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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 13.1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.5809#0245

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473

Gesellschaften und Institute.

474

die Konzession zur Gründung einer Fabrik »durchsichtigen
Porcelaines« in Frankenthal. Nachdem er die Fabrik 1759
seinem Sohn Joseph Adam übertragen hatte, übernahm sie
1762 der Kurfürst ganz. Direktor wurde Adam Bergdoll,
früher in Höchst Former und Buchhalter; dann seit 1770
der braunschweigische Modellmeister (Fürstenberg) Simon
Feylner. Bei Besetzung Frankenthals durch die Franzosen
1795 übernahm Peter van Reccum Inventar und Pachtung
der Fabrik, die er 1800 nach Grünstadt verlegte. Die alte
Kurfürstliche Manufaktur wieder aufleben zu lassen, konnte
Kurfürst Max Joseph sich nicht entschliessen.

Als Marke tragen die Porzellane zur Zeit der Hannongs
('755—1762) den stei-
genden Löwen in
Blau unter der Glasur,
die früheren P. H.
eingepresst, die spä-
teren J. H. blau oder
eingepresst. Unter
dem C. T. der Kur-
fürstlichen Fabrik er-
scheinen oft die Jah-
reszahlen 71 —78. Das
mitunter zum C. T.
tretende A. B. bedeutet
wohl Adam Bergdoll,
v. R., das selten ist,
bedeutet van Reccum.

Ausgezeichnet ist
die Frankenthaler Fa-
brik durch ihre Figuren
und Gruppen, in
Deutschland wird sie
darin nur von Meissen
übertroffen. Schon
unter den Hannong
hat sie tüchtige Mo-
delleure, in der Kür-
fürstlichen Zeit ist der
beste Bildhauer Kon-
rad Link (1732—1802).
Seit 1766 nach Mann-
heim versetzt, arbeitet
er doch für die Manu-
faktur weiter. Im
Schwetzinger Park
giebt es Arbeiten von
ihm, nach denen sich
eine grosse Anzahl Fi-
guren und Gruppen
ihm zuweisen lassen;
auch hat er eine der besten, die Gruppe mit den
Porträtmedaillons des Kurfürstlichen Paares im germa-
nischen Museum mit seinem Namen bezeichnet. Link's
Gestalten sind lebhaft, mitunter sogar gespreizt und eckig
bewegt, aber nie ohne Grazie. Muskeln und Knochen-
bau äussern sich ganz bestimmt, die Haare sind wulstig,
die Drapierung fällt massig, oft ist am Rücken der Mantel
in schrägem Zug bis über den Sockel geführt. — Wie in
Höchst so zeigt auch in Frankenthal (1779—1793) Johann
Peter Melchior sich natürlich und anmutig, besonders als
Schilderer der Kinderwelt. Eines seiner Hauptwerke für
Frankenthal ist die Gruppe der von zwei Jünglingen be-
lauschten Schäferin im verfallenen Turm, eine von den
113 Gruppen und Figuren, die der Kurfürst dem Kardinal
Antonelli mit einem Tafel- und Dessertservice zu 24 Ge-

Maria dell' Anima, Brandenburg-Kapelle
Freskoporträt der rechten Wand

decken schenkte. Für Melchior's Arbeiten hier wie in
Höchst ist der grasbewachsene Sockel charakteristisch.

Von einem unbekannten besonders tüchtigen Modelleur
stammt unter der grossen Masse von Arbeiten eine Reihe
zierlicher 12 bis 13 cm hoher Figürchen.

Die Geschirre lehnen sich meist an Formen von
Meissen und Sevres an, Vasen und Geräte zeigen selb-
ständigere Formen. Unter den plastischen Geschirrmustern
sind Weidengeflechte und Reliefblumen die häufigsten; auch
gemalte Schuppen- und Gittermuster, sowie Nachahmung
von Marmor, Stoff, Holz kommt vor. Farbige Fonds, nach
dem Vorbild von Sevres, sind weniger gelungen; kupfer-
stichfarbiger lüster-
artiger Grund war
besonders geschätzt.
Die Malerei ist von
denselben Motiven
bestimmt wie in an-
deren Manufakturen.
Gute Maler waren Ber-
nard Magnus und
J. Osterpey.

Danach sprach
Herr Professor Alfred
Gotthold Meyer über
das Holzpferd Im Sa-
lone zu Padua. Bis-
her galt der hölzerne
Koloss in der gesam-
ten Forschung als ein
Originalwerk Dona-
tello's, als unmittel-
bare Vorstudie zum
Ross des Gattamelata.
Dem Vortragenden
war es durch das
Entgegenkommen der
Paduaner Behörden
möglich, das Werk
genau zu untersuchen.
Er fand das Lob Va-
sari's wegen der »Os-
satura«, das ist doch
wohl der Holzkon-
struktion, bestätigt.
Eine Eisenarmatur
hält die Rippen von
innen her zusammen,
aussen sind sie wie
Schiffrippen quer ver-
bunden und mit un-
zähligen kleinen Brettchen verschalt, die eine kunstvolle
Modellierung erlauben. Die Fugen und Spalten an der
Oberfläche waren wahrscheinlich mit Mastix verkleidet,
der durch Vergoldung den Schein des dauernden Materials
erweckte.

Der Anonimo des Morelli erwähnt das Werk nicht,
dagegen nennt es Vasari in beiden Ausgaben ein Werk
Donatello's. Die Familie Capo di Lista, in deren Haus er
es sah, hat es 1857 der Stadt geschenkt. Seit lange galt
es in der kunstgeschichtlichen Litteratur als Studie zum
Gattamelata, obwohl eine alte Tradition, die Milanesi in
seiner Vasariausgabe anführt, ausdrücklich berichtet, es
habe bei einem Festaufzug einen kolossalen Reiter ge-
tragen. Ein Gussmodell kann es nicht sein. Der Vor-
tragende fand in Bernardiii Scardeoni's Buch: De antiqui-
 
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