Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Hinweis: Ihre bisherige Sitzung ist abgelaufen. Sie arbeiten in einer neuen Sitzung weiter.
Metadaten

Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 13.1902

DOI Artikel:
Leistikow, Walter: Otto Eckmann
DOI Artikel:
Graevenitz, G. von: Die Brandenburg-Kapelle in der Kirche Maria dell' Anima zu Rom
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.5809#0242

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
467

Die Brandenburg-Kapelle in der Kirche Maria dell' Anima zu Rom.

468

zeugung, die durch nichts zu erschüttern war, dass
sein Wille der rechte, dass sein Glaube der selig-
machende. Er wusste, dass seine Kunst die Kunst
an sich war. Dieses Wissen hat noch immer Wun-
der gewirkt.

Das gab ihm den starken Rückhalt mit That und
Wort Propaganda zu machen, mit lodernder Bered-
samkeit den Zweifler, den Lauen anzueifern, anzu-
feuern, zu überwinden. Das war auch der Grund,
weshalb er in der Polemik manchmal allzuweit ging
und sich zu Angriffen hinreissen Hess, die trübend
und störend wirkten, Hass und Feindschaft ihm ein-
bringen mussten. Aber das wäre nie geschehen, er
hätte sich fester im Zügel gehabt, wäre er nicht durch
die totbringende Krankheit Jahre lang gepeinigt, ge-
schwächt und irritiert worden.

Ein unermüdlicher Arbeiter lebte er nur seinem
Werk. Sein Ehrgeiz aber begnügte sich nicht be-
kannt und bewundert zu werden, er war von jenem
Ehrgeiz ergriffen, der von der rechten Art ist. Er
arbeitete für sich und an sich. Nie zufrieden inner-
lich, suchte er sein Können zu höhen, seine Kunst
künstlerischer zu gestalten. Auch darum ist es ein
Jammer, dass sein Wirken so früh beendet sein
musste! Manch feines Ding hätte er noch ersonnen,
manch köstliche Sache erfunden.

Bei all den kunstgewerblichen Bestrebungen, denen
er seine Kraft lieh, kam sein schöner Farbensinn zur
richtigen Wirkung. Sein Gefühl für delikate kolo-
ristische Schönheiten war ausserordentlich sicher und
stets geschmackvoll. Zart, fein, feminin vielleicht —
ich will nicht sagen schwächlich — aber von grossem
Reiz sind seine Tonstimmungen. Mit ihrer ein-
schmeichelnden Schönheit haben sie gewiss das meiste
dazu beigetragen, ihren Schöpfer so ausserordentlich
schnell hier in Berlin festen Fuss fassen zu lassen
und in wenigen Jahren den Fremden, dem man
ängstlich und misstrauisch entgegensah, weil er ja die
Moderne vertrat, zu dem Liebling und Freunde aller
zu machen, die Sinn und Augen für Kunst und
Kunstgewerbe offen hatten.

Mir liegt es fern, das Werk Otto Eckmann's kritisch
beleuchten zu wollen — dafür giebt es berufenere
Federn, die ihm gerecht werden. Für mich kann es
sich nur darum handeln, einem Freunde, einem Mit-
strebenden ein Lebewohl zuzurufen, das Bild seiner
Persönlichkeit und seines Wirkens noch einmal zu
schauen mit der vollen Klarheit, die mich so oft früher
erfreute. Ich weiss wie heute den goldigen Oktober-
morgen, an dem ich ihn zum erstenmal traf nach
seiner Berufung an das hiesige Kunstgewerbemuseum.
Es war in der Tiergartenstrasse, er auf dem Wege
zu seiner Schule, ich auf dem Wege zu meiner Schule,
die mich hinaus in den Grunewald führte. Wir waren
wohl in früheren Jahren einander ab und zu begegnet,
aber so flüchtig und oberflächlich wie es ja meist
geht im Leben. Nun sah ich ihn plötzlich wieder
und einer warmen Blutwelle gleich schoss mir starkes
wohliges Gefühl wahrer Freundschaft ins Herz für
diesen Mann, von dem ich wusste, dass er für Berlin,
für unser künstlerisches Leben hier von lebendigster

Bedeutung werden musste. Wir gingen lange Zeit
nebeneinander in dem raschelnden Laube, das rot
und gelb unseren Weg säumte. Von diesem und
jenem sprachen wir zusammen und ich sah, dass er
schon damals im Anfange eine Sicherheit und einen
ruhigen Glauben hatte, der keine Schwierigkeiten sah
und keine gelten lassen konnte.

Immer noch sehe ich ihn von mir gehen, als
wir uns endlich getrennt hatten, rank und schlank,
mit leichten Schritten, erhobenen Hauptes, umspielt
von der Sonne, die siegreich die letzten Herbstnebel
zerteilte. Wie eine goldige Aureole lag ihm um
Kopf und Schultern das warme Licht. Er schritt
dahin wie ein Sieger voller Pläne und Hoffnungen.
Dieser Sieger ist er geblieben bis zuletzt. Mit diesem
Siegeslächeln hat er aus dem Fenster seines Kranken-
zimmers den Frühling meistern wollen, der ihn lockte
und lockte. Bis zuletzt. Bis der grössere Sieger leise
und lind ihm den Pinsel entwand, bis seine Augen
sich schlössen, die nie müden, rastlosen Hände die
Ruhe fanden, die sie im Leben nicht gekannt.

DIE BRANDENBURG-KAPELLE IN DER KIRCHE
MARIA DELL' ANIMA ZU ROM

Die kunstgeschichtliche Forschung, auch die
deutsche, ist bisher an der Nationalkirche der Deut-
schen in Rom, an Sa. Maria dell' Anima, fast ganz vor-
übergegangen. Nur ihre Baugeschichte und Baubeschrei-
bung hat durch den kaiserlichen KonservatorJoh. Graus*)
eine gedrängte Behandlung gefunden, und neuerdings
haben »Mitteilungen aus dem Archiv des deutschen
Nationalhospizes« von F. Nagl und A. Lang, Rom 189g
(12. Supplementheft der römischen Quartalsschrift) wert-
volles baugeschichtliches Material dargereicht. Nach den
Baubeschlüssen vom 24. und 25. September 1499 sollte
die Kirche auch baulich einen nationalen Charakter
tragen, ein »opus laudabile Alemannico more com-
positum« darstellen, was denn auch unter Überwindung
mancher Schwierigkeiten, welche die Form des Bau-
platzes bot, durch den Bau einer dreischiffigen
Hallenkirche mit acht Kapellen und sehr langem
schmalen Chor geschehen ist. Für den Mauerbau
sollten lombardische Maurer gewonnen werden. Für
die umfangreichen Steinmetzarbeiten, namentlich die
Peperinsäulen des Schiffes und den Chor- und
Kapellenschmuck, wurde dem bekannten Ceremonien-
meister dreier Päpste, Johannes Burchard aus Strass-
burg i. E., im Hinblick auf seine Beziehungen zu
Deutschland aufgegeben, für einen Steinmetzmeister
(magister) und sieben Steinmetzen (laboratori) aus
Deutschland zu sorgen. Die Frage nach dem Bau-
meister des grossräumigen Inneren, der würdigen vor-
nehm wirkenden Fassade, des zierlichen Glockenturms
bleibt aber auch heute noch unbeantwortet, wir sind
auch heute noch auf die dürftige Notiz Vasari's in

1) Sa. Maria dell' Anima, die Kirche des deutschen
Hospizes in Rom. Separatabdruck aus dem »Grazer
Kirchenschmuck«. Rom 1881. Verlag des Direktoriums
der Anima.
 
Annotationen