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Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Hrsg.]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 54.1918/​1919 (April-September)

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Nr. 34 (6. Juni 1919)
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Grautoff, Otto: Französische Anklagen gegen die französische Denkmalpflege
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https://doi.org/10.11588/diglit.29582#0216

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710
FRANZÖSISCHE ANKLAGEN
GEGEN DIE FRANZÖSISCHE DENKMALPFLEGE
VON OTTO GRAUTOFF
TN der franzöHkhen Kammer wurden am 16. Mai fchwere Anktagen gegen
-L die franzöHkhe Denkmalpflege erhoben, ais Lafferre, der Minifter des öffent-
lichen Unterrichts und der SAönen Künfte, um die Bewifligung von vier
Miüionen für den SAutz der gefährdeten Baudenkmäler nadifuchte.
Aus der teiiweife fehr erregt geführten Debatte ergab heb, daß der
Unterrichtsminifter es bisher noch nicht für nötig gehalten hat, die Ruinen^
hätten zu befuchen, fo daß er niAt in der Lage war, die mannigfaitigen An-
klagen zurückzuweifen oder riAtigzuftetten. Er bat immer wieder um Ge^
dufd und verHAerte immer noA einmat, er werde die vier Millionen khon
gut anwenden. Man möge ihm nur Zeit taffen. »Zeit taffen?« fragte Jean
Locquin, »aber Sie haben ja khon Zeit gehabt. SeAs Monate find feit dem
Waffenftitfftand vergangen. AAt bis zehn Monate tiegt die Befreiung man^
Aer Gebietsteil zurüA und niAts ift gekhehen. Man brauAt nur einige
Stunden in den Gegenden von Reims, Saint=Quentin, Noyon, Arras oder
Compiegne zuzubringen, um HA zu überzeugen, daß die Denkmatpftege feit
dem WaffenftiHftand ihre PHiAt niAt erfüttt hat. NiAt eine einzige SAutz-
maßreget ift feit feAs Monaten in Reims, Saint=Quentin, Noyon und Com-
piegne getroffen worden. Ats iA vor vierzehn Tagen in Reims war, waren
in der Kathedrate etwa fünfzehn Arbeiter und ^Kriegsgefangene mit der
Säuberung des SAiffes bekhäftigt. Die ErriAtung eines Gerüftes ift bisher
noA niAt einmaf begonnen worden. Seit dem vorigen Jahre ift niAts ge-
Hhehen, um die Kathedrate vor WetterHhäden zu Hhützen. Niemand hat
daran gedaAt, ein NotdaA zu erriAten. In SainNRemi in Reims war niAt
ein einziger Arbeiter, niAt einmat ein Auffeher, zu fehen. Die praAtvotten
Gtasfenfter der ApHs Hnd teitweife verkhwunden. Teite der Fenfter hängen
fo herab, daß He von Touriften mitgenommen werden können. In der Tat
hat HA ein Hände) mit den SAeiben der KirAenfeniter von Reims entwi&ett.
Einwohner von Reims verkaufen He an Touriften. In Noyon und Saint-
Quentin Hnd die Zuftände ebenfo. Atfes verkommt durA WetterHhäden.
Obwoht 300 000 Franken für das SAtoß von Compiegne angefordert worden
Hnd, ift auA dort feit feAs Monaten niAts gekhehen. Die SAfoßfenfter
ttanden den ganzen Winter hindurA offen, fo daß auA hier bedeutende
SAäden durA das Wetter wahrzunehmen Hnd.«
Da der Minifter mit AusftüAten antwortete, die SAutd auf den Mangel
an Arbeitskräften und auf die ungenügenden Leitungen der Gefangenen ab-
zukhieben verfuAte, griff Jean Bon den Minifter noA energitcher an: »Das
 
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