Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Editor]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 54.1918/​1919 (April-September)

DOI issue:
Nr. 42 (1. August 1919)
DOI article:
Literatur / Notizen / Kunstmarkt: Versteigerungs-Ergebnisse
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.29582#0399

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
893

LITERATUR

Max}. Friedtänder, Der Kunß-
kennen Vertag Bruno CafGrer, Bertin
1919. 41 S.
Wenn jemand berufen iß, über das
Wefen des Kunftkenners und der Kenner-
Aaß GA zu äußern, fo iß es Max }.
Friedtänder. Sein küb) und ktug, k)ar und
kurz ge Ariebenes Bü Atein kommt überdies
zur rechten Stunde. Es wird heute in der
kunßwißenAaßfiAen Literatur fo viel von
^Methode« geredet, wie nie zuvor —
GAerßer Beweis dafür, daß uns irgendwo
der Schuh drückt. Bei diefem Methoden-
ßreit ift der Kenner in Gefahr, afs ein
unbequemer Gaß vor die Tür der Wißen-
Aaß gefetzt zu werden. Fr. weift feine
im geißigen Haushaft unferes FaAes un-
entbehriiAe Stedung naA. Das Ergebnis
diefer unter dem Ton der Pfauderei höAß
ernßhaßen UnterfuAung faßt GA auf die
kurze Formet bringen: niAt jeder Kenner
ift Kunßgetehrter, aber jeder Kunßgetehrte
fott Kunßkenner fein. Der Begriff der
KunßwißenAaß muß fo weit gefaßt wer-
den, daß er auA die KenneriAaft ein-
fAtießt.
Es gehört Mut dazu, es einmat aus-
zufpreAen, daßKunßgeAiAte eineWißen-
Aaß, in dem Sinne wie Phitotogie etwa,
niAt fein kann, niAt fein darf, wenn tte
ihren eigenttiAßen Aufgaben gereAt wer-
den witt. Wie die Methode jeder Wißen-
Aaß von ihrem Stoff beftimmt wird, fo
werden es auA die Arbeitsverfahren der
KunßgeAiAte — ihr Materiat ift nun aber
einmat die Kunß. Da GA aus der Kuntt-
wett gewiffe irrationate Etemente, wie
Begabung, PerföntiAkeit, Genie, Quatität,
niAt ausmerzen faßen, bfeibt auA der
kunßgeAiAttiAen Methode *ein Erden-
reß zu tragen peintiA<,- fo (AmerztiA
das den Exaktheitsfanatikern iß, die
unter dem AtbdruA, die KunftgetAiAte
könne von den ätteren und ftrengeren
SAweßern niAt für votf genommen werden,
teben, und durA Adaption der Arbeits-
weifen und Arbeitsideate artfremder
WißenfAaRen, fei es der Natur-, fei es
der GeAiAtswißenAaß, der Kunßge-
fAiAte zu jenem Genauigkeitsgrad ver-
hetfen wotten, zu dem Ge ihr atfzu enger

Begriff deßen, was Wißen Aaß ift, ver-
pßiAtet.
Exakte FortAung, hißori Ae Kritik, um-
faffende Erfahrung, Kenntnis von Tat-
faAen, poGtive BeobaAtungen, niAts von
attedem iß entbehrfiA,- wer GeverAmähen
wottte, würde GA einem zügettofen Ditet-
tantismus mit feinem SAwärmen und
SAwatzen in die Arme werfen. Aber
das Merkwürdige bei der kunßgeAiAt-
tiAen Arbeit iß, daß diefe Aönen und un-
entbehrtiAen EigenAaßen vor und naA
dem eigentfiAen und für die Leißung
entfAeidenden Erkenntnisakt aufgerufen
werden! Vor ihm, weit nur auf Grund
wirktiAen Wißens um Kunß und Künß-
ter in einem MenAen jene Vorßet-
tungen bereitgeßefft werden können, aus
denen vor dem Kunßwerk intuitiv das
Gefühfsurteit über Autor und Quatität
herausfpringt. NaA dem Erkenntnisakt
iß wiederum der ganze Apparat exakter
wißenAaßtiAer Arbeit nötig, um die
Stimme des Inßinkts durA genaue Ana-
tyfe des Kunßwerkes zu beßätigen. Vor-
arbeit und NaAarbeit Gnd [ehrbar und
ternbar, das Erfaßen der künßferiAen
PerföntiAkeit im AnbliA des Werkes, das
unmittetbare Erkennen iß niAt fehr- und
ternbar, es iß Gnade. Daran ändert auA
niAts der ümßand, daß viete, die die
Gabe der KennerAaß beßtzen, GA ein-
bitden, ihre Fähigkeiten einer Methode
zu verdanken, die ihr wißenAaßtiAes
Gewiften überredet, Ge naAträgtiA an
die Stette der Intuition zu fetzen. Wer
KunßgeAiAte ßudieren witt, muß mehr
und anderes mitbringen ats der, der
etwa Phitotogie ßudiert,- ohne angeborene
EmpfängtiAkeit für künßteriAe Ein-
drüAe, ohne enthuGaßiAe Freude am
Kunßwerk, ohnelnßinkt für gut und
fAteAt, hifß ihm atte hißoriAe Methode,
aber Fteiß und attes Wißen niAts. Mit
fotAen Gaben ausgeßattet zu fein, Ge durA
Übung und Gewohnheit ausgebitdet und
verfeinert zu haben, das maAt den Kenner
aus. Er Geht in der Mitte zwiAen Ditet-
tantismus und Getehrfamkeit, fein Weg
führt ihn zwiAen Subjektivität und Ob-
jektivität, fein Urteif tiegt zwiAen der
 
Annotationen