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Bücherschau.
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zahlreichen Aufnahmen der durchaus nach malerischen
Gesichtspunkten komponierten frühen Fresken von Sodoma
in S. Francesco in Subiaco, über die Schmarsow in den
Sitzungsberichten der K. Sächs. Oes. d. Wiss., 14. Nov.
igol, gehandelt hat.
Die Deutschen sind vertreten durch zwei Bilder des
15. Jahrhunderts im Schlosse Lichtenstein, einige Tafeln
des Meisters von Messkirch ebendaselbst, die mit solchen
derGalerie von Donaueschingen zusammen zu gehören schei-
nen, und den etwas klobigen Sebastiansaltar von Dinkelsbühl,
der wohl durch einen in Nürnberg ausgebildeten Künstler
um 1520 (eher als um 1530) ausgeführt worden ist. —
Die beiden holländischen Bilder aus der Wende des
15. Jahrhunderts bieten so viel Berührungspunkte, dass sie
sehr wohl in der vom Texte angedeuteten Reihenfolge
von einem und demselben Künstler geschaffen sein
können. — Dem Unternehmen wünschen wir in immer
verstärktem Masse die weiteste Verbreitung. w. v S.
Reproductions in Facsimile of Drawings by the old
Masters in the Collection of the Earl of Pembroke and
Montgomery at Wilton House. With Text by S. Arthur
Strong. Part III. London, P. & D. Colnaghi, 1901.
Es ist mit Freuden zu begrüssen, dass die noch immer
unermesslichen Kunstschätze des englischen Privatbesitzes
mehr und mehr durch systematische Publikationen dem
Studium bequem zugänglich gemacht werden. Die Firma
Braun in Dornach hat eine Serie von Photographien zu
veröffentlichen begonnen, die Bilder aus den Galerien
Cook, A. Rothschild, Benson, Farrer, Duke of Westminster
reproduzieren; die unlängst in den Besitz des Staates über-
gegangene Wallace-Sammlung, sowie die reichen Galerien
des Duke of Wellington, des Duke of Westminster, die
Windsorkollektion u. a. sind Gegenstand reich ausgestatteter
Sonderpublikationen, die mit ihren Heliogravüren gegen-
über den recht mässigen älteren Werken, wie Gower's
Historie Galeries of England, einen leichten Stand haben.
Ihnen reiht sich das oben angezeigte Lieferungswerk wür-
dig an. Die Zeichnungsammlung des Earl of Pembroke,
im Anfang des 18. Jahrhunderts angelegt, genoss stets
eines besonderen Ansehens, wenngleich fast niemals etwas
aus ihren Beständen in Ausstellungen oder bei anderen
Gelegenheiten gezeigt wurde. Die bisher erschienenen
zwei Lieferungen rechtfertigen die günstige Meinung von
dem Geschmack, den die Gönner Holbein's und van Dyck's
ihren Nachfahren als Erbe hinterlassen haben. Besonders
reichhaltig sind die oberitalienischen Schulen vertreten,
eine Silberstiftskizze Leonardo's zum Sforzamonument, eine
Federzeichnung van Dyck's zu dem Reiterbildnis des Grafen
Arenberg in Holnham, einige Rötelstudien Correggio's,
eine Bisterstudie von Antonio Pollajuolo und ein sorgfältig
ausgeführter Entwurf zu einem florentiner Marmoraltar
seien als pieces de resistance hervorgehoben. In der un-
längst ausgegebenen dritten Lieferung finden wir eine
nicht ganz einwandfreie Studie zu Raffael's Schlüsselüber-
gabe, zwei Corieggio zugeschriebene Rötelzeichnungen,
eine heilige Familie von Pontormo, eine Gruppe aus So-
doma's Fresko der Vermählung Mariä in San Bernardino
zu Siena, einen weiblichen Profilkopf aus dem Schülerkreise
Lionardo's, eine Kindergruppe von Duquesnoy und eine
Federzeichnung — Abweisung des Opfers Joseph's —, die
der Verfasser des Textes auf die Autorität Sidney Col-
vins hin dem unlängst seinem wahren Namen Dirk Vellert
nach bekannt gewordenen Kupferstecher und Glasmaler
zuschreibt, dessen Monogramm D. V. bisher auf Dirk van
Staren gedeutet wurde.
Der Text, der sich auf kurze Angaben über den Gegen-
stand der Darstellungen und die Zuschreibung beschränkt,
würde durch genaue Mitteilung der Masse, der Wasser-
zeichen sowie der Herkunft der einzelnen Blätter, soweit
sich diese verfolgen lässt, an wissenschaftlicher Brauchbar-
keit gewinnen. Auch über die Geschichte der Sammlung
könnte der Verfasser vielleicht in einer Schlusslieferung
noch wertvolle Aufschlüsse geben. Es würde z. B. inter-
essieren, zu erfahren, ob Thomas Pembroke 1678 mit einem
Teil der berühmten Antiken Arundels auch den Grund-
stock zu dieser reichhaltigen Zeichnungssammlung erworben
habe, da über die Schicksale der zum Teil von Hollar ra-
dierten Handzeichnungen Arundel's noch immer Unklarheit
herrscht.
Schriever. Der Dom zu Osnabrück und seine Kunst-
schätze. Osnabrück, F. Schöningh, 10,01. 8° mit sieben
Lichtdrucktafeln und vielen Textabbildungen.
Das kleine Schriftchen ist gelegentlich einer Katholiken-
versammlung in der niedersächsichen Bischofsstadt von
einem Domkapitular verfasst und stellt sich die Aufgabe,
die Baugeschichte und Altertümer des romanischen Petri-
domes und seiner reichen Schatzkammer durch Abbildungen
und Beschreibungen in weiteren Kreisen bekannt zu ma-
chen. Der Text zeugt von einer rührenden, laienhaften
Naivität in kunsthistorischen Dingen und legt den Wunsch
nahe, dass das belehrende archäologische Handbuch des
hannoverischen Provinzialkonservators Reimers unter den
Geistlichen des Osnabrücker Sprengeis in Zukunft mehr
Verbreitung finden möge. Unter den abgebildeten Kirchen-
geräten und Kunstwerken interessieren der kupferne Tauf-
kessel aus dem 12. Jahrhundert (p. 7), der sogenannte
Elfenbeinkamm Karl's des Grossen, einige frühmittelalter-
liche Elfenbeinreliquiare, zwei gotische Silberschreine und
insbesondere die in Silber getriebene Madonnenstatuette,
die nicht, wie der Verfasser (p. I07ff.) mit komischer Um-
ständlichkeit auseinandersetzt »teils romanisch, teils gotisch«
ist, vielmehr als eine künstlerisch wertvolle Arbeit aus dem
Anfang des 15. Jahrhundert gelten muss, während die beiden
silbernen Apostelfiguren des Petrus und Paulus einer etwas
vorgeschritteneren Epoche desselben Jahrhunderts angehören
(p. 103t.). Ferner ein sehr reicher Abendmahlskelch von
Engelbert Hofftege — aurifaber de Cosvldyge — (1469),
der zierliche Tenebrenleuchter (15. Jahrhundert, p. 123)
und zahlreiche Textilarbeiten.
Die Freude an diesen Schätzen darf man sich nicht
trüben lassen durch das Gefühl der Beschämung, dass in
Deutschland, wo zur Zeit so pathetisch von der »Kunst-
erziehung des Volkes« peroriert wird, derartige Kostbarkeiten
der Fürsorge von Geistlichen anvertraut sind, deren kunst-
geschichtliche Kenntnisse leider gar keine Gewähr dafür
bieten, dass das Wertvolle als solches erkannt und auch
in kunstpädagogischem Sinne nutzbar gemacht wird. Wenn
der Verfasser in seinem Vorwort sagt, dass die Kunst-
schätze des Osnabrücker Doms »wohl geeignet sind, eine
Bildungsschule im kleinen für das Kunststudium abzu-
geben und dieses Studium anzuregen«, so hat er durchaus
recht. Aber sein Text giebt bei aller Liebe und Ehrfurcht,
mit der er von den Kunstwerken spricht — leider den Be-
weis, dass das Studium dieser Dinge auch bei den am
ehesten dazu Berufenen noch ein frommer Wunsch für
die Zunkunft ist.
Alfred Lehmann, Das Bildnis bei den altdeutschen
Meistern bis auf Dürer. Leipzig, K. W. Hiersemann,
1901, mit 72 Abbildungen.
Im Vorwort des Buches teilt der Verfasser mit, dass
es einen wesentlich erweiterten und berichtigten Abdruck
einer der philosophischen Fakultät zu Heidelberg vorge-
legten Doktordissertation darstellt. Dies Vorwort, wie auch
die 14 Seiten umfassende Einleitung beweisen ohnedies die
starke Einwirkung, die der Lehrer der Kunstgeschichte an
der Carolo-Ruperta auf seinen Hörerkreis ausübt. Sie sind
Bücherschau.
392
zahlreichen Aufnahmen der durchaus nach malerischen
Gesichtspunkten komponierten frühen Fresken von Sodoma
in S. Francesco in Subiaco, über die Schmarsow in den
Sitzungsberichten der K. Sächs. Oes. d. Wiss., 14. Nov.
igol, gehandelt hat.
Die Deutschen sind vertreten durch zwei Bilder des
15. Jahrhunderts im Schlosse Lichtenstein, einige Tafeln
des Meisters von Messkirch ebendaselbst, die mit solchen
derGalerie von Donaueschingen zusammen zu gehören schei-
nen, und den etwas klobigen Sebastiansaltar von Dinkelsbühl,
der wohl durch einen in Nürnberg ausgebildeten Künstler
um 1520 (eher als um 1530) ausgeführt worden ist. —
Die beiden holländischen Bilder aus der Wende des
15. Jahrhunderts bieten so viel Berührungspunkte, dass sie
sehr wohl in der vom Texte angedeuteten Reihenfolge
von einem und demselben Künstler geschaffen sein
können. — Dem Unternehmen wünschen wir in immer
verstärktem Masse die weiteste Verbreitung. w. v S.
Reproductions in Facsimile of Drawings by the old
Masters in the Collection of the Earl of Pembroke and
Montgomery at Wilton House. With Text by S. Arthur
Strong. Part III. London, P. & D. Colnaghi, 1901.
Es ist mit Freuden zu begrüssen, dass die noch immer
unermesslichen Kunstschätze des englischen Privatbesitzes
mehr und mehr durch systematische Publikationen dem
Studium bequem zugänglich gemacht werden. Die Firma
Braun in Dornach hat eine Serie von Photographien zu
veröffentlichen begonnen, die Bilder aus den Galerien
Cook, A. Rothschild, Benson, Farrer, Duke of Westminster
reproduzieren; die unlängst in den Besitz des Staates über-
gegangene Wallace-Sammlung, sowie die reichen Galerien
des Duke of Wellington, des Duke of Westminster, die
Windsorkollektion u. a. sind Gegenstand reich ausgestatteter
Sonderpublikationen, die mit ihren Heliogravüren gegen-
über den recht mässigen älteren Werken, wie Gower's
Historie Galeries of England, einen leichten Stand haben.
Ihnen reiht sich das oben angezeigte Lieferungswerk wür-
dig an. Die Zeichnungsammlung des Earl of Pembroke,
im Anfang des 18. Jahrhunderts angelegt, genoss stets
eines besonderen Ansehens, wenngleich fast niemals etwas
aus ihren Beständen in Ausstellungen oder bei anderen
Gelegenheiten gezeigt wurde. Die bisher erschienenen
zwei Lieferungen rechtfertigen die günstige Meinung von
dem Geschmack, den die Gönner Holbein's und van Dyck's
ihren Nachfahren als Erbe hinterlassen haben. Besonders
reichhaltig sind die oberitalienischen Schulen vertreten,
eine Silberstiftskizze Leonardo's zum Sforzamonument, eine
Federzeichnung van Dyck's zu dem Reiterbildnis des Grafen
Arenberg in Holnham, einige Rötelstudien Correggio's,
eine Bisterstudie von Antonio Pollajuolo und ein sorgfältig
ausgeführter Entwurf zu einem florentiner Marmoraltar
seien als pieces de resistance hervorgehoben. In der un-
längst ausgegebenen dritten Lieferung finden wir eine
nicht ganz einwandfreie Studie zu Raffael's Schlüsselüber-
gabe, zwei Corieggio zugeschriebene Rötelzeichnungen,
eine heilige Familie von Pontormo, eine Gruppe aus So-
doma's Fresko der Vermählung Mariä in San Bernardino
zu Siena, einen weiblichen Profilkopf aus dem Schülerkreise
Lionardo's, eine Kindergruppe von Duquesnoy und eine
Federzeichnung — Abweisung des Opfers Joseph's —, die
der Verfasser des Textes auf die Autorität Sidney Col-
vins hin dem unlängst seinem wahren Namen Dirk Vellert
nach bekannt gewordenen Kupferstecher und Glasmaler
zuschreibt, dessen Monogramm D. V. bisher auf Dirk van
Staren gedeutet wurde.
Der Text, der sich auf kurze Angaben über den Gegen-
stand der Darstellungen und die Zuschreibung beschränkt,
würde durch genaue Mitteilung der Masse, der Wasser-
zeichen sowie der Herkunft der einzelnen Blätter, soweit
sich diese verfolgen lässt, an wissenschaftlicher Brauchbar-
keit gewinnen. Auch über die Geschichte der Sammlung
könnte der Verfasser vielleicht in einer Schlusslieferung
noch wertvolle Aufschlüsse geben. Es würde z. B. inter-
essieren, zu erfahren, ob Thomas Pembroke 1678 mit einem
Teil der berühmten Antiken Arundels auch den Grund-
stock zu dieser reichhaltigen Zeichnungssammlung erworben
habe, da über die Schicksale der zum Teil von Hollar ra-
dierten Handzeichnungen Arundel's noch immer Unklarheit
herrscht.
Schriever. Der Dom zu Osnabrück und seine Kunst-
schätze. Osnabrück, F. Schöningh, 10,01. 8° mit sieben
Lichtdrucktafeln und vielen Textabbildungen.
Das kleine Schriftchen ist gelegentlich einer Katholiken-
versammlung in der niedersächsichen Bischofsstadt von
einem Domkapitular verfasst und stellt sich die Aufgabe,
die Baugeschichte und Altertümer des romanischen Petri-
domes und seiner reichen Schatzkammer durch Abbildungen
und Beschreibungen in weiteren Kreisen bekannt zu ma-
chen. Der Text zeugt von einer rührenden, laienhaften
Naivität in kunsthistorischen Dingen und legt den Wunsch
nahe, dass das belehrende archäologische Handbuch des
hannoverischen Provinzialkonservators Reimers unter den
Geistlichen des Osnabrücker Sprengeis in Zukunft mehr
Verbreitung finden möge. Unter den abgebildeten Kirchen-
geräten und Kunstwerken interessieren der kupferne Tauf-
kessel aus dem 12. Jahrhundert (p. 7), der sogenannte
Elfenbeinkamm Karl's des Grossen, einige frühmittelalter-
liche Elfenbeinreliquiare, zwei gotische Silberschreine und
insbesondere die in Silber getriebene Madonnenstatuette,
die nicht, wie der Verfasser (p. I07ff.) mit komischer Um-
ständlichkeit auseinandersetzt »teils romanisch, teils gotisch«
ist, vielmehr als eine künstlerisch wertvolle Arbeit aus dem
Anfang des 15. Jahrhundert gelten muss, während die beiden
silbernen Apostelfiguren des Petrus und Paulus einer etwas
vorgeschritteneren Epoche desselben Jahrhunderts angehören
(p. 103t.). Ferner ein sehr reicher Abendmahlskelch von
Engelbert Hofftege — aurifaber de Cosvldyge — (1469),
der zierliche Tenebrenleuchter (15. Jahrhundert, p. 123)
und zahlreiche Textilarbeiten.
Die Freude an diesen Schätzen darf man sich nicht
trüben lassen durch das Gefühl der Beschämung, dass in
Deutschland, wo zur Zeit so pathetisch von der »Kunst-
erziehung des Volkes« peroriert wird, derartige Kostbarkeiten
der Fürsorge von Geistlichen anvertraut sind, deren kunst-
geschichtliche Kenntnisse leider gar keine Gewähr dafür
bieten, dass das Wertvolle als solches erkannt und auch
in kunstpädagogischem Sinne nutzbar gemacht wird. Wenn
der Verfasser in seinem Vorwort sagt, dass die Kunst-
schätze des Osnabrücker Doms »wohl geeignet sind, eine
Bildungsschule im kleinen für das Kunststudium abzu-
geben und dieses Studium anzuregen«, so hat er durchaus
recht. Aber sein Text giebt bei aller Liebe und Ehrfurcht,
mit der er von den Kunstwerken spricht — leider den Be-
weis, dass das Studium dieser Dinge auch bei den am
ehesten dazu Berufenen noch ein frommer Wunsch für
die Zunkunft ist.
Alfred Lehmann, Das Bildnis bei den altdeutschen
Meistern bis auf Dürer. Leipzig, K. W. Hiersemann,
1901, mit 72 Abbildungen.
Im Vorwort des Buches teilt der Verfasser mit, dass
es einen wesentlich erweiterten und berichtigten Abdruck
einer der philosophischen Fakultät zu Heidelberg vorge-
legten Doktordissertation darstellt. Dies Vorwort, wie auch
die 14 Seiten umfassende Einleitung beweisen ohnedies die
starke Einwirkung, die der Lehrer der Kunstgeschichte an
der Carolo-Ruperta auf seinen Hörerkreis ausübt. Sie sind