DOI Heft:
Nr. 47 (19. September 1919)
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DOI Seite / Zitierlink: https://doi.org/10.11588/diglit.29582#0505
997
LITERATUR
HiftorifAer AtlasdesWienerStadt-
bildes.
BüAer haben ihre SAiAfale, niAt nur
wenn fie fertig vorliegen und fortlebend
ihre Wirkung üben, auA über ihrer Bnt-
ftehung waltet eine SAiAfalsltunde. Der
monumentale Atlas, in dem Max Eisler
die hauptfäAliAen hiltorilAen Pläne der
Stadt Wien zufammengeltellt hat, erfAeint
im AugenbliA, da diefe ihre tieffte, viel-
leiAt tödliAe Krife durAmaAt,- lange
überlegt und vorbereitet wird diefe RüA-
lAau zur Zeit verwirkliAt, da die ein-
dringliAlte SelbRbeRnnung am Platze ift
wie noA nie. Es ilt das kein Zufall,-
Eislers eigene Planfammlung lehrt, daß
auA in früheren Zeiten der lebhaftere
WunlA, HA des eigenen Wefens bewußter
zu werden, der Stadt in entfAeidenden
Perioden ihrer GelAiAte lebendig wurde.
Dann entftehen in einem kurzen Zeitraum
zufammengedrängt die originalen Städte
pläne und -anfiAten und gleiAzeitig erfährt
auA die ItadtgefAiAtÜAe Literatur ihre
wefentliAen BereiAerungen,- in den Zwi-
fAenzeiten lebt die Stadt gewilfermaßen
vegetativ, ahiftorifA, RA des Dafeins
freuend, ohne RA feiner Wurzeln und
Bedingungen bewußt werden zu wollen,
und begnügt RA mit NaAbildungen und
Aufgülfen ihrer bildliAen und literarifAen
Überlieferung.
Wien hat in feiner GefAiAte und
in der GefAiAte feiner GefAiAte meh-
rere folAer bedeutfamen Momente pafRert.
Im zweiten Viertel des feAzehnten Jahr-
hunderts unter Kaifer Ferdinand I., als
RA die Umwandlung der mittelalterliAen
Stadt im Sinn der RenaiRance vollzog und
gleiAzeitig infolge der Türkenbelagerung
<1529) die Umbildung der bisher offenen
— im Typus der StadtentwiAlung offenen
— Stadt in eine Feftung vor RA ging.
Im Zufammenhang mit der Belagerung
undVerteidigung der Stadt Rnd eine Reihe
von Plänen und AnRAten entftanden —
Niclas Meldemanns RundanRAt von 1529,
Auguftin HirfAvogels Grundplan und An-
RAten von 1547, der Plan des Bonifaz
Wolmuet aus dem gleiAen fahr, als NaA-
zügler Hans Sebald LautenfaAs AnRAt
von 1558 die ein ganz anderes Ver-
hältnis zur Aufgabe zeigen als alle älteren
zwifAen typifAer und individueller W ieder-
gäbe fAwankenden Aufnahmen wie z. B.
auf dem Babenberger Stammbaum in
Klofterneuburg oder in Hartmann SAedels
WeltAronik. Ganz gleiAzeitig verfuAt
— aus dem gleiAen Trieb heraus, der die
größere PräziRon der neuen bildliAen Auf-
nahme beftimmte — Wolfgang Lazius in
feiner Vienna Austriae (Bafel 1546) die
GefAiAte Wiens aus dem Stadium zu-
fälliger Erwähnungen und gelegentliAer
BefAreibungen herauszuführen und gibt
Wolfgang SAmeltzl in feinem LobfprüA
der Stadt Wien (1548) eine individuelle
Charakteriftik, die, fo fehr Re naA Huma-
niRenart mit den neunzig Jahre früher in
der klafRfAen StadtbefAreibung des Aeneas
Sylvius gebrauAten Elementen operiert,
diefe doA durA ihre Vertiefung ins Lokal-
kolorit übertrifft/ der italienilAe Humanilt,
dem biederen SAottenfAulmeifter als Be-
obaAter und Darftelfer unendliA über-
legen, hat doA unter Beimengung rafA
erfaßter ausgezeiAneter EinzelbeobaA-
tungen yeine« Stadt gezeiAnet, während
SAmeltzl, ohne RA typifAer Züge er-
wehren zu können, ein Bild von )>der«
Stadt entwarf, in der er lebte.
Eine zweite für Wien ähnliA wiAtige
BpoAe — von jener erften durA eine
lange Paufe getrennt, in der Jacob Hoef-
nagels VogellAau von 1609 und Aber-
manns deutfAe Ausgabe des Lazius von
1619 eine Art ZwifAenltufe bilden, die
aber fonft durA Merians und VifAers
Kompilationen in Wort und Bild Aarak-
terißert ift — hängt mit der Türkenbe-
lagerung von 1683 zufammen. Ihre Be-
deutung für das HerauswaAfen der Stadt
aus ihrem Feftungskern und ihre Ver-
einigung mit einem Kranz umgebender
Vorftädte wird hiftorifA durA die Aus-
dehnung des Burgfriedens auf die Vor-
orte (1698) und durA ihre UmfAließung
mit der Prinz EugenlAen Befeftigungslinie
(1704) gekennzeiAnet, plangelAiAtliA
einerfeits durA Daniel Suttingers und
Folbert van Alten-Aliens Pläne und
VogellAauten von 1683—87 und ander-
LITERATUR
HiftorifAer AtlasdesWienerStadt-
bildes.
BüAer haben ihre SAiAfale, niAt nur
wenn fie fertig vorliegen und fortlebend
ihre Wirkung üben, auA über ihrer Bnt-
ftehung waltet eine SAiAfalsltunde. Der
monumentale Atlas, in dem Max Eisler
die hauptfäAliAen hiltorilAen Pläne der
Stadt Wien zufammengeltellt hat, erfAeint
im AugenbliA, da diefe ihre tieffte, viel-
leiAt tödliAe Krife durAmaAt,- lange
überlegt und vorbereitet wird diefe RüA-
lAau zur Zeit verwirkliAt, da die ein-
dringliAlte SelbRbeRnnung am Platze ift
wie noA nie. Es ilt das kein Zufall,-
Eislers eigene Planfammlung lehrt, daß
auA in früheren Zeiten der lebhaftere
WunlA, HA des eigenen Wefens bewußter
zu werden, der Stadt in entfAeidenden
Perioden ihrer GelAiAte lebendig wurde.
Dann entftehen in einem kurzen Zeitraum
zufammengedrängt die originalen Städte
pläne und -anfiAten und gleiAzeitig erfährt
auA die ItadtgefAiAtÜAe Literatur ihre
wefentliAen BereiAerungen,- in den Zwi-
fAenzeiten lebt die Stadt gewilfermaßen
vegetativ, ahiftorifA, RA des Dafeins
freuend, ohne RA feiner Wurzeln und
Bedingungen bewußt werden zu wollen,
und begnügt RA mit NaAbildungen und
Aufgülfen ihrer bildliAen und literarifAen
Überlieferung.
Wien hat in feiner GefAiAte und
in der GefAiAte feiner GefAiAte meh-
rere folAer bedeutfamen Momente pafRert.
Im zweiten Viertel des feAzehnten Jahr-
hunderts unter Kaifer Ferdinand I., als
RA die Umwandlung der mittelalterliAen
Stadt im Sinn der RenaiRance vollzog und
gleiAzeitig infolge der Türkenbelagerung
<1529) die Umbildung der bisher offenen
— im Typus der StadtentwiAlung offenen
— Stadt in eine Feftung vor RA ging.
Im Zufammenhang mit der Belagerung
undVerteidigung der Stadt Rnd eine Reihe
von Plänen und AnRAten entftanden —
Niclas Meldemanns RundanRAt von 1529,
Auguftin HirfAvogels Grundplan und An-
RAten von 1547, der Plan des Bonifaz
Wolmuet aus dem gleiAen fahr, als NaA-
zügler Hans Sebald LautenfaAs AnRAt
von 1558 die ein ganz anderes Ver-
hältnis zur Aufgabe zeigen als alle älteren
zwifAen typifAer und individueller W ieder-
gäbe fAwankenden Aufnahmen wie z. B.
auf dem Babenberger Stammbaum in
Klofterneuburg oder in Hartmann SAedels
WeltAronik. Ganz gleiAzeitig verfuAt
— aus dem gleiAen Trieb heraus, der die
größere PräziRon der neuen bildliAen Auf-
nahme beftimmte — Wolfgang Lazius in
feiner Vienna Austriae (Bafel 1546) die
GefAiAte Wiens aus dem Stadium zu-
fälliger Erwähnungen und gelegentliAer
BefAreibungen herauszuführen und gibt
Wolfgang SAmeltzl in feinem LobfprüA
der Stadt Wien (1548) eine individuelle
Charakteriftik, die, fo fehr Re naA Huma-
niRenart mit den neunzig Jahre früher in
der klafRfAen StadtbefAreibung des Aeneas
Sylvius gebrauAten Elementen operiert,
diefe doA durA ihre Vertiefung ins Lokal-
kolorit übertrifft/ der italienilAe Humanilt,
dem biederen SAottenfAulmeifter als Be-
obaAter und Darftelfer unendliA über-
legen, hat doA unter Beimengung rafA
erfaßter ausgezeiAneter EinzelbeobaA-
tungen yeine« Stadt gezeiAnet, während
SAmeltzl, ohne RA typifAer Züge er-
wehren zu können, ein Bild von )>der«
Stadt entwarf, in der er lebte.
Eine zweite für Wien ähnliA wiAtige
BpoAe — von jener erften durA eine
lange Paufe getrennt, in der Jacob Hoef-
nagels VogellAau von 1609 und Aber-
manns deutfAe Ausgabe des Lazius von
1619 eine Art ZwifAenltufe bilden, die
aber fonft durA Merians und VifAers
Kompilationen in Wort und Bild Aarak-
terißert ift — hängt mit der Türkenbe-
lagerung von 1683 zufammen. Ihre Be-
deutung für das HerauswaAfen der Stadt
aus ihrem Feftungskern und ihre Ver-
einigung mit einem Kranz umgebender
Vorftädte wird hiftorifA durA die Aus-
dehnung des Burgfriedens auf die Vor-
orte (1698) und durA ihre UmfAließung
mit der Prinz EugenlAen Befeftigungslinie
(1704) gekennzeiAnet, plangelAiAtliA
einerfeits durA Daniel Suttingers und
Folbert van Alten-Aliens Pläne und
VogellAauten von 1683—87 und ander-