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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 22.1911

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Reinhold Begas
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Jozef Israels †
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Kronig, J. O.: Kritische Bemerkungen zu der Ausstellung holländischer Gemälde des 17. Jahrhunderts in der "Salle du Jeu de Paume" in Paris
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549 Jozef Israeli f. — Kntibche Bemerkungen zu d

er Ausstellung holländischer Gemälde in Paris

550

in Deutschland und nun gar in Berlin Köpfe von so
tief schürfender Charakteristik und so hoher Voll-
endung der Formbehandiung geschaffen wie Begas
in seinen Büsten Bismarcks, Moltkes, Menzels und in
seinen schönen Köpfen reifer Frauen. Zu den kost-
barsten Werken seiner Hand gehören daneben einige
weibliche Akte, wie die Susanne im Bade, wie das
holde junge Weib, das sich nach dem Bade die Füße
trocknet — eine kleine Bronzeausführung desselben
Motivs führte zu jenem ergötzlichen Intermezzo, daß
dem Meister selbst in Rom ein Abguß als angeblich
»ausgegrabene Antike« zum Kauf angeboten wurde —,
oder die andere nackte Schöne, die sich im Spiegel
beschaut, den ihre schimmernden Kniee halten. Zu
den weniger gelungenen zählen die sitzende Statue
Alexander von Humboldts vor der Berliner Universität
und das Standbild des Markgrafen Waldemar in der
Siegesallee.

Begas war von Rom aus 1861, zugleich mit Böck-
lin und Lenbach, als Lehrer an die neugegründete
Kunstschule nach Weimar berufen worden, wo er es
indessen kaum zwei Jahre aushielt, um sich wieder
nach Italien zu wenden. 1866 kehrte er nach Berlin
zurück und erhielt hier zehn Jahre später die Leitung
eines Meisterateliers an der Akademie, wo er, nicht
gerade ein geborener Lehrer, ganze Generationen
jüngerer Bildhauer beeinflußte. Bis ein neues Ge-
schlecht aufwuchs, mit dem er sich nicht mehr ver-
stand. Begas hat sogar, selbst von der blendendsten
Sonne der Hofgunst bestrahlt, gegen den anrücken-
den Nachwuchs harte Worte gesprochen und dieselbe
höhnische Unduldsamkeit an den Tag gelegt, mit der
man einstens ihm das Leben sauer gemacht hatte.
So wurde es in seiner entzückenden Ateliervilla in
der Stülerstraße am Tiergartenrande, die lange Jahre
als eine berühmte Stätte der Berliner Geselligkeit
galt, — zumal seit seine Lebensgefährtin »Frau Gre«,
wie sie allgemein genannt wurde, einst eine Haus-
herrin von bezaubernder Schönheit und Anmut, aus
dem Leben geschieden war, — immer stiller und
stiller, bis der Greis fast ganz vereinsamte. Die Zu-
kunft aber wird zu scheiden wissen, wie es die heutige
Gegenwart schon versucht. Sie wird vielleicht über
den alternden Begas der großen Denkmäler völlig
zur Tagesordnung übergehen, doch den jungen Begas
als eins der glänzendsten Phänomene der deutschen
Kunstgeschichte in ihren Büchern führen und ehren.

m. o.

JOZEF ISRAELS f

Geb. in Groningen 27. Januar 1824
gest. im Haag am 12. August 1911

Nicht mehr fern der Schwelle des neunzigsten
Jahres hat der Patriarch der holländischen Maler die
bis zuletzt noch immer frohen Augen geschlossen.
Aus strengen und kleinen Anfängen wuchs sein An-
sehen bis zum Ruhme, der Ruhm bis zur Liebe.
Denn was wir von einst in den Büchern der Ge-
schichte lesen, hier ward es getan: das ganze Volk
der Holländer, das ja die Malerei so sehr liebt, trug
den alten Israels im Herzen, sonnte sich an seiner

Berühmtheit, ließ ihm einen unbestrittenen Thron, den
keine Partei stützte, weil ihn kein Widersacher neidete.

Für dieses schöne Schauspiel haben wir in Deutsch-
land keine Parallele.

Israels hatte eine lachende Liebenswürdigkeit, die
zum Entzücken war; und sein Buch über Spanien
zeugt von reiner, freier, spurloser Bildung.

»Er malt gut, weil er gut empfindet« schrieb sein
Prophet Max Liebermann in der berühmt gewordenen
Arbeit über den greisen Freund, die er vor zehn Jahren
in unserer Zeitschrift für bildende Kunst veröffentlicht
hat. Über das Wesen der Kunst von Israels war in
dem Aufsatze damals so fein, so schön und mit so
starkem Nachhall gesprochen, daß man sich scheut,
neue Formen für gültig Geprägtes zu suchen. Jozef
Israels bedarf auch keines literarischen Totenscheines.
Er hat den Besten wie den Geringsten seiner Zeit
genug getan.

KRITISCHE BEMERKUNGEN ZU DER AUS-
STELLUNG HOLLÄNDISCHER GEMÄLDE DES
17. JAHRHUNDERTS IN DER »SALLE DU JEU DE
PAUME« IN PARIS

Diese Ausstellung, in der Hauptsache zusammen-
gebracht und arrangiert von Herrn Armand Dayot,
der auch den sehr mangelhaften Katalog verfaßte,
machte keinen überwältigenden Eindruck. Freilich,
eine solche Aufgabe ist eine äußerst schwierige. Nur
ungerne leihen die Sammler ihre kostbarsten Kunst-
werke, und fast ausnahmslos fordern sie, daß die
meistens zu hoch gegriffenen Attributionen stehen
bleiben. Dieses muß hier recht häufig der Fall ge-
wesen sein. Die folgenden Bilder hatten meines Er-
achtens falsche Benennungen:

Nr. 9. Femme, allaitant son enfant (Coli. Victor
Decock) katalogisiert als Esaias Boursse, ist sicher
von der Hand des Quiringh Brekelenkam. Die lange
Figur, der Typus der Frau erinnert an die Frauen
auf seinen meisten Bildern; gleichfalls das kräftige
Kolorit und die flotte, impastierte Malweise.

Nr. 10. Selbstbildnis des Adr. Brouwer (Coli.
Warneck) ist weder das eine noch das andere. Ein
Vergleich mit dem bekannten Stich nach van Dyck
und das schöne spätere Porträt im Mauritshuis hebt
allen Zweifel auf. Dieses Porträt muß die Arbeit
eines Künstlers aus Anth. van Dycks Umgebung sein.

Nr. 28. La Soupe (Coli. Baron d'Erlanger), dem
Gerrit Dou zugeschrieben, zeigt in der Behandlung
nicht den geleckten und pedantischen Pinsel dieses
Malers. Eher die kräftigere Pinselführung seines
Schülers Abraham de Pape.

Nr. .29. Le concert (Coli. Allen Lobl) ist nicht
von Jean Ducq oder Le Ducq, sondern von Jacob
Duck. Der Katalog verwechselt die beiden Maler
Jacob Duck und Jan Le Ducq wieder einmal mit-
einander, trotzdem das ein längst überwundener Stand-
punkt sein sollte (S. Bredius in Obreens Archief V,
S. 288).

Nr. 30 ist ein richtiger und sehr hübscher Jan
Le Ducq (Coli. Baron van Asbeck), auch voll so be-
zeichnet. Dieser Künstler war hauptsächlich Hunde-
 
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