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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 22.1911

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https://doi.org/10.11588/diglit.5953#0304

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583

Vermischtes —

Forschungen

584

Ein besonderes Kleinod unter den Neuerwerbungen des
Ooethehauses aber ist das Miniaturbildnis von Minna
Herzlieb, dem Vorbilde der Ottilie in den Wahlverwandt-
schaften, dem Gegenstand von Goethes Huldigungen in
seinen Sonetten. Johanna Frommann, die Gattin von Goethes
Buchhändler, in dessen Hause Minna Herzlieb lebte und
mit Goethe zusammenkam, hat es 1805 in Jena gemalt.

Frankfurt a. M. Im Schwäbischen Merkur vom 19. er.
findet sich ein längerer Aufsatz, der sich mit der bekann-
ten Madonna des Matthias Grünewald zu Stuppach
und einen ev. Ankauf derselben durch das Städelsche
Kunst-Institut beschäftigt; da diese Tatsache via Schwä-
bischen Merkur in die Tageszeitungen übergegangen ist,
scheint es richtig eine Darlegung des Standes der Dinge
zu geben. Tatsächlich wahr ist, daß das Städelsche In-
stitut sich schon seit längerer Zeit um die Stuppacher
Madonna bemüht und mit der Gemeindevertretung von
Stuppach Verkaufsverhandlungen gepflogen wurden, die
aber infolge der dem Institut zu hoch scheinenden For-
derungen der Stuppacher zu keinem greifbaren Resultat
führen wollten. Zurzeit wird im Auftrag des Städelschen
Instituts von einem Frankfurter Maler eine Kopie des
Madonnenbildes angefertigt, die, wenn nicht doch in letzter
Stunde die angebahnten Verhandlungen zu einem für Frank-
furt vorteilhaften Resultat gebracht werden können, der in
Aussicht stehenden, wissenschaftlichen Zwecken dienenden,
Abguß- und Kopiensammlung der Stadt einverleibt werden
soll. Es wäre natürlich nicht allein im Interesse der Städel-
schen Galerie, sondern auch im Interesse der ganzen
deutschen Kunst zu begrüßen, wenn ein Werk Orünewalds
an einem leicht zugänglichen Platz und unter sachgemäßer
Wartung plaziert werden könnte; aber, da die Gemeinde
Stuppach sich nicht, soweit bis jetzt sich sehen läßt, in
irgendeinen annehmbaren modus videndi mit den Frank-
furter Wünschen gefunden hat, wird man hier des Ortes
halt verzichten müssen. Dies geschieht nicht so leichten
Herzens als es ausgesprochen wird; denn einmal steht
sich schließlich jeder selbst am nächsten und der Stuppacher
Grünewald hätte einen bedeutenden Zuwachs der deutschen
Abteilung der Städelschen Galerie dargestellt, und dann
wäre durch den Obergang nach Frankfurt das Bild dem
ihm drohenden Untergang durch Einflüsse der Witterung
und des Kerzenrauches, dem es in der kleinen Stuppacher
Kirche dauernd ausgesetzt ist, entzogen gewesen. Was
das fernere Los der Stuppacher Madonna nunmehr sein
wird, scheint für den, der das Schicksal von Bildern länger
beobachtet, nicht schwer zu erraten. Nachdem von Frank-
furt aus Schritt gemacht worden ist, scheint es fast ledig-
lich eine Frage der Zeit oder des Geldbeutels, die hier
ihrer Erledigung harrt. b.

VERMISCHTES
Über das Verschwinden der Mona Lisa soll hier
für heute kein weiteres Wort verloren werden; denn über
das, was von dem Vorgang bekannt ist oder öffentlich ge-
mutmaßt wird, ist jeder durch die Tagesblätter übergenug
unterrichtet. Und des Rätsels Lösung ist vielleicht schon
da, wenn diese Nummer erscheint. Wir wollen's hoffen.

Für das neue Rathaus in Hannover, in dem Fritz
Erler und Ferdinand Hodler größere Arbeiten ausführen,
wurde von der Stadt Hannover die Ausschmückung zweier
weiterer Säle dem stadthannoverschen Maler Richard
Schlösser übertragen. Die Ausführung der Arbeiten wird
in Putzmosaik und Plattenmosaik erfolgen. Ferner wurde
der ebenfalls stadthannoversche Bildhauer Prof. G. Fferting
mit der Ausführung von Reliefs für den großen Festsaal
beauftragt.

Prag. Am 17. August fand eine Revision der in einem
Räume des St. Veitsdomes aufbewahrten böhmischen
Kroninsignien statt. Da sich bei der Restaurierung des
Domes herausgestellt hatte, daß die Türe des Raumes voll-
kommen verrostet war und Zweifel über den Zustand der
Insignien aufgetaucht waren, wurde, seit 1871 zum ersten
Male, wieder die Kommission zusammenberufen, die die
Schlüssel zu den sieben Schlössern der Türe besitzt. Der Be-
fund lautet, daß die aus der Zeit Karls IV. stammenden Kron-
insignien als Krone (vom Jahre 1347), Zepter, Reichsapfel,
Mantel und Schwert, ein Käppchen, ein Gürtel und eine
Stola vollkommen intakt vorgefunden wurden. Nach einer
vorgenommenen Reinigung der Kammer und der Behältnisse
wurde die Kammer wieder verschlossen. o. p.

Der offizielle italienische Kunstkatalog. Der schon
lange angekündigte offizielle Katalog aller in Italien existie-
render Kunstwerke und Altertümer wird demnächst mit
»Aosta«, dessen Kunstschätze Pietro Toesca zu schildern
unternommen hat, seinen Anfang nehmen. Der Prospectus
zeigt, daß der »Catalogo delle cose d'arte e di antichitä
d'ltalia« jede ähnliche offizielle Regierungspublikation an
Ausführlichkeit und Systematik übertreffen wird. Das
Format ist Kleinfolio, zahlreiche Holzschnitte im Text und
in Tafeln werden beigefügt, und außer der einschlägigen
Beschreibung wird jede Nummer auch eine Bibliographie
bringen. Das Schemades großen Werkes wird nicht weniger
als 8000 verschiedene Stätten (Gemeinden) umfassen. Cor-
radoRicci, derGeneraldirektor der schönen Künste in Italien,
dessen Energie die Initiative zu diesem großen Unternehmen
zu verdanken ist, erwähnt in einem an den Unterrichts-
minister gerichteten Briefe, daß die Listen für Verona,
Padua, Monza, Piacenza, Parma, Ravenna, Fiesole, Pisa,
Urbino, Offida, Terni, Cittä della Pieve, Tivoli, Terracina
und Monreale bereits fertiggestellt sind. Die Sektion über
Pisa, die Roberto Papini übernommen hat, ist bereits im
Druck. Der Preis für ein Folioheft von 8 Seiten ist auf
50 Centimes fixiert. Ausländer können sowohl direkt bei
dem Verlag E. Calzone in Rom wie bei jedem Buchhändler
subskribieren; es wird dann jedesmal ein Heft von 40 Seiten
zum Preis von 2 Fr. 50 geliefert. m.

Rodin hat dem französischen Staate als Geschenk, das
aus Sammlungen von vier Freunden Rodins stammt, seine
Bronzefigur eines schreitenden Mannes, den »Homme qui
marche«, gestiftet. Das Werk steht augenblicklich an her-
vorragendem Platze auf der Internationalen Kunstausstel-
lung zu Rom. Der Staat hat natürlich das Geschenk mit
Freuden angenommen, und die Bronzefigur wird nach
Schluß der römischen Jubiläumsausstellung im Ehrenhof
des Palazzo Farnese, der französischen Botschaft in Rom
ihren Platz erhalten.

Kiel. Prof. Ludwig Dettmann hat im Auftrage des Kul-
tusministers mit der Auschmückung der Universität
Kiel begonnen. Die dem Eingang gegenüberliegende
Wand der Aula erhält ein Kolossalgemälde, das im Rahmen
einer schleswig-holsteinischen Landschaft einen Sämann
darstellt, den Samen über den Acker streuend. Ludwig
Dettmann ging als Sieger aus einem Wettbewerb von 67
deutschen Künstlern hervor.

FORSCHUNGEN
Eine französische Madonnenfigur von ganz seltener
Qualität hat vor kurzem der in Paris wohnende belgische
Maler Emile Wauters, Besitzer einer berühmten Sammlung
von Handzeichnungen alter Meister, erworben. Sie stammt
aus dem Priesterseminar zu Meaux auf der He de France
und ist erst nach der Durchführung des Trennungsgesetzes
bekannt geworden. Schon auf Orund der Abbildung im
 
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