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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 13.1902

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https://doi.org/10.11588/diglit.5809#0251

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485

Nekrologe.

486

Die wiederentdeckte griechische Grabstele im Vatikan
(Siehe nebenstehende Mitteilung)

den. Merkwürdigerweise aber ist die Stele im Cinquecento
noch vollständig erhalten gewesen. Wir besitzen die Skizze
derselben, von dem Franzosen Pierre Jacques ausgeführt,
der das Relief in der berühmten Sammlung des Kardinal
Cesi sah, wo es auch von Aldroandi beschrieben worden
ist. Dass antike Kunstwerke, deren Wert und Bedeutung
im Cinquecento bereits vollständig anerkannt waren, später
noch zugerichtet werden konnten wie dies Relief, scheint
unbegreiflich. Doch giebt es noch andere Beispiele für
solchen Vandalismus im 17. und 18. Jahrhundert, wie man
ja z. B. ein Relieffragment der Ära Pacis ohne weiteres

für den Grabstein eines römischen Prälaten verwandt hat.
Die schöne Stele ist vom Direktor der Vatikanischen
Museen Arn. Galli sorgfältig gereinigt und ergänzt worden
und hat rechts am Eingang zum Qabinetto delle Maschere
eine würdige Aufstellung gefunden. (Abbildung neben-
stehend.) e. st.

In der Nikolaikirche zu Guthain in Sachsen wurde
am Eingange der Sakristei zufällig eine grosse Porphyr-
platte gefunden, auf der ein Priester in Lebensgrösse in
vollem Ornat und florentinischer Haartracht eingemeisselt
ist. Die Arbeit scheint aus dem 15. Jahrhundert zu
stammen; ihre Herkunft ist noch nicht aufgeklärt.

Im Dom zu Hildesheim ist ein Fund gemacht wor-
den. In einer Seitenkapelle fand man ein altes, wahr-
scheinlich dem Anfang des 15. Jahrhunderts zugehöriges
stark beschädigtes Fresko. Es ist etwa l:2Vt m gross
und stellt die Krönung Mariä dar.

Römische Grabfunde sind in Wien gemacht worden,
die dem zweiten und dritten Jahrhundert angehören.

Athen. Der »Vossischen Zeitung« wird geschrieben:
Bei dem Dorfe Sisklos in Thessalien wurden vor kurzem
von dem Ephoros Tsuntas sehr interessante Altertümer
entdeckt, die einer vorgeschichtlichen Zeit angehören. Es
wurde zuerst ein Teil einer Aussenmauer freigelegt, die
ein altes Gebäude von grosser Bedeutung umgiebt. Dieses
Gebäude besteht aus drei Teilen: dem eigentlichen Wohn-
raum (Megaron), innerhalb dessen sich ein viereckiger
Herd befindet und dessen Dach sich auf hölzerne Säulen
stützt; ferner dem Vorraum (Prodomos) und schliesslich
dem Hinterraum (Ophisthodomos). Im Megaron fanden
sich vor: ein kleiner Marmorsitz, ein bleiernes Beil mit
Doppelschneide, ein weiteres Beil aus Stein und einige
Hirschgeweihe. Die Ausgrabungen sollen fortgesetzt
werden. — Auf dem Hügel Aspis bei Argos werden seit
einiger Zeit von der französischen archäologischen Schule
Ausgrabungen angestellt, welche bezwecken, daselbst den
Palast der alten Könige von Argos aufzudecken. Bis jetzt
wurden einige Mauern mit runden und viereckigen Türmen
freigelegt.

NEKROLOGE

Friedrich Wilhelm Engelhard, der Senior der
deutschen Bildhauer, ist am 22. Juni in Hannover, nahezu
90 Jahre alt, gestorben. Mit ihm ist der letzte Schüler
Thorwaldsen's hingegangen. Auch Schwanthaler war lange
Zeit sein Lehrer. Als Hauptwerk Engelhard's gilt der
Eddafries im Schlosse Marienburg bei Hannover.

Friedrich Schaarschmidt, der Konservator der Düssel-
dorfer Kunstakademie ist, erst 3g Jahre alt, am 13. Juni
nach längerer Krankheit gestorben. Schaarschmidt gehörte
zu jenen Kunstschriftstellern, die ursprünglich Maler waren
und sogar die diesjährige deutschnationale Kunstausstellung
zeigt noch ein farbenreiches Landschaftsbild »Capri« von ihm.
Aber nicht diese Bildschöpfungen werden sein Andenken
wachhalten, sondern seine kunstgeschichtlichen Arbeiten
der letzten Jahre, von denen auch die »Zeitschriftfür bildende
Kunst« gelegentlich Proben gebracht hat. Unmittelbar vor
seinem Tode ist noch ein umfängliches Buch von ihm
erschienen, dem als Studienwerk noch lange hinaus Geltung
beschieden sein wird, nämlich eine Geschichte der Düssel-
dorfer Kunst im ig. Jahrhundert, die er im Auftrage des
Kunstvereins für Rheinland und Westfalen verfasst hat.
Der reich illustrierte Band gewährt in Text und Bild eine
ganz vortreffliche und belehrende Übersicht über eine
Provinz der deutschen Malerei, die einst von grösstem
Einflüsse, dann ganz in den Hintergrund gedrängt, in
unseren Tagen zu neuer Blüte erwacht ist.
 
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