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Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Hrsg.]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 54.1918/​1919 (April-September)

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Nr. 27 (18. Aril 1919)
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Mayer, August Liebmann: Münchener Brief
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https://doi.org/10.11588/diglit.29582#0061

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MÜNCHENER BRIEF
A UCH die kunßpolitifAen Ereigniße in MünAen überßürzen ßA. Die
-CA. Akademie der bildenden Künße wurde geßhloßen, die Lehrer unter
Fortbezahtung ihrer Gehälter von ihrer Tätigkeit fufpendiert. Dies geiAah
auf Veranlagung des Künltlerrates, belfer gefagt des radikalen linken Flügels,
der mit diefer Maßnahme dem inzwilAen aufgetauAten revolutionären Künltler-
rat zuvorkommen wollte. Der bisherige Künßlerrat hat HA noA weiter ver-
jüngt, einen AktionsauslAuß gebildet und hofft offenbar Beßrebungen ver-
eiteln bzw. in riAtigere Bahnen lenken zu können, die der revolutionäre
Künltlerrat plant. Diefer revolutionäre Künltlerrat fetzt HA mehr aus Figu.
ranten, denn aus wirkliAen PerfönliAkeiten zufammen, foweit es fiA um
bildende Künßler handelt. Der tüAtigße iß noA Fritz SAäßer, dem SArimpf,
der ehrgeizige Bildhauer Pilartz, der bisher vergebliA verfuAte, eine kunß.
politilAe Rolle zu fpielen, der exprefßonißilAe KitfAier und Wirrkopf Stanis.
laus StüAgold, fowie delfen theofophilAer Glaubensbruder Alois WaA zur
Seite Itehen. Als Kunßliterat fpielt Herr Coellen in diefem Zirkel eine
wiAtige Rolle. Die Leier der »MünAener Neuelten NadiriAten« wurden
einige Tage, — da das Blatt von der bayerilAen Sowjetregierung heraus,
gegeben wird, — durA einige HolzlAnitte des Herrn WaA erfreut, die zu
den mäßigßen dieles tm allgemeinen niAt ungefAi&ten, aber doA unbedeu.
tenden Künßlers gehören, und die gerade von den Arbeitern, welAe man
jetzt mit Kunß füttern will, als förmliAe Verhöhnung aufgefaßt wurden!
Es ilt TatfaAe, daß ItA deswegen Arbeiter bei dem Volksauf klärungs.
BevollmäAtigten Herrn Landauer belAwerten.
AuA die KunßgewerbelAule rührt HA, die Studenten verlangen die vor.
läufige SAiießung der SAule und Entlalfung der Unfähigen unter den Lehrern.
Es kann gar keinem Zweifel unterliegen, daß einlAneidendere Reformen an den
verlAiedenßen Akademien und HoAfAulen dringend notwendig lind. Die Art
und Weife, wie man aber jetzt vorgeht, wie gerade die Studierenden dekretieren,
alle Lehrer entlaßen und die AbßAt haben, niAt etwa die Auswahl der neuen
Lehrer einzig von der TüAtigkeit abhängig zu maAen, womit man ganz ein-
verßanden fein könnte, fondern vieifaA auA von ihrem politilAen Glaubens,
bekenntnis, iß überaus empörend und verwerfliA. Man darf gefpannt fein,
wie ßA das Kunß. und Geißesleben fürderhin in dem vollfozialißerten Staat
entwi&eln foll, wo man wohl das Beße und Erlefenße dem Volke geben
will, aber in die Kunß und in die WiffenlAaß einfeitige Parteipolitik hinein,
trägt, wo auf die VolkstümliAkeit aller WißenlAaß und Kunß ein NaA.
druds gelegt wird, der letzten Endes nur zur VerßaAung von Kunß und
WißenfAaß führen kann, wo den Künßlern ihr eigentliches Wirkungsfeld
 
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