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Kunstwart und Kulturwart — 35,2.1922

DOI Heft:
Heft 12 (Septemberheft 1922)
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Bonus, Beate: Die Saga von Hrolf Kraki und die Saga vom Krist
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https://doi.org/10.11588/diglit.14435#0378

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Aber sie wollten es nicht haben und einer erhob eine neue Gegenrede,
der hieß Iudas: „Und wenn du den Tod nicht anders gewinnen könntest,
als unter solcher Schmach, wie Verbrecher und Elende ihn erleiden?"
frug er.

„Dann wirst du seiner entraten müssen und ohne Tod auffahren!"
riefen alle nnd schlugen an die Schilde.

„Was ich will, das will ich wahrlich!" sprach der Krist, „wenn es so
sein wird, wie ihr sagt und ich muß den Tod mit Schmach hinnehmen,
dann muß meine Standhaftigkeit um so größer sein, als der Tod schreck--
licher ist und enre Standhaftigkeit mit mir. Als er das gesagt hatte, sah
er, daß sie sich entsetzten und das Blut in ihrem Leibe zum Herzen flog,
daß sie bleich wurden. Da erbarmte es ihn und er sagte: „Ist die Festig-
keit, die in euch ist, so gering, — wehe euch, dann seid ihr jedermanns
Beute." Weil sie aber beim Mahle saßen, nahm er das Brot zwischen
seine Hände, zerteilte es und brach das Innerste heraus: „Nehmt, und wenn
ich gefällt sein werde, tut ebenso. Eßt das Brot, als äßet ihr meines
Leibes Herz, damit ihr meines Sinnes werdet. Dann griff er nach dem
tzorn, das einer der Mannen mischte: „Wenn ihr trinkt und einer reicht
dem andern das Horn in der Halle oder eine Handvoll Wassers im Wald,
so sprecht dazu: »Das ist unsres Königs Blut. Das trinkt, denn wer des
Starken Blut trinkt, dem schlägt das Herz nach des Starken Weise.«"

Sighvat schwieg. Da stand Thormod Schwarzbrauensang auf und
sprach:

König Hrolf kannte keinen mehr selnesgleichen in den Nordlanden.
Keiner war da, der mächtiger war als Hrolf und keiner, der wie er und die
zwölf furchtlos den anderen Tag und die nächste Stunde kommen sahen
und nicht meinteu, daß auf dem Meer der Zeiten etwas möchte gefahren
kommen, was sie nicht ertrügen.

Es war aber eine Königin im Land, die hieß Skuld. Sie war König
tzrolfs Halbschwester. Die hatte sein Vater aus dem Bund mit einer Berg--
riesin gewonnen. Sie war voller Zauberkünste und voller Hinterlist.
Das war ihr Erbteil von der Mutterseite. Daß sie ihrem Bruder sollte
lehnpflichtig sein und Zoll und Schoß geben, konnte sie nicht ertragen.

Da hielt sie den Zoll drei Iahre lang zurück. Dann ließ sie Wagen
bauen. Darin sollten die Abgaben zu König Hrolfs Burg gefahren werden.
Aber statt der Felle, statt Silber, Gold und Erz, die sie schuldig war, lud sie
Wasfen in die Wagen und verbarg ein Heer von Streitern darin. So kam
sie vor ihres Bruders Burg gefahren.

Thormod erzählte weiter, wie Skuld auf ihrem Wagen saß und Ange-
heuer aller Art unter ihre Streitmacht mischte. Wie Hrolf Hagerholz
und die Seinen fochten, daß es von jedsm tzieb einen Toten gab. Aber so
viele sie hinstreckten, so viele standen wieder auf. Sie mußten zweimal
getötet werden.

Bödvar fehlte im Streit. Sie dachten, er möchte schon gefallen sein.
Alle aber sahen einen gewaltigen Bären, der kam und brach sich Bahn
und ging vor dem König her. Dem Bären hielt keins von den Nngeheuern
stand, und von den Kämpfern der Skuld, die er traf, stand keiner wieder
aus. Die Zauberei verdorrte vor seinem Atem wie Laub vor dem Feuer.

Da kam es, daß Hjalti, der frühere Beinerjunge, in die Halle zurück--
lief; denn sie brauchten frische Waffen. Als er aber über die Schwelle
trat, fand er Bödvar drinne, den sie lauge vermißten. Er saß auf der
Bank und schien alle Muße zu haben.

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