M.,
W. Simmler's »Gemsjäger« 1000 M., W. Camphausen's
»Gefangenentransport« 700 M., C. Vighi's »Apenninland-
schaften« 855 M., Ch. Heuvel's »In der Schule« 670 M.
Der Gesamtertrag der beiden ersten Auktionstage war
rund 70000 Mark. — Bei Christie in London erzielten
sechs Miniaturen von Cosway sensationelle Preise, so
»Madame du Barry« 21000 M. und »Herzogin von Cumber-
land« 18930 M. Wie üblich erzielten die Damenminiaturen
viel höhere Preise, als die Herrenminiaturen. Der höchste
Preis für diese — »Oberst Beranger« — war 8060 M. —
Bei Helbing's Kupferstichauktion: Dürer, »Marienleben«
2160 M., »Wappen mit dem Totenkopf« 1700 M., »Heil.
Hubertus« 1600 M., »Verlorene Sohn« 880 M., [»Christus
am Ölberg« 450 M., »Hieronymus im Gehäuse 450 M.,
»Maria mit dem Affen« 450 M., »Maria mit dem Schmetter-
ling« 355 M. — Von den Aldegrever'schen Stichen: »Das
Porträt des Herzogs von Jülich und Cleve« 440 M., »Bern-
hard Knipperdolling« 400 M., »Die grosse Dolchscheide««
330 M., »Die drei Kühe« von Berghem, im ersten Abdruck,
340 M., »Das Porträt des L. Vorstermann« von A. van
Dyck, im ersten Abdruck, 510 M. Das Clair-obscur-Blatt
»Alcyon tötet die Schlange« von H. U. Pilgrim (Meister
mit den gekreuzten Stäben) 480 M., Israel van Meckenen
Zwei Apostel im gotischen Ornament« B. 81 und »Die
hl. Familie mit St. Anna auf gotischem Throne« je 380 M.,
Giulio Campagnola »Christus und die Samariterin« 940 M.,
»Die Geburt Christi« von Nicoletto da Modena 450M., »Chri-
stus zwischen zwei Heiligen« von Andrea Mantegna 305 M.
Von den Raimondi-Stichen: »Der Kindermord« nach Ra-
 
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