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Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Editor]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 54.1918/​1919 (April-September)

DOI issue:
Nr. 39 (11. Juli 1919)
DOI article:
Hübner, Friedrich Markus: Briefe von Paul Gauguin
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https://doi.org/10.11588/diglit.29582#0321

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BRIEFE VON PAUL GAUGUIN
VON FRIEDRICH MARKUS HUEBNER

"VlffAS Paul Gauguin nach Potynefien zog, weshalb er Weh unter den
VV Maorileuten der weltfernen Infelwelt heimildi fühlte und he im Herzen
höher flehte als die Genoffen der eigenen Raffe, was ihm Welle, Baum,
Frau, Frucht und Licht auf Tahiti fchtießtiA künttleritch gaben, das hat der
Maler in feinem »Noa^Noac-Reifebuche anfchautiA dargelteHt. An diefer
fchriftftetterifchen Ergänzung feiner exotifchen Leinwände konnte die Welt,
die auf geheimere Urfachert und Zufammenhänge neugierig itt, es lieh ge-
nügen lalfen,- das ReifebuA beurkundete hinlänglich. Weil aber die Brleb-
niffe darin Ichon wieder als Stoff und als Gleichnis genommen werden, nicht
unmittelbar mitgeteilt knd, blieb Paul Gauguins Europa=Flucht zu den
^Wilden«, die fpäter von manchem feiner Berufsgenoffen fogar bis auf den
iiteraritchen Niederfchtag eines Reifebuchs nachgeahmt wurde, dennoch von
einer lo&enden, beunruhigenden Rätfethaftigkeit umgeben.
Soweit eine Seele fich überhaupt enthüllen läßt, bekommt die Handtungs^
weife Gauguins und fein Natureff von jetzt ab dadurch einen deutlicheren
Umriß, daß afferintimfte Bekenntnifle des Malers, nämtich der größte Teil
feiner tahitifchen Briefkorrefpondenz, dur& einen Parifer Verleger foeben vor
das Auge der Öffentlichkeit gebracht werden. Der Band mit dem Titel:
aLettres de Paul Gauguin ä Georges Daniel de Monfreid« ift
herausgegeben von Victor Segalen (bei Georges Cres 'S) Cie.), welcher der
Sammlung eine auffchlußreiche, huldigende Vorrede vorauskhi&t, die ihrer-
feits belangreiche und neue Tatfächlichkeiten enthält,- Segalen, der, ohne Paul
Gauguin zu kennen, gleichfalls auf einer der Ozeanideninfeln häufte, eilte
auf die Nachricht vom Tode des Malers nach Hiva Oa und hatte das Glück,
bei der Verweigerung des Gauguinlchen Nachlaßes einige wertvolle Andenken
(die Palette Gauguins, fein letztes Ölgemälde, Hotzfchnitzereien) erflehen zu
können.
Die Briefe (85 an der Zahl) erftredeen fich über einen Zeitraum von
12 Jahren, beginnen mit der erften Überfahrt Gauguins nach Tahiti (11. April
1891) und endigen einen knappen Monat vor feinem Ableben (Aprif 1903).
Sie find, wie der Herausgeber mitteilt, auf das erftbefte, dem Mater erreich-
bare Briefpapier geichrieben und fpiegetn in den Zügen der Handfchrift atte
Stimmungen des wechfefnden Stotzes, der Niedergefchtagenheit, der hoffenden
und der verzweifetnden Kräfte. Ihr Empfänger ift der Mater Georges Da-
nie! de Monfreid, Gauguins einziger und attein vertäßticher Freund in der
Heimat, der unentwegt dem Weitfortgeftüchteten den Troft feines Verttänd-
nitfes und der praktitchen Hitfsbereitfchaft zuftießen täßt.
 
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