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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 11./​12.1929/​30

DOI Heft:
1./2. Juliheft
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Eckhardt, Ferdinand: Emil Orlik als Graphiker: zu seinem 60. Geburtstag am 21. Juli
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https://doi.org/10.11588/diglit.26238#0409

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und Reizvolle lag in der Erschließung dessen, was wir
„Technik“ nennen. Wer Kupferplatte und Actzsäure
einmal zur Hand genommen und nach gelungenen oder
mißglückten ersten Versuchen sah, daß man mit ein
paar Instrumenten die im Druck ganz verschieden wir-
kenden Kratzer auf den Aetzgrund oder auf die rohe
Platte machen konnte, und daß man die Möglichkeit be-

saß, durch verschiedenes Aetzen, durch Abdecken und
neues Aetzen diese Vielfältigkeit zu vergrößern, der
konnte sich schwer des Reizes erwehren, diese Mög-
lichkeiten alle einmal durchzugehen. Das war der Im-
puls zu einer vollständig neuen Kunst. Denn genau so
war es mit dem Holzschnitt, als man herausbekommen
hatte, daß man nicht nur in hartes Hirnholz schneiden
konnte, daß die verschiedenen Hölzer eine verschie-

und bei den Künstlern der verschiedensten Richtungen
gleich gewesen, wenn auch die Art und Weise, wie man
sich der zur Verfügung stehenden Mittel bediente,
überall eine: verschiedene war. Sei es, um im Sinne
einer künstlerischen Tradition in neuem Material ähn-
liche Wirkungen hervorzurufen, sei es, um die maleri-
schen und atmosphärischen Reize der Natur wieder-

zugeben oder sei es, daß man die Technik selbst zum
Ausgangspunkt nahm, um auf Grund ihrer Ausdrucks-
möglichkeiten neue künstlerische Werte zu schaffen.
Zu dieser letzteren und modernsten Art hat sich Emil
Orlik entschlossen. In vollkommener Verkennung ihres
wahren Charakters hat man in den letzten Jahren dazu
geneigt, diese Art als „dekorativ“ zu bezeichnen. Und
doch wäre es viel richtiger, die Künstler dieser Rich-

Orlik, Der Schlafende

dene Struktur und eine ganz andere Kontur im Schnitt
oder Riß ergaben, daß es außerdem unzählige Variatio-
nen des Druckes gab und daß es sich schließlich genau
so mit der Lithographie verhielt.

Man wird einmal anfange'n müssen Kunstgeschichte
nicht nach Charakterisierung der Verschiedenheiten,
sondern des Gleichbleibenden zu betreiben. Denn die
technische Grundlage im technischen Jahrhundert ist
zum Beispiel gerade in der Graphik in allen Ländern

tung wenn schon, dann als „Techniker“ zu charak-
terisieren.

Von einer seltenen Lebhaftigkeit des Geistes durch-
jagt Orlik zwischen 20 und 30 Jahren schon die ganze
Welt. Geboren in Prag, ist er einmal in Wien oder
München, in Paris, Holland oder England. Mit dreißig
geht er zum ersten Mal nach Japan, um ein Jahrzehnt
darauf noch einmal denselben Weg zu machen. Später
ist er in Aegypten und Amerika, eine zeitlang hat er zu-

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