Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Moderne Kunst: illustrierte Zeitschrift — 28.1913-1914

DOI Heft:
10. Heft
DOI Artikel:
Ebolé, W. K.: In den weissen Bergen
DOI Artikel:
Zick-Zack
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.31172#0309

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
MODERNE KUNST.



i 1

Adelboden. Abfahrt von Hahnenmoos-Paß.

Phot. E. Gyger, Adelboden.

Ganz andere Bilder erstehen vor unserem Auge, wenden wir uns nach
einem der großen Wintersportplätze in einem deutschen Mittelgebirge, in Tirol
oder in der Schweiz. Man huldigt hier zwar derselben Gottheit, aber
der Kultus ist ein anderer. Der Zustrom an Gästen ist dort seit
einer Reihe von Jahren im Winter beinahe größer als im
Sommer, und das Leben hat, wenigstens an einigen der
bedeutenderen Orte, einen internationalen weltstädtischen
Anstrich, der uns an das kosmopolitische Treiben in den
großen Hotels in London, Paris oder sonstwo erinnert,
wo sich die „beatissimi possidentes“ der Welt ein Stell-
dichein zu geben pflegen. Bei Tage freilich merkt man
hiervon nicht allzuviel, es sei denn, daß das Auge des
Beobachters für Eindrücke dieser Art besonders ge-
schärft wäre. Da eilt das lustige Völkchen der Winter-
sportler, in warme Sweaters und wollene Jacken gehüllt,
feste Stiefel und derbe Strümpfe an den Beinen, voller
Tatendrang ins Freie, auf die spiegelglatte Eisbahn oder
auf die Rodel-, Bobsleigh- und Skeletonbahnen, und die zarte
Hand, die daheim vielleicht vor allem zurückbebt, was an
körperliche Arbeit auch nur erinnert, steuert hier den Bob in
sausender Fahrt auf der vereisten Bahn sicher und kraftvoll zu
Tal, und die reizende Besitzerin dieser zarten Hand scheut auch
einen gelegentlichen Sturz nicht, ist der Schnee doch weich, und hat doch der
Sport auch seine Götter, die den Starken und Kühnen beschützen und selbst

über dem Waghalsigen ihre Hand halten. — Welch’ anderes
Bild bietet uns dann der Abend, wenn sich alles an
der mit feinem Linnen und blitzendem Kristall gedeckten
Tafel zum Diner zusammenfindet! Die Herren und Damen
sind in großer Toilette; kostbares Geschmeide erglänzt auf
schimmernden Busen, und eine gut geschulte Kapelle läßt
die neuesten Operettenschlager ertönen. Dem opulenten
Essen folgt dann meistens ein Tänzchen, wobei Lebens-
lust und ungebundener Frohsinn ihr Szepter führen.
Die Frage, wohin man im Winter die Schritte lenken
soll, wenn man Wintersport treiben will, ist nicht so leicht
zu beantworten, denn wer die Wahl hat, hat bekanntlich
auch die Qual. Und die Wahl ist hier groß und daher
doppelt schwer. Die Zeit und die Geldmittel, über die
man verfügt, werden in den meisten Fällen den Ausschlag
geben. Andere wieder lassen sich von anderen Gründen
leiten: sie wollen sich in der Einsamkeit der Berge erholen,
fern vom Trubel der Großstadt, oder aber sie wollen ein
paar Wochen aus dem vollen Kelch des Lebens trinken
und zugleich fröhlichen Sport treiben. Allen diesen kann
geholfen werden, denn unter den Hunderten von Winter-
sportplätzen, die wir in Europa haben, findet man schließ-
lich doch den für den jeweiligen Zweck geeigneten heraus.
Besonders bevorzugt von vielen Sportkundigen werden
in letzter Zeit, um nur einige Orte zu nennen, Andermatt und Engelberg. Ander-
matt zeichnet sich durch eine von den imposanten Bergriesen des Gotthardmassivs
vor den Winden geschützte Lage aus. Man erreicht es auf der
Gotthardstraße, die durch die von jähen Felswänden eingeengte
Schöllenen und durchs Urnerloch führt. Zur Ausübung des
Rodel- und Bobsleigh-Sports ist vorzügliche Gelegenheit
vorhanden; vor allem aber kommt der Skiläufer aufseine
Rechnung, bietet doch das ganze Gotthardmassiv ein vor-
zügliches Skigelände, das allerdings Übung im alpinen
Skilauf erfordert. Der kleine Andermatter Skiführer
verzeichnet im übrigen über 30 verschiedene Touren.
Ein Wintersportplatz par excellence ist auch Engel-
berg, das um das Jahr 1120 Benediktiner Mönche grün-
deten und „Mons angelorum“ nannten. Das Engelberger
Kloster steht noch heute und ist wundervoll am Fuße
des Titlis gelegen. Dem Wintersportsmann bietet Engel-
berg alles. Der Skiläufer hat Gelegenheit zu Paßüber-
gängen und Hochtouren, der Schlittler findet treffliche Bahnen
vor; und spiegelndes Eis lockt zum Hockey- und Curlingspiel.
Was aber auch immer der Sport bieten mag, zu dem empfindenden
Menschen wird doch die Natur die eindrucksvollste Sprache reden,
und diese Natur ist nirgends größer als in den weißen Bergen, deren
schneebedeckte Häupter sich in den klaren, blauen Winterhimmel emporrecken, wie
gewaltige Denkmäler, die für die Güte unseres Schöpfers zeugen. W. K. Ebo/e.

Den Berg hinab.


2ick-2ctck,

Jie Totenmaske der Königin Luise. Am 19. Juli 1810 schloß Preußens
allverehrte Königin Luise ihre Augen zum ewigen Schlummer. Im fünf-
unddreißigsten Jahre ihres Lebens sank sie hin, tief
bekümmert von den schweren Schlägen, welche das
Vaterland unter der Gewalt des korsischen Eroberers
erlitten hatte. Ein grausames Geschick gönnte ihr nicht,
die stolze Erhebung und die Wiedergeburt Preußens
zu erleben. Was an dem trüben und regnerischen
Morgen des Sterbetages in Schloß Hohenzieritz sich
zutrug, war eine Tragödie von ergreifendster Wirkung.
Der König verlor sein Teuerstes, seine Trostspenderin
im Unglück, die Kinder die liebevoll sorgende Mutter,
das Volk eine edle Frauengestalt, mit der es durch
gemeinsames Leid und Hoffen sich innig verbunden
fühlte. Gerade jetzt, in der Zeit der Hundertjahrfeier,
gedenkt man des Heimganges der Königin mit tiefster
Bewegung. Die Blicke richten sich nach dem Mau-
soleum, das so still und feierlich am Ende der dunklen
Tannenallee im Charlottenburger Schloßpark liegt.
Unten in der Krypta ruhen die irdischen Reste der
Königin neben denen ihres Gemahls, und oben, in der
Halle, schlummert auf dem Sarkophag ihre Marmor-
gestalt. Rauchs Schöpfung atmet ewiges Leben —
über Tod und Verwesung triumphiert die Kunst. Als
die Königin starb, befand sich der Meister in Rom.
Einem Rufe des Königs folgend, kehrte er nach
Berlin zurück, um die für die Ruhestätte der Ver-

ewigten gestellte Aufgabe zur Ausführung zu bringen. Berater hatten den König
auf Canova, Thorwaldsen und Schadow verwiesen, aber die Wahl, bei der wohl

Davos. Eisbahn.

Phot. E. Meerkämper, Davos-Platz.
 
Annotationen