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Kunstgeschichtliche Gesellschaft zu Berlin [Editor]
Kunstchronik und Kunstmarkt: Wochenschrift für Kenner und Sammler — 54.1918/​1919 (April-September)

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Nr. 34 (6. Juni 1919)
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Gronau, Georg: Gustavo Frizzoni (1840-1919)
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https://doi.org/10.11588/diglit.29582#0214

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Guftavo Frizzoni ^1840—1919)

Inmitten feiner a!ten Meifter aber hing, das einzige moderne Bild, das
er befaß, MoreHis Porträt, ein MeifterftüA Lenbadis. Es iit das eine der
beiden, die diefer von Morelti gemalt hat <das andere in der Galerie in Bergamo),-
als Titelblatt dem dritten Band der »KunftkritifAen ForfAungen« beigegeben.
Wenn man in der Erinnerung die anmutigen Werlte hA zurüAruft,
unter denen Frizzoni viele Jahre feines Lebens verbraAte, fo fühlt man,
daß der Satz, den er in dem erwähnten Nachruf auf Morelli niederfchrieb,
das GlüA eines Lebens in Worte faßte: »einen bekannten Meiiter aus der
Blütezeit auf einer fo glüAlichen Stufe feiner Bntwi&lung beobachten %u
können, hat einen unfäglidien Zauber.«
Was wird das SAi&fa! feiner Sammlung fein? Daß he vor der Zer-
ftreuung durch Auktion bewahrt bleibt, hoffe iA beftimmt. VielleiAt hat er
he, MoreHis Vorbild auA hierin getreu, der Akademie in Bergamo vermaAt.
Vor Jahren äußerte er einmal zu mir den Gedanken, he zu verteilen, die
Venezianer folften naA Venedig kommen, die Lombarden naA Mailand ufw. Es
wäre lAade darum, wenn diefe Vereinigung, die fo viel PerfönliAes enthielt,
auseinandergeriffen würde. HoffentliA denken die Mailänder Freunde daran,
he wenigftens in einem Band mit Reproduktionen künftigen GefAleAtern
zu bewahren.
Frizzonis Art erklärt genugfam, daß er nie eine öffentliAe Stellung, zu
der er, wie damals wenige in Italien, berufen gewefen wäre, bekleidet hat.
Dafür wirkte er inoffiziell vielfaA tätig mit. Die Galerien von Bergamo
und Lovere hat er felbft neu geordnet/ an anderen Stellen gab er gern ge-
hörten Rat. In den Katalogen der Galerien, befonders Oberitaliens, die in
den letzten Jahren erfAienen hnd, beobaAtet man überall feine Mitwirkung/
aber niAt nur dort: gibt es doA keine Galerie in Europa, in der fein er-
probtes Auge niAt wiAtige Entde&ungen gemaAt hätte. Und hier hatte er
die eAte Weitherzigkeit eines reiAen Mannes/ er war nie ängftliA auf fein
Primat bedaAt. Um fo mehr freute es ihn, wenn das eigne Urteil hA mit
dem anderer FaAgenoffen begegnete. Lebhaft ift mir gegenwärtig, wie er einft
zwei deutfAe Freunde, Eugen SAweitzer, an deffen Sammlung Frizzoni fo
gern mitgeholfen hat, und miA, im erzbifAöfliAen Palaft in Mailand vor eine
»Anbetung der Könige« führte, die als Scarfellino ausgeftellt war/ und als
wir beide auf feine Frage naA dem wirkliAen Autor den Correggio er^
kannten, da freute er hA fo reAt von Herzen, die AnfiAt, die er hA felbft
längft gebildet hatte, von anderen betätigt zu finden. Denn er war vor^
fiAtig, und ehe er ein Urteil ausfpraA, brauAte er oft geraume Zeit/ und,
der SAwierigkeiten eingedenk, die von VorfAnellen fo gern vergehen werden,
hat er fogar eine wohl zu begründende Meinung gern noA verklaufuliert
im mündliAen GefpräA, wie in feinen Auffätzen. Er war kein Mann der
 
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