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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — N.F. 25.1914

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533

Literatur

534

daß die Tafel- und Glasmalerei in der Spätgotik aufs engste
mit einander verbunden sind. M. E. liegt der Wert des
Schmitzschen Kataloges in erster Linie in dem einführenden
Band, der dem Bearbeiter eines Olasgemälde-Kataloges
notwendig erscheinen mußte, da ihn vermutlich nur zu oft
bei der Bestimmung der im Museum vorhandenen Stücke
die vorhandene Literatur im Stiche ließ. Was ihm besonders
als Verdienst angerechnet werden muß, ist, daß er zum
ersten Male eine großzügige Gruppierung und Zusammen-
stellung nach Schulen unternommen hat, die bisher niemand
konsequent durchzuführen den Mut besaß. In 26 Kapiteln
werden behandelt die romanischen Glasmalereien, die Werke
des Übergangsstils und die Erzeugnisse der gotischen Glas-
malerei im Süden und im Norden von Deutschland, sowohl
die monumentalen Werke als auch die Erzeugnisse der
Kabinettmalerei mit Einschluß der Schweiz. Sehr ausführ-
lich ist die niederrheinisch-kölnische Gruppe bearbeitet, dann
hat Schmitz auch den Rundscheiben seine Aufmerksamkeit
zugewandt, von denen das Berliner Museum allerdings eine
Anzahl von Hauptstücken besitzt. Die interessantesten da-
von sind neben den niederrheinischen und holländischen
die Scheiben, die sich um die Person des Hausbuchmeisters
gruppieren, eigentümlich schon durch ihre Vierpaßform und
merkwürdig auch dadurch, daß sie anscheinend in Nürn-
berg gefertigt wurden. Es ist das Verdienst Schmitz', eine
ganze Serie von solchen Scheiben in in- und ausländischen
Museen zusammengestellt zu haben, die das Werk des
Hausbuchmeisters ungeahnt erweitern. Auch die Nürn-
berger Renaissance-Scheiben, an denen das Berliner
Museum besonders reich ist, wurden wesentlich be-
reichert. Sehr interessant ist die von Schmitz zusammen-
gestellte Gruppe von Glasmalereien, die durch die Ver-
glasungen in der Klosterkirche zu Königsfelden bestimmt
werden, und zu denen auch Werke in Niederhaslach und
Regensburg gehören. Die Datierung dieser Gruppe in
Übereinstimmung mit Lübke nach dem Jahr 1350 besteht
meines Ermessens vollständig zu Recht — ich setze mich
damit in bewußten Gegensatz zu einem anderen Referen-
ten, der mit Lehmann eine frühere Datierung annimmt —,
doch bedarf es noch näherer Forschungen, wo eigentlich
der Ursprung der Werkstatt zu suchen ist. Die sehr be-
deutenden Bildfenster im Chor des Regensburger Doms,
die von Wernt Auer gestiftet worden sind, scheinen mir
in diesem Zusammenhang einer Beachtung wert. Von
ganz besonderer Wichtigkeit ist der Zusammenhang des
Franciskuszyklus in Regensburg und Königsfelden. Er
illustriert, was wir gerade für diesen Fall historisch be-
weisen können, wie speziell die Minoritenklöster die Aus-
breitung der Glasmalerei beförderten. — Ich hoffe, bald
nähere Angaben darüber veröffentlichen zu können.

Der eigentliche Katalog des Schmitzschen Werkes ist
sehr kurz gefaßt und gibt neben der Schulbestimmung nur
Angaben über den dargestellten Gegenstand, Erhaltung,
Größe usw. Die Beschreibung der Farbe, die für einen
Glasgemälde-Katalog unerläßlich ist, ist in den Text des
geschichtlichen Teils verlegt, wo auch die Werke näher
beschrieben und mit Anhaltspunkten über die Stifter und
dergl. versehen sind. Ich bin der Ansicht, daß diese
Trennung dem Werk nicht zum Vorteil gereicht, zum min-
desten die praktische Handhabung sehr erschwert, man
muß jetzt an zwei Stellen nachsuchen, wenn man sich
über ein Stück orientieren will. Von den nichtabgebildeten
Stücken, die auch in der Einleitung nicht beschrieben
werden, gibt der resümierende Katalogteil doch eine zu un-
bestimmte Vorstellung. Naturgemäß wird auch manche Datie-
rung korrigiert werden müssen, aber das will schließlich nicht
viel besagen bei der Menge von neuen Ergebnissen und neuen
Anhaltspunkten, die das Schmitzsche Werk gebracht hat.

Zum Schluß möchte ich noch einige Berichtigungen und
Ergänzungen anmerken, die mir beim Studium des Werkes
aufgefallen sind, und zwar nur solche, die direkt oder in-
direkt mit den Glasgemälden des Museums selbst in Zu-
sammenhang stehen. Zunächst eine Kleinigkeit:

Abb. 261, ein Riß auf der Bibliothek der Berliner Kgm.
Das Wappen ist nicht das der Pirkheimer, sondern das der
Pirkel, wie auch das große seit alters auf Pirkheimer ge-
deutete Wappen im Münchner National-Museum dem Ge-
wandschneider Hans Pirkel zugehört. Näheres darüber
wurde von Emil Reicke im Wiener Jahrbuch 1911/12 S. 228
festgestellt.

Abb. 19, ein Stück der Regensburger Chorfenster, die
Schmitz in das letzte Drittel des 13. Jahrhunderts setzt, ist
später zu datieren. Die Fenster des Chorpolygons im
Regensburger Dom sind jedenfalls nach 1300 enstanden,
wie auch die alten Historiker des Doms nicht ohne Grund
behaupteten. Ich glaube durch eingehende Untersuchungen
des Bauwerks und der Stifterfiguren sicher nachweisen zu
können, daß die ganze erste Gruppe der Regensburger Glas-
malereien, zu denen das Stück gehört, hauptsächlich in der
Zeit von 1310—1325 entstanden ist. Gerade das Fenster,
aus dem die Abbildung genommen wurde, gehört nicht zu
den frühesten Arbeiten. Danach dürfte auch das Glasge-
mälde des Kunstgewerbe-Museums Abb. 20, das noch etwas
später ist, keinesfalls vor 1330 entstanden sein. Es hat,
scheint mir, viel Ähnlichkeit mit einem Glasgemälde in Graz
(Abb. bei Geyling u. Low, Meisterwerke der kirchl. Glas-
malerei Tf. 48). Ich glaube, daß das ganze Kapitel IV:
»Übergangsstil im Südosten Deutschlands« einer Revision
bedarf. Auch die Bemerkung zu dem Katharinenfenster des
Regensburger Doms, das zur Königsfelder Gruppe gehört:
Nach 1380, ist zu rektifizieren. Durch die Figur eines Stifters
glaube ich mit großer Sicherheit beweisen zu können, daß
diese Fenstergruppe vor 1364 entstanden ist.

Abb. 222/223 Folge von Breu-Scheiben: Werke der
Barmherzigkeit. Von der Scheibe Nr. 223 existiert eine
Wiederholung im Museum Ferdinandeum zu Innsbruck, und
hier findet sich auch die ausgeführte Scheibe nach dem
Riß Abb. 222 im Berliner Kupferstich-Kabinett, die zur
selben Serie gehört. Das Thema I. Breu der Ältere und
der Jüngere ist übrigens noch lange nicht erschöpft. Be-
gegnet schon die Abgrenzung der Arbeiten von Vater und
Sohn Schwierigkeiten, so kompliziert sich die Sache dadurch,
daß vielfach Risse des alten Breu später kopiert worden
sind. Das beweisen auch die vielfach erhaltenen Zeich-
nungen, die oft Nachzeichnungen sind, vor allem der große
Zyklus im Berliner Kabinett und dazu eine Anzahl von
Zeichnungen im Germanischen Museum, die ich nicht
für Originale halte. Auch die Zeichnung in München
(coquinaria) zum Dresdener Zyklus ist keinesfalls Original.
Dieser Zyklus scheint mir außerordentlich spät, was vor
allem die Umrahmung beweist, die gleichzeitig ist, aber auf
die Periode um 1550 deutet. Wie es sich mit der Darm-
städter Scheibe (mercuria) verhält, die technisch mit der
Dresdener Ähnlichkeit zu haben scheint, entzieht sich meiner
Kenntnis. Die Berliner Scheibe, die nach dem Münchener
Breu-Zyklus kopiert ist, hat ein Pendant in Salzburg; beide
gehören sicher zur gleichen Serie und zeichnen sich durch
die derbe Behandlung aus, die auch die Saturnus-Scheibe
in Berlin und die Urias-Scheibe in Salzburg charakterisiert.
Diese steht den sicheren Arbeiten des jungen Breu sehr
nahe, so daß alle die erwähnten Stücke mit großer Wahr-
scheinlichkeit dem Sohn zugeschrieben werden können.
Die »Werke der Barmherzigkeit« sind in der Technik ver-
schieden davon, erinnern in der Zeichnung mehr an den
alten Breu, sind aber salopper ausgeführt als die sicher
ihm gehörenden Stücke.
 
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