Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Hrsg.]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 54.1918/​1919 (April-September)

DOI Heft:
Nr. 30 (9. Mai 1919)
DOI Artikel:
Schaefer, Karl: Professor Dr. Gustav Brandt †
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.29582#0126

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
620

PROFESSOR DR. GUSTAV BRANDT t
VON K. SCHAEFER
AMI. Oftertag ftarb in dem Dorf Voorde bei Kiel, in dem atten Bauern-
haus, das er fidi als behagliche Wohnung zugerichtet hatte, der Direktor
des Thaulow=Mufeums, Profeffor Dr. Guftav Brandt, im 55. Lebens-
jahre. Er war einer von denen, die fpät erft zur Reife kommen, und die
nur gedeihen können, wenn he ihre Wurzeln in den heimatlichen Boden
fenken und kch dort zäh fefthalten dürfen. Weder die kurze Lehrzeit am
Germanifchen Mufeum. noch die Facharbeit unter Brinckmanns Leitung in
Hamburg hat Brandt je dazu vermocht, kch innerlich mit kunftgefchichtlichen
Fragen zu befchäftigen, die nicht zu feinem SAleswig^Holftein in engem Zu-
fammenhang ftanden. Und den Ehrgeiz, kch durch literarilche Tätigkeit um-
zutun, kannte er nicht. Deshalb war es für fein Leben ein entlcheidendes,
lange erfehntes Glück, als er im Mai 1901 zum Direktor des Thaulow^
Mufeums berufen wurde. Seitdem hat er, ungeahnte Kräfte entfaltend, mit
Umkcht und kcherem Urteil und gelegentlich fogar großzügig entfchlolfen,
erworben, was der halbvergeffen fchlummernden Sammlung von Schnitz^
möbeln, kirchlichen Altertümern, die der alte Profeffor Thaulow der Stadt
Kiel hinterlaflen hatte, noch fehlte, um ke zu einem vollkommenen, fyfte-
matifch ausgebauten ProvinziäLMufeum zu machen. Allein auf kch geheilt,
ohne verftändnisvolle Förderer und Mitarbeiter in der Verwaltung diefer
vorwiegend landwirtfchaftlich interefkerten Provinz, hat er mit liebenswürdiger
Beharrlichkeit ein Jahrzehnt hindurch gefammelt. Die ganze Sammlung der
Bauernhuben und Volkstrachten Schleswig=Holfteins ift fein Werk,- einen
großen Teil der Skulpturen und Altäre des Mittelalters hat er in das Mufeum
gebracht, um ke vor dem Untergang zu retten,- der Zuhand, in dem ke kch
befanden, verlangte fehr weitgehende und fdhwierige fnftandfetzungsarbeiten.
Den Erweiterungsbau des Mufeums durchzufetzen und für ein verftändiges
Gelingen der Baupläne zu forgen, war unter den befonderen Verhältniffen
Kiels kein leichtes Stück Arbeit. Als 1911 die Eröffnung ftattfand, hatte kch
das alte Mufeum auf die vierfache Größe ausgedehnt. Gewiffenhaft und
wohlüberlegt ift die Aufhellung der Sammlungen. Der anfchaulich und warm^
herzig gefchriebene Führer, den Brandt nach dem Magdeburger Vorbild
herausgegeben hat, darf zu den betten feiner Art gezählt werden. Daneben
pflegte Brandt eine lebhafte, beharrlich fortgefetzte Ausftellungsarbeit, um das
einft fo trauliche alte Kiel, das durch Induftrie und Marine in wenigen Jahren
zu einer recht charakterlofen Großftadt aufgequollen war, mit der lebenden
Kunft in einige Fühlung zu bringen. Sein letzter fchöner Erfolg war die
Organifation der Handfertigkeitsarbeiten der Verwundeten in den erften Kriegs^
 
Annotationen