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Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Hrsg.]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 54.1918/​1919 (April-September)

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Nr. 47 (19. September 1919)
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Dirksen, Victor: Zwei Hamburgische Privatsammlungen in der Kunsthalle
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https://doi.org/10.11588/diglit.29582#0504

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Zwei hamburgifdie Privatfammiungen in der Kunfthatie

Von den vier Trübnerfchen Bifdern fcheint mir das frühere von 1874,
eine »Anficht von Herrendiiemfee«, das fchönfte. Es weift in feiner tonigen
Haftung die meifte Ähnlichkeit mit Schuchs Haus in Ferch auf. Das Hafb-
dunkef des Wafdes, aus dem das weiße Haus gefpenftifch hervorfeuchtet, ift
ausgezeichnet gefungen. Sehr fein ift auch das kfeine Herrenporträt von 1877.
Eine bedeutende Aufhebung der Pafette zeigt die »Anficht von Cronberg
i. T.« <1896), über die die »Drei Bäume am See« <1911/ Befitz des Ham-
burger Kunftfreundes) noch hinausgehen.
Beide Sammfer befitzen fchöne Beifpiefe der Kunft Hans Thomas. Das
frühefte Stü& ift die »Hühnerfütterung« von 1864, die noch etwas genrehaft
wirkt. Prächtig ift ein »Damenporträt« von 1870 mit dem feinen Halbfchatten
im Ceficht. Herrn Rauers gehört aus dem gleichen Jahr die kfeine »Anficht
von Säkkingen«. Außerdem noch die Skizze einer Schwarzwafdfandfchaft und
ein wundervoffes Stiffeben braunroter Zinnien <Kfaffiker der Kunft S. 215 oben r.).
Etwas vereinfamt in der Rauersfchen Sammlung fteht BöAfin da mit der
Skizze eines Tritons und einer Nereide aus dem Jahre 1873,'74. Es ift dies
das einzige Exemplar der zweiten Faffung des bekannten Bildes in der Scha&-
galerie. Dort bfäft der Triton in ein Mufchefhorn, hier ift er von vorn ge-
gefehen, wie er mit aufgeftützten Armen den Bfi& fehnfuchtsvoff in die Ferne
richtet. Im Verzeichnis von H. A. Sdhmid fteht es unter Nr. 235 und befand
fich früher im Befitz von Reinhofd Begas.
Ein befonderer Reiz der Sammfung find drei entzückende Spitzwegs.
DieFarbenfkizzeder »Schaufpiefergefefffchaft« (Uhde^Bernays Abb.74) mit den
kräftigen roten, weißen und bfauen Tönen wirkt ungemein frifch. Die beiden
anderen Bifder find zurückhaftender und atmen den ganzen Reiz behäbiger
Biedermeierftimmung, fo z. B. wie der Mönch mit feinem Pfeifchen in der
Hand vom Bafkon feiner Kfaufe in der Ferne den verdächtigen Rauch er-
bfickt <Uhde=B. Abb. 26). Von dem »Ständchen« (Uhde=B. Abb.60) befitzt
Herr Rauers die fetzte Faffung. In diefem Bifde meint man die Luft der
fchönen fommerfichen Mondnacht zu fpüren und den zittrigen Ton der Inftru^
mente zu hören, wie er von den Wänden des ftiffen Hofes widerfchafft.
Zum Schfuß möchte ich noch die fchöne kfeine Landfchaft von Wafdmüffer,
die »Anficht des Safzberges bei Auffee« <1834) und eine »Dorfkirche« von
Ed. Meyerheim <1835) erwähnen.
Von den beiden Sammlungen ift die Rauersfche einheitficher afs die des
hamburgifchen Kunftfreundes, die noch im Entftehen begriffen ift. Die Samm-
lung Rauers zeichnet lieh durch die Quafität ihrer Bifder vor vielen aus, die
in den fetzten Jahren zufammengebracht worden find. Sie ift wie feften der
Ausdruck der Persönlichkeit des Befitzers, deflen ganze Liebe in feinem ftiffen
Leben feinen Bildern gift, die ihn wie vertraute Freunde umgeben.
 
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