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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 22.1911

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Venezianische Bilder auf der Ausstellung in Capodistria
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Verschiedenes / Inserate
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https://doi.org/10.11588/diglit.5953#0027

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37

Personalien — Sammlungen

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geliehen (Abb. Captin II, p. 81), die ich nicht näher
bestimmen kann. Sie gehört wohl ins erste Jahrzehnt
des 16. Jahrhunderts und verrät, vor allem in den
Formen des Bambino, bereits den Einfluß Tizians.

Aus dem Dom von Capodistria war die große,
thronende Madonna mit sechs Heiligen von 1516 in
die Ausstellung übertragen, wo sie wohl besser zu
studieren war als an ihrem gewöhnlichen, einigermaßen
hohen Standort. Auf dem Castellino hat der Restau-
rator Cosroe Duse seinen Namen und die Jahreszahl
1839 unter der Signatur Vittores angebracht. Crowe
und Cavalcaselle bemerkten bereits, daß die Restau-
ration einer beinahe völligen Übermalung gleichkommt.
Besonders schlimm ist die Mittelgruppe, die Madonna
mit dem Kinde, Rochus und Sebastian zugerichtet,
die Formen sind verallgemeinert und verweichlicht,
das Kolorit, namentich die Inkarnatstöne, widerlich
versüßlicht worden. Besser erhaltene Figuren, wie
der hl. Nazarius rechts und Akzessorisches, wie das
aufgeschlagene Notenbuch links im Vordergrunde,
geben die Gewißheit, daß das Bild von Vittore aus-
geführt worden ist und nicht nach seinen Entwürfen
von Benedetto, wie Ludwig und Molmenti meinen.
In deren Carpacciomonographie kommen überhaupt
die Werke in Istrien sehr schlecht weg. Ebenfalls
ist bei dem Altarbild in S. Francesco in Pirano ent-
schieden der Behauptung zu widersprechen, das Bild
sei nicht eigenhändig. Weiter ist das sonderbare Bild
mit der »Darstellung im Tempel« und dem »Kinder-
mord« im Dom von Capodistria sicherlich teilweise
von Vittore ausgeführt. Bei dem ebenfalls ausgestellten
»Einzug des Podestä Sebastiano Contarini« muß man
sich jedes Urteils enthalten. Hier ist überhaupt kein
Fleckchen alter Malerei mehr zu sehen.

Recht schwach und außerdem stark beschädigt ist
die thronende Madonna zwischen Josef und Nikolaus,
eine bezeichnete und 1537 datierte Arbeit des Giro-
lamo da Santacroce, die die Pfarrkirche von Isola
geliehen hatte. Gute Cinquecentobilder fehlten völlig
auf der Ausstellung. Genannt seien nur eine alte
Kopie nach der oft wiederholten »Adolorata« Tizians
(Pfarrkirche in Lussingrande), ein Sestian, der Irene
von Spilimbergo zugeschrieben wird (Kirche in Isola),
und eine bezeichnete, ganz nachlässig gearbeitete
»Kreuzigung« des Palma Giovine (S. Anna in Capo-
distria). Was an Seicentobildern dargeboten wurde, war
geradezu schlimm. Dagegen verdienen einige Bilder
des 18. Jahrhunderts Erwähnung, nämlich eine »Mater
dolorosa« von Piazzetta (Besitzer: Herr Franc. Ba-
silio in Triest), ein Herrenbildnis in der Art des Pietro
Longhi (in gleichem Besitz) und zwei tiepoleskeHeiligen-
figuren (Chiesa dell* Assunta in Lussingrande).
_ NADELN.

PERSONALIEN
Unser Venezianer Korrespondent, der Maler August
Wolf in Venedig, ist zum korrespondierenden Mitglied
der Akademie zu Venedig ernannt worden.

Zu Ehrendoktoren sind bei dem Berliner Universitäts-
jubiläum ernannt worden: Graf Kalckreuth, Hans Thoma,
L. Tuaillon. — Sehr erfreulich; aber warum nicht auch der
Berliner Max_Liebermann?

SAMMLUNGEN
Das Straßburger Kunstgewerbemuseum versendet
seinen gutillustrierten Jahresbericht für das letzte am 31.
März d. J. abgeschlossene Rechnungsjahr. Die Klage über
die zu geringen Mittel kehrt auch diesmal wieder, so be-
weglich, daß man über die Steinherzigkeit der Straßburger
sich verwundern müßte, blieben solche Molltöne ohne Wir-
kung ... Trotzdem ist mancher schöne Ankauf geglückt. An
erster Stelle sei die leider nicht abgebildete inzwischen an
das Kunstmuseum abgegebene Steinfigur eines gotischen
»Pleurant« genannt, ein angeblich aus dem Metzer Dome
stammendes Bildwerk, stilistisch nach Frankreich weisend
und ungemein großzügig im Motiv wie in der Durchführung.
Die reizende Sandsteingruppe eines Knaben mit Ziegenbock
vertritt das Rokoko. Ein auch kulturhistorisch fesselndes
Stück ist die aus Kirschbaumholz gefertigte Lade des »Hand-
werks der französischen Schreiner der Stadt Straßburg«
vom Jahre 1771 (vgl. über diese Zunft den Aufsatz von
E. Polaczek in Heft 6 der Elsässischen Monatsschrift für
Geschichte und Volkskunde). Das größte Interesse bean-
spruchen auch diesmal die Erwerbungen aus dem Gebiete
der Keramik, im wesentlichen Fayencen aus Straßburg und
Niederweiler. Die mit Hilfe von Straßburger Gönnern er-
worbene Porzellanfigur einer ruhenden Venus von Josef
Hannong, um 1780, ist interessant auch dadurch, daß sie
ganz im alten Arrangement in einem von Bronzestäben ein-
gefaßten Glaskasten erhalten ist, in der Art der Wachsfiguren
in alten fürstlichen Kunstkabinetten. Eine Anzahl von Straß-
burger einfarbigen Fayencen der Frühzeit ist für die For-
schung, zu welcher der Direktor E. Polaczek in den letzten
Jahren nach Justus Brinckmanns Vorgang sehr schätzens-
werte Beiträge geliefert hat, von großer Wichtigkeit. Alles
in allem kann man dem trotz schwierigen örtlichen Ver-
hältnissen aufblühenden Institut nur wünschen, daß auch
Behörden und Bürgerschaft immer mehr seine hohe kultu-
relle Bedeutung erkennen möchten.

O Köln. Die Einrichtung der dem Kunstgewerbe-
museum in einem Neubau angegliederten Sammlung
Schnütgen ist jetzt fertiggestellt worden. Ende Oktober
wird das neue recht umfangreiche Museum mit seinen
Schätzen an Werken der Plastik, der Malerei und des
kirchlichen Kunstgewerbes der Öffentlichkeit übergeben
werden. Die kleine Abteilung alter Gemälde aus Schnütgens
Besitz ist durch eine Schenkung kunstsinniger Kölner
Bürger um ein wichtiges Dokument Altkölner Malerei be-
reichert worden: um vier zusammengehörende Tafeln aus
der Stilrichtung des sogenannten Meisters Wilhelm, die
früher in der Sammlung Brenken in Wewer (Westfalen)
waren und dann mit anderen rheinischen Bildern in den
Münchner Kunsthandel übergingen. Dargestellt sind Tod
und Krönung der Maria, Auferstehung und Himmelfahrt
Christi. Die reizenden Engelgruppen auf dem Bilde der
Krönung der Maria stehen denen vom »Schweißtuch der
Veronika« in München sehr nahe. Um die Zurückgewin-
nung dieses Zyklus für Köln hat sich besonders der be-
kannte Restaurator Heinrich Fridt verdient gemacht.

O Elberfeld. Im Städtischen Museum hat die Bergische
Kunstgenossenschaft ihre vierte Ausstellung eröffnet.
Im November wird sie in die Ruhmeshalle in Barmen
übersiedeln. Von den mitwirkenden Malern seien besonders
hervorgehoben Max Bernuth in Elberfeld, Georg Burmester
in Kiel, Gustav Wiethüchter in Barmen, von den Bildhauern
Karl Reschke in Solingen und Milli Steger in Berlin.

Chemnitzer Kunsthütte. Die Sommermonate brach-
ten den Besuchern unsrer Ausstellung eine außerordentlich
zahlreiche Kollektion von Kunstwerken aus Chemnitzer
 
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