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Kunstwart und Kulturwart — 35,1.1921-1922

DOI Heft:
Heft 2 (Novemberheft 1921)
DOI Artikel:
Schumann, Wolfgang: Neuere skandinavische Erzählungen, [3]
DOI Artikel:
Johansson, Adolf: Aus Adolf Johanssons Roman Die Rotköpfe
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https://doi.org/10.11588/diglit.14434#0125

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(25 Mk.); — sämtlich bei A. Langen, Mnnchen. L. Brunn, „Oanda"
(GyldendaLscher Verlag, Berlin, 30 Mk.) I. V. Iensen, Das der-
lorene Land (S. Fischer, Berlin, 10 und 17.50 Mk.). A. Iohansson,
Die Rotköpfe (Diederichs, I., 20 und 25 Mk.). Weitere Besprechungen im
Büchertisch dieses Heftes!

Aus Adolf Zohanffons Rornan Die Notköpfe

^Äber Iohanssons „Rotköpfe" sprechen wir aussührlicher in dem Aufsatz
Neuere skandinavische Lrzählungen. Unsere Probe kann nichts von der
großen Entwicklungslinie dieses Werkes geben. Aber die Wildheit und
trotzige Freiheit der ersten Siedlerperiode, die tiefe, urtümliche Verknüpft--
heit der Menschen mit der Natur spiegelt sich darin. Das Buch ist bei
Eugen Diederichs in Iena erschienen.^

^^ie Tagesvögel hatten noch nicht ihren Zwitscherchor angestimmt, als
(^Hder Neusiedler am nächsten Morgen Pulverhorn, Kugelbeutel und
^^Branntweinflasche füllte, ausgiebigen Mundvorrat richtete und sich
vom Hof machte, die Büchse über der Schulter und den grauen tzund auf
den Fersen. Niemand sonst folgte ihm zur Iagd, denn dasLager des Sohnes
war lang schon vor Tagesanbruch leer gewesen.

Der Neusiedler folgte dem Fluß bis zur Quelle. Lin paar Büchsenschüsse
über den Fall, wo das Wasser zusammengedrängt war und eng zwischen
zwei Klippen schnellte, ging er auf einem Steg über den Fluß und nahm
den Weg nordwärts.

Zwanzig Iahre der Wildnis hatten ihre Spuren eingedrückt, und er
war nicht länger der gleiche, der einst den großen Windfall in Feuer und
Flammen hatte aufgehen lassen. Der breite Rücken war gebeugt, und die
Arme hingen nach vorn, schwer und gebogen. Nur der Blick hatte sich
jung erhalten und konnte noch zwinkern wie der eines Schuljungen, wenu
Hochwild einwechselte oder das Bier besser mundete als gewöhnlich. Aber
die Falten des Antlitzes sprachen von Entbehrungen und vom Alter, das
sich unaufhaltsam, wenn auch langsam näherte.

Als die Sonne über den Baumwipfeln stand, fing der Hund an, unruhig
zu werden und Wind zu holen. Er lief geradewegs auf eine Lichtung im
Walde zu, wo junge Birken hellgrün zwischen Tannen leuchteten. Der
Neusiedler folgte spürend nach, die Büchse im Anschlag, obwohl er dem
Hund vertraute, daß er uicht zur Unzeit Hals geben würde. So, so, da
setzte das Geläuts mit grobem, gleichmäßigem Hals ein. Unter einem
struppigen Tannenzweig plierte der Neusiedler in den Sonnenrauch der
Lichtung. Die Augenlieder lagen tief heruntergelassen, und die Falten
strafften sich um den Mund. Das Gesicht war gleichsam erstarrt in scharfer
Beobachtung.

Auf einer flachen Bergplatte in der Wiese tanzte der tzund. Sein graues
Fell leuchtete wie Seide im Sonnenschein. Da blitzte es in den Augen des
Neusiedlers auf, denn das Gebaren des Hundes redete eine nicht mißzuver-
stehende Sprache. Er hatte einen Elch gestellt, und das bedeutete nicht
mehr und nicht minder als gute Braten auf dem Tisch auf lange Zeit
hinaus.

Aber wo war nur das Tier?

Der Neusiedler schob den Kopf noch ein paar Zoll vor. Da, da stand der
Elch, das Haupt hoch über die Büsche erhoben, und verhoffte scheu. Als

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