Overview
Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Kohl, Thomas; Schneidmüller, Bernd [Begr.]; Weinfurter, Stefan [Begr.]
Lokale Gesellschaften: Formen der Gemeinschaft in Bayern vom 8. bis zum 10. Jahrhundert — Mittelalter-Forschungen, Band 29: Ostfildern, 2010

DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.34742#0049

DWork-Logo
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
48

1. Einleitung

Verbindung mit Namen gebraucht, das heißt dann, wenn die Unfreien als
Personen gemeint waren. War hingegen nur von einer bestimmten Anzahl
Unfreier in einer Auflistung von Gütern die Rede, so wurde das Neutrum
bevorzugt, das auch meist für das Gesinde Unfreier verwendet
wurdet. Zudem ist auffällig, dass recht häufig jeweils ein scruMS oder eine
gegen mehrere getauscht wurden, wertvollere Unfreie also als
scru/'AmdEac bezeichnet wurden^'". Andere Begriffe für behauste Unfreie waren in
Regensburg mancnUs, in Mondsee casaü, in Passau vereinzelt mans/'; unbehauste
Unfreie hießen im Staffelseer Urbar
Zu den Unfreien zählten auch diejenigen scrd, proprn oder yiwn'üa-
Angehorigen (nie ?M%ndpz%), die seit dem 10. Jahrhundert regelmäßig als Tradenten
und Zeugen erscheinen. Sie dürften innerhalb ihrer ydtn'üa spezielle Aufgaben,
insbesondere in Verwaltung und Kriegsdienst^, aber auch in der Kirche über-
nommen habend, die ihnen materielle und soziale Vorteile verschafften. Dadurch
konnten sie größere Mengen an Eigentum erwerben, waren zumindest
eingeschränkt rechtsfähig, wie Traditionen und Zeugendienste zeigen, und
wirkten im engsten Beraterkreis des Bischofs miW. Zu ihrem Besitz konnten auch
Unfreie gehören, so dass gegen Ende der Untersuchungszeit die absurde Situation
vorkam, dass ein scrvMS der Freisinger Kirche eine seiner anc/'Eac in die Zensualität
freilassen konnte^. Diese scruz ccdcs/'ac waren die Vorläufer der späteren
bischöflichen Ministerialen, die sich im weiteren Verlauf des Mittelalters deutlich
von anderen Unfreien absetzten und bis in den niederen Adel aufstiegen, ohne
ihren Unfreienstatus zu verlieren^.
Besonders deutlich wird diese sich festigende Abgrenzung der Ministerialen
gegenüber anderen Unfreien durch Abmachungen, die Frauen, die einen scruMS
der Bischofskirche geheiratet hatten, seit 972 mit den Bischöfen für ihre
Nachkommen trafen^. Dabei wurde jeweils festgelegt, dass die Töchter frei sein
sollten, während die Söhne in den Dienst des Bischofs treten mussten, allerdings

216 Z.B. TF 128 (790/1), TR 17 (820.12.02/821.02.08).
217 TF 795 (857/64), 936 (ca. 876/80), 980 (ca. 876/80), 1006 (887/95), 1010 (895/9), 1054,1062,1085
(alle 926/37), 1204 (957/72), TR 133 (888/9), TS 29 (931/2).12.21). Der umgekehrte Fall findet
sich lediglich in TF 1090 (937/57).
218 MGH Cap I, Nr. 128,251.
219 Vgl. die Bezeichnung Unfreier als MdsÖMMc, also Kriegsknecht, in TF 1042 (907/26), dazu
DOLLINGER, Bauernstand 167f.
220 Zu unfreien Klerikern s.u. 5.2.4.
221 Als Tradenten regelmäßig seit TF 1042 (907/26), als Zeugen zuerst in 1093 (937/57). Zu den
frühen Freisinger Ministerialen allgemein: Günther FLOHRSCHÜTZ, Die Freisinger Dienst-
mannen im 10. und 11. Jahrhundert, in: Beiträge zur altbayerischen Kirchengeschichte 25
1967, 9-79, hier 70-72. Falsch ist jedoch die ebd. 72 vertretene Ansicht, dass sich die
Ministerialen des 10. und 11. Jahrhunderts zum Teil aus Klerikerautotraditionen des 8. und
9. Jahrhunderts herleiteten. Das in den Traditionen der Kleriker erwähnte seruihMm bezieht
sich eindeutig auf den Kirchendienst, s.u. 5.2.3/5.2.4. Allgemein zur Ministerialität auch Peter
NEUMEISTER, Beobachtungen und Überlegungen zur Ministerialität des 9., 10. und 11. Jahr-
hunderts, in: ZfG 43 1995,421-32.
222 TF1315f (957/94).
223 Die in Salzburg im 10. Jahrhundert auftretenden Ministerialen waren zumindest in der Zeit
Erzbischof Oadalberts (923-35) eher Vasallen oder freie Amtsinhaber als Unfreie, s.u. 2.6.
224 TF 1226ab, 1244 (beide 972/76), s. dazu u. 4.5.2.
 
Annotationen