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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 17,2.1904

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Heft 14 (2. Aprilheft 1904)
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Rundschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.7886#0118

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vollends als ein böser Mißgriff der
Rsgie zu bezeichnen.

Alles in allem: die Darbietnngen
der Madeleine offenbaren einen eigen-
tümlichen Naturvorgang, der ästhe-
tisch ungemein Wertvolles zutage sör-
dert; nur sollte mau sich dessen be-
wußt bleiben, daß es sich hier eben
um Natur und nicht um Kunst han-
delt, und daß dicses „Befreien" tiefe-
rer Kräfte unter der Hypnose cinen
physisch-psychischen Eingriff vorstellt,
der gewisse Muskelpartieen bis iu
so „seelische" Organe hinein wie die
Augcn im Krampf erstarren lüßt,
cin Eingrisf, der wohl auch auf das
„befreite" Gefühl selber in einer ge-
wissen Ueberreizung nachwirken muß.
Denn der menschliche Organismus
ist doch kein Ding, das ohne weitere
Folgen mechanisch auseinandergenom-
men werden kanu, ist kcin Topf, von
dem man nur den Deckel zu lieben
braucht, damit die köstlichen Dämpfe
nngehindert aufsteigen.

Nahe liegt es endlich, der Ma-
deleine gegcnüber die Leistungen der
Duncan heranzuziehn, obwohl man
hier eigentlich weniger vcrglcichen,
als in Gegcnsatz stelleu kann. Von
Zeugnissen elementaren scelischen Er-
lebcns wird wohl kaum jcmand bei
der Duncau zu berichten wissen. Da-
für aber handelt sich's bei ihrem
Tanzcn zwcifcllos um wirkliche Kvnst
und zwar um eine Kunst, die gegen-
iiber den schnödcn Naturwidrigkeiten
unserer Tänze unb Ballctte auf er-
freulicheu, einsach gesunden, ethisch-
ästhetischcn Grundlagen beruht. Auch
bringt sie ja in ihrer graziös ver-
ständigcn Weise genug des Änmuti-
gen, solange sie nicht über ihre Grcn-
zen, über die Wicdergabe sinnenge-
fälliger oder lcichtcrer scelischer Ein-
drücke hinausstrebt. Dcnn von Ein-
gebungen und Erlcuchtnngen wie
dencn der Madcleine vermag ich für
meiu Teil wenigstens bei ihr uichts
zu erspüren; ihr Beniühen, tiesere

Seelenvorgänge in Gebärden umzu-
setzen, trägt für mich vielmehr ein
nicht sehr tiefes und etwas nüchter-
nes Umdenken so deutlich zur
Schau, daß es für mein Gefühl
manchmal sogar ans Komische streift.

Leoxold Weber.

D Der Bund „Heimatschutz"
ist nun in Dresden begründet wor-
den. Zu sciucm Vorsitzenden ist der
Mitleiter des Kunstwarts Prosessor
Schultze-Naumburg gewählt wor-
den. Sonst gehören dem Vorstande
noch an: Staatsminister von Fei-
litzsch (Bückeburg), Nob. Mielke (Char-
lottenburg), Prof. Conwentz (Danzig),
Oberbaurat Schmidt (Dresden), Ge-
heimrat Henrici (Aachen), Prof. Thco-
dor Fischer (Stuttgart), Prof. Oi-.
Fuchs (Freiburg), Stadtbauinspektor
Rehorst (Halle), Kurat C. Franck
(Kaufbeuren). Die Mehrzahl dieser
Männer gehört auch dem Vorstande
des „Dürerbundes" an, und sie alle
ausnahmslos wirken in derselben
Nichtung wie der Kunstwart. So hat
denn unser Blatt und sein Lescrkrcis,
dem nun schon scit einem Jahrzehnt
die Pflege der Hcimat als dic aller-
wichtigste Aufgabe der ästhetischeu
Kultur gilt, noch besondcren Anlaß,
der Begründung des Bundes froh zu
seiu. Zwischen ihm und dem Dürer-
bunde ist eine Arbeitsgemeinschaft an-
gebahnt.

Der Elevator im Sec-
bad. Auf einer der nordfriesischen
Jnseln soll ein Seebad „gehobcn"
werden, und nun geht die Nede, die-
ses solle mittels eines Elevators ge-
schehen. Jm Ernst: man denkt daran,
nicht nur den Gesang von Wind und
Wellen dnrch eine Kurkapelle zu ver-
edeln, sondern auch den Kurgästen
das Hinabsteigen der einigc Meter
hohen Treppe von den Düncn da-
durch abzunehmen, daß man auf das
Hcrrlichste der dortigen Landschaft,
deu Strand, cinen Elevator pfropft.
Und vielleicht wird erst das Geläch-

St

2. Aprilhest
 
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