Kunstwart und Kulturwart (35,2.1922)

den Hühnern herumgetrreben. Ich kann nicht anders, als an etne Rache
des unvernünftigen Geschöpfes glauben, die sich nicht auf die Tanbe,
sondern auf mich bezieht. Warum absr nahm die Katze keine Nahrung,
nicht einmal das leckere Mitgeschöpf, das es in seinen Krallen hatte?

Anser Hund kreiste schen um die beiden Toten herum.

^ch blättere in den Gedichten dsr Annette Droste und finde unter dsm
(ITitel „Die ächzende Kreatur" folgende Verse:

Wer ist so rein, daß nicht bewußt
Ein Bild ihm in der Seele Grund,

Drob er mutz schlagen an die Brust
Und fühlen sich verzagt und wund?

Ilnd dennoch gibt es eine Last,

Die keiner fühlt und jeder trägt,

So dunkel wie die Sünde fast
Und auch im gleichen Schoß gehegt.

Das ist die Schuld des Mordes an
Der Lrde Lieblichkeit und Huld,

Au des Getieres dumpsem Bann
Ist es die tiefe, schwere Schuld,

Und an dem Grimm, der es beseelt,

Und an der List, die es befleckt,

Und an dem Schmerze, der es quält,

Und au dem Moder, der es deckt.

So mag es seiu! Warum aber verbrenuen jetzt die Nachtfalter, die zum
Fenster hereinschwärmen, au meiner Lampe? Das Licht ist ihnen Herrlich-
keit, die Herrlichkeit Verderben. Der Mensch reicht nicht hinan an den
Sinn der Welt.

Fräulein Petronilla

/Qs ist nicht zu hoch gegriffen: dreißig, vierzig Pfarrhaushälterinnen
^-'bewahre ich in meinem Andenken. Er hominibus assumptus, aus den
Menschen genommen, wie es von den ersten Iüngern des Herrn und mit
einem Beiklang von Lntschuldigung vou ihreu Nachfolgern heißt, sind auch
jene kanonisch gesinnten Wesen, die sich nach Marthas Beispiel viel um
ihre Herren zu schaffen machen. Man hat ihre Meuschlichkeit oft geuug
betont, daß auch eiumal eiu Wort des Lobes angebracht erscheint. Ia,
ein rechter Cicero, eingenommen für alles, was beschuldigt vor dem Richter
steht, möchte gar versuchen, den Staud im ganzen zu retten: er köunte in
seelenkundigem Verfahren klar begreiflich machen, wieso es diese Walte-
rinneu von Natur zum Regimente drängt und das mulier taceat in ecclesia
ihnen schwerer fällt als allen andsrn ihres Geschlechtes; aber ich sühle,
solche Anwaltschaft geht doch über meine Krart, und so bemerke ich an
dieser Stelle irur einiges von dem tapfern Exemplar, dem ein flüchtiger
Einfall bm einem gelehrten alten Freunde mich begegnen ließ.

Sis hieß Petronilla und hatte von dem streitbaren Apostel mchr als
nur den Namen übernommen. In den Gängen des alten kalten Klosters,
worin sie mit ihrem Herrn hauste, trat sie mir, in blauer Schürze aus
der Küche kommeud, zum erstenmal entgegen. Ich war als gewöhnlicher
Mensch gekleidet und hatte also keinen Anspruch auf besoudere Ehren.